Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes
angemessenen Preisgehalten.
„Keine Sorge, mein Schöner. Mein Versprechen gilt. Ich will die Strega nicht dadurch gegen mich aufbringen, dass ich ihr den Bräutigam raube“, flötete Selene.
„Ich bin nicht dein Schöner“, knurrte er.
Tizzio grunzte und stand auf. „Du wirst Unterkunft in meinem Haus nehmen, Garou. Aurora ist dort aufgewachsen, es ist eine für sie vertraute Umgebung. Solange du in Rom weilst, bist du mein Gast.“
Somit sollten ihm keine weiteren Zwänge auferlegt werden. Er war zu nichts verpflichtet und erhielt seine Freiheit zurück, sobald Saphira und die junge Lamia gefunden waren. Allmählich beruhigte er sich. Alles war unter Kontrolle. Er würde kooperieren und danach seiner Wege gehen. Ohne eine Gefährtin, und mit der Erinnerung an einen Sinnenrausch in den Armen einer Lamia. Alles in allem hätte er es schlechter treffen können.
Die Hexengilde der Braglia hatte viele Erfolge verzeichnet und nur wenige Niederlagen in ihrer Geschichte eingesteckt. Die Gelder der unterschiedlichsten italienischen Fürstentümer waren in ihren Truhen versackt, je nachdem, auf wessen Seite sie sich schlugen und welche Schlachten ihre Magie beeinflusste. So folgten die Braglia seit ihrem Anbeginn nur einem Credo: Verrate alle anderen, doch niemals dich selbst. Daran erinnerte sich Aurora ausgerechnet in dem Moment, da sie kurz davor stand, sich selbst zu verraten.
Wider Erwarten war Tizzio nach Santa Susana zurückgekehrt. Diesmal stand er nicht allein vor ihr im Besucherraum des Klosters. Noch war sie unsicher, was sie von seinem Begleiter halten sollte. Trotz der dunkelroten Strähnen in seinem schwarzen Haar hielt sie ihn nicht für ein Mitglied der roten Wölfe. Er besaß die virtuosen und völlig unbehaarten Hände eines geschickten Taschendiebes, die fein gemeißelten Gesichtszüge eines Dichters, den sensitiven Mund einer Hetäre und die breiten Schultern eines geübten Kämpfers. Neben ihm wirkte Tizzio wie zusammengestaucht. Als er aufsah, erhaschte sie einen kurzen Blick in seine Augen. Das Graugrün war klar, kühl und wachsam. Ihr wurde heiß und kalt zugleich. Sie war unter Wölfen aufgewachsen und wusste, was sie vor sich hatte. Der ihr zugedachte Bräutigam war ein Alphawolf.
Ihr Herz klopfte bis zu den Schläfen, während ihre Hände vereisten. Glühende Kohlen schienen auf ihren Wangen zu brennen. Tizzio hatte sie beim Wort genommen, die Falle zuschnappen lassen – und ihr fiel nichts anderes ein, als sich an dem fremden Alpha zu ergötzen. Ihre Aufregung nahm zu, je mehr sie an ihm wahrnahm. Die Nachlässigkeit seines weiten Hemdes, das Fehlen von Gehrock und Weste und die abgenutzten Reithosen machten aus ihm einen Vagabunden. Gleichwohl entdeckte sie keinen Makel an ihm. Seine Statur war schlanker als die der roten Wölfe und ihm fehlte der borstige Bewuchs, der sie an Tizzio abstieß. Einzig der dunkle Schatten eines Bartes lag auf Kinn und Wangen. Er sollte nicht hier sein, Seite an Seite mit Tizzio, und genau das machte Aurora misstrauisch. Alphawölfe empfanden Anstarren als Affront, aber er ließ es in großer Gemütsruhe über sich ergehen. Dazu hatte er eine undurchdringliche Miene aufgesetzt. Es musste einen Haken an der Sache geben.
Tizzio währte ihre Musterung zu lange. Er bellte sie an. „Was?“
„Ich habe nichts gesagt.“
Schweiß sammelte sich in ihrem Nacken, so sehr strengte es sie an, bloß nicht das Falsche zu sagen. Ihr Vormund hatte seinen Köder zu gut gewählt. Nur ein Alphawolf war fähig, ihr den Schutz zu bieten, den sie brauchte. Gewaltbereit und schnell waren sie alle, auch wenn es diesem Fremden auf Anhieb nicht anzusehen war. Sie war versucht, nach dem Köder zu schnappen und ihn zu schlucken. Vielmehr war es diese lästige Stimme in ihr, die sie dazu drängte und die Konsequenzen nicht anerkennen wollte. Ein herbstlicher Windstoß kam durch das offene Fenster. Die Kälte warnte sie vor einem Unheil. Bevor sie darüber nachdenken konnte, stampfte Tizzio auf sie zu, packte ihren Oberarm und zog sie in eine der hinteren Ecken. Sie blickte auf unverputztes Mauerwerk und versuchte, den Aufruhr in ihrem Inneren zu ersticken. Unterdessen zischte Tizzio sie an. Der Fremde konnte gewiss alles hören. Werwölfe besaßen ausgezeichnete Ohren.
„Was hast du an ihm auszusetzen? Du hast eine Bedingung gestellt, ich habe sie erfüllt. Suche nicht nach Ausflüchten. Wir haben ein Abkommen und du wirst dich daran halten.“
Fest rieb sie mit den
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