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Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes

Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes

Titel: Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wegner
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her?«
    Wenig erbaut über die Anrede sah Juvenal auf einen Wuschelkopf hinab, dessen Locken an einem eckigen Kinn abschlossen. Sie klang wie eine Frau und besaß die Formen eines Knaben. Da er sich nicht sicher war, was da seine Brust kraulte, schob er die Hand beiseite und ging auf Abstand. Anzüglich lächelte das Wesen ihn an und schloss auf.
    »Sei nicht so, du Schelm. Für dich mach ich es glatt umsonst.«
    Juvenal kam nicht mehr dazu, ihr an den Kopf zu werfen, dass er auf die Liebesdienste eines androgynen Knochengestells keinen Wert legte, da eine kleine Wolke aus gelbem Taft auf ihn zu walzte. Graue Löckchen waren mit dem Brenneisen zu einer hohen Krone auf ihrem Kopf formiert worden. Sie hatte große Ähnlichkeit mit einem dicken Kakadu.
    »Sybille, was denkst du dir? Lässt einen Herrn im Vestibül herumstehen, mitten im Dreck. Wir haben eröffnet, Monsieur. Bitte folgt mir. Hier entlang.«
    Bereitwillig folgte Juvenal der Einladung, um besagtem Dreck zu entgehen. Er wich dem Schwung einer Leiter aus, die ein Handwerker auf den Schultern trug, machte einen langen Schritt über einen Farbtopf hinweg und lauschte auf das Flüstern in seinem Rücken.
    »Ich konnte nicht wissen …?«
    »Du wirst wohl einen Grandseigneur erkennen, selbst wenn es ihm beliebt, halbentblößt hereinzumarschieren. Urteile stehen dir nicht zu. Behalte die Handwerker im Auge, Sybille. An dir findet er sichtlich keinen Gefallen.«
    Sie traten in einen Gang mit meergrünen Marmorplatten, in denen winzige Goldblättchen glänzten.
    »Schön geworden, nicht wahr? Hach, es ist herrlich. Wenige Tage und schon solche Fortschritte. Wenn das Haus erst fertigt ist, wird es strahlender denn je.«
    »Ihr seid Madame Chrysantheme?«
    »Die bin ich, die bin ich«, zwitscherte der Kakadu überschwänglich.
    Anstelle von Bildern waren die Wände mit Fresken geschmückt, italienische Arbeit. Keine vulgären Szenen waren darauf festgehalten, nichts Billiges oder Primitives, sondern ein Paradies aus blühenden Bäumen, Krokussen und Glockenblumen, Gräsern und Ranken. Die Pastellfarben labten das Auge. Madame Chrysantheme teilte einen schweren Vorhang und ließ Juvenal den Vortritt.
    »Hier sind wir, Monsieur.«
    Der Salon wurde von Blau in allen Schattierungen beherrscht, gedämpftes Licht fiel durch blaue Übervorhänge, die das grelle Sonnenlicht ausschlossen. In dieser kühlen Unterwasserwelt saßen drei junge Frauen, gehüllt in einen Hauch von Stoff, die Haare in griechischem Stil um die Köpfe geflochten. Ihre Gesichter waren ungeschminkt und brauchten keine Schönheitspflästerchen. Drei schlichte, saubere Grazien. Zwei von ihnen spielten Schach, die dritte lag hingegossen auf einem Diwan und knabberte Pralinen aus einer großen Bonbonnière. Sobald sie ihn erblickten, ging eine unmerkliche Wandlung mit ihnen vor. Es gab keine Hektik und kein lautes Willkommen, doch ihre Aufmerksamkeit bündelte sich auf ihn, ausgedrückt durch lächelnde Lippen, die einen lang vermissten Freund begrüßten. Die Frau, nach der Juvenal suchte, war nicht unter ihnen.
    »Ich bin auf der Suche nach …« Er brachte den Namen kaum über die Lippen. »Florine.«
    Die Mädchen stutzten, ein Blickwechsel fand unter ihnen statt, dann brachen sie in Gelächter aus, das die Zischlaute der Hausherrin nicht eindämmen konnten. Juvenal wurde von drei Nymphen ausgelacht, eine Unverschämtheit ohnegleichen. Grimmig maß er jede Einzelne ab.
    »Wer hätte je vermutet, dass sie einmal so begehrt sein würde?«, sagte ein Mädchen, dessen Haut so dunkel war wie ihre Stimme.
    »Florine hat ihren Gönner gefunden, und wir alle profitieren davon. Du kommst zu spät, Chico!«
    Eine Gitana nannte ihn Junge? Das sprengte Juvenals mühsam aufrecht erhaltene Fassung. Ohnehin hatte er den weiten Weg durch die Hitze vergeblich auf sich genommen. Jetzt musste er sich auch noch mit einem Gönner auseinandersetzen.
    »Wer ist dieser Gönner? Wo finde ich ihn?«
    »Er ist unser aller Retter. Ein Engel. Jedenfalls sieht er so aus«, fügte Madame Chrysantheme nach einem Stirnrunzeln hinzu. »Leider hat er uns seinen Namen verschwiegen. Saint-Germain zahlt in seinem Auftrag alle Rechnungen.«
    Saint-Germain, Micas langlebiger Handlanger. Das Mädchen war nicht mehr zu retten, und Juvenal würde sich davor hüten, wegen einer Frau einen Zwist mit dem Vampir vom Zaun zu brechen. Selbst Cassian, der davon gewusst haben musste, hatte davon Abstand genommen. Auf dem Absatz machte Juvenal kehrt,

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