Söhne der Rosen - Das geheimnisvolle Tattoo (Gay Phantasy) (German Edition)
Das pfeifende Geräusch, das seine Lungen bei dem vergeblichen Versuch, genug Sauerstoff ein- und auszuatmen, produzierten, wurde durchdringender. Dort, wo sein Gesicht nicht mit Blut überdeckt war, verfärbte es sich lila.
Aber er war doch mein Vater. Diese Erkenntnis löste meine Starre; gleichzeitig den Schock, unter dem ich stand und der verhindert hatte, dass ich die Schmerzen in meiner Schulter spürte. Er verdrehte seine riesigen, weißen Augäpfel in meine Richtung. Mein Gott, ich wollte ihn doch nicht umbringen.
„Ich rufe einen Notarzt!“
So schnell es meine Verletzungen erlaubten, schleppte ich mich zum Telefon. Das Pfeifen wurde leiser und unregelmäßiger. Ich hatte gerade die 911 gewählt und lauschte dem unerbittlichen Freizeichen, als ich lautes, kurzes Poltern im Flur hörte. Dann trat Stille ein, und nach einem Knacken in der Leitung vernahm ich geistesabwesend eine gelangweilte Frauenstimme, die mit erzählte, dass ich mit dem Polizeirevier von Cape Orchid verbunden sei und fragte, wie sie mir helfen könne. Langsam, wie im Traum, legte ich den Hörer neben das Telefon, während die Frauenstimme, die mehrfach Hallo? fragte, immer leiser wurde.
Etwas schlimmes war geschehen. War er tot? Ich hatte ihn umgebracht, jetzt war ich mir sicher. Zögernd näherte ich mich dem Flur, bereit oder nicht für das, was ich sehen würde. Doch was ich sah, war nicht, was ich erwartet hätte.
Der General war verschwunden. Auf dem Boden lagen lediglich die Trümmer unseres Kampfes. Die Haustür war angelehnt. Er war geflohen. Aber wie war das in seinem Zustand möglich? Dann erst sah ich den roten, verschmierten Fleck neben der kleinen Kellertür an der Treppenverkleidung. Zuerst begriff ich nicht, dann dämmerte es mir langsam. Das Poltern. Er musste mit dem Kopf voran gegen die Verkleidung gerannt sein, damit durch den Impuls beim Aufprall sein Kehlkopf wieder rausspringen sollte. Und es sah so aus, als hätte es funktioniert. Plötzliche Stille der Furcht und Einsamkeit brach lautlos über mich herein, allein verschlimmert durch das weit entfernte Freizeichen vom Telefon, das unerbittlich monoton an mein Ohr drang.
Ich musste meine Mum finden. Es bestand die Chance, dass er hinter ihr her war. Am Boden lag nur die Dienstwaffe, das Messer musste er mitgenommen haben. Die Pistole ließ ich liegen, ich konnte nicht mit einer geladenen Waffe auf der Straße herumlaufen. Ich hatte gerade den zerstörten Ziertisch erreicht, als plötzlich die Kellertür aufflog, der Arm meines Vaters aus der Dunkelheit herauslangte und mich zu sich riss.
Geplant oder nicht, er hatte so kräftig gezogen, dass wir gemeinsam die Kellertreppe hinabstürzten. Wir rollten die Hälfte der Stufen hinab bis zu dem Punkt, wo die Treppe einen rechtwinkeligen Knick nach links beschrieb, durchschlugen das morsche Geländer und fielen den Rest der Strecke. Der Aufprall auf dem nackten Kellerboden trennte uns. Am liebsten wäre ich einfach liegengeblieben. Meine Schulter brannte höllisch, mir war speiübel, und Kopfschmerzen drohten meinen Schädel zu sprengen. Verschwommen sah ich in dem wenigen roten Licht der Abendsonne, das durch die zwei kleinen Kellerfenster schien, wie mein Vater langsam auf die Beine kam. Das Messer steckte in seinem Oberschenkel; es musste sich bei unserem Sturz hineingebohrt haben. Er betrachtete es geradezu liebevoll, biss die Zähne zu einem Grinsen zusammen und zog es aus seinem Bein.
Ich musste etwas unternehmen, andernfalls würde ich dort sterben, dessen war ich mir sicher. Der Kellerraum war recht groß, mit nur zwei weiteren Türen, die zum Heizungs- und Vorratskeller führten. In diesem Raum lagerten alle Gartengeräte, sämtliche Werkzeuge meines Vaters, Kartons mit alten Zeitschriften und einige Möbelstücke, ordentlich unter Planen versteckt. Unter den Fenstern standen unsere Waschmaschine und der Trockner, daneben eine Wäschespinne.
Unbeholfen kroch ich zu einem Regal rechts von mir und zog mich so gut es ging daran hoch. Mein linker Arm war durch den Durchschuss fast unbrauchbar geworden. Ich stand noch nicht ganz aufrecht, da packte mich der General am Hals, drückte mich rücklings gegen das Regal und baute sich vor mir auf. Ich warf mich hin und her, ruderte mit meinem gesunden Arm, versuchte mich loszureißen – vergeblich. Sein Griff war unnachgiebig, das Atmen wurde schwieriger.
„Du wolltest also tatsächlich zusehen, wie dein eigener Vater stirbt, du kleiner Haufen
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