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Söhne der Rosen - Die rätselhaften Zwillinge (Gay Phantasy) (German Edition)

Söhne der Rosen - Die rätselhaften Zwillinge (Gay Phantasy) (German Edition)

Titel: Söhne der Rosen - Die rätselhaften Zwillinge (Gay Phantasy) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thorsten Bonsch
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2012 – 8:37 Uhr
    Cape Orchid
    Allgemeine Raumzeit  
    Ich kochte mir für die bevorstehende Aufgabe eine große Kanne Kaffee. Auf der Arbeitsplatte lagen Handfeger und Kehrblech, zusammen mit den Trümmern meiner Simpsonstasse. Daneben ein Zettel: Sorry, Jul. Kommt nicht wieder vor . Das war offensichtlich der Grund für das Klirren gewesen, das ich am gestrigen Spätnachmittag vernommen hatte, als Daxx uns Kaffee gekocht hatte. Ich betrachtete den Zettel, der seine saubere, fast geschwungene Handschrift trug, wie ein kostbares, antikes Pergament. Seine Handschrift, so individuell und persönlich wie sein Fingerabdruck oder seine DNS. Irgendwie ein Teil von ihm. Ich lächelte freudig, als ich die kleine Notiz als Glücksbringer für meine Recherche einsteckte und war mir zu dem Zeitpunkt nicht einmal bewusst, dass das der Anfang einer aufkeimenden Verliebtheit war, welche die Entwicklung in eine echte Liebe schaffen könnte.  
    Mit Kaffee, Milch und Radio begab ich mich in die kleine Kammer auf dem Dachboden. Ich legte den aktuellsten Stapel – von 1996 bis 1997 – griffbereit neben den Campingtisch, schaltete das Radio ein und begutachtete die auf dem Tisch liegenden aufgeschlagenen Zeitungen. Sie stammten allesamt vom April 1997, aber ich konnte nichts Auffälliges an ihnen entdecken. Dann ging ich, Exemplar für Exemplar, den Stapel rückwärts durch, bis ich bei der Neujahrsausgabe 1996 angelangt war. Typische Kleinstadtblätter, mit Berichten über lokale Ereignisse (Polizeichefwahl, Stadtfest, Feier zum Unabhängigkeitstag, Eröffnung des neuen Bibliotheksflügels), Stellen-, Geburts- und Todesanzeigen.  
     
    Am frühen Nachmittag trug ich die Zeitungen von 1990 bis 1991 zu meinem Platz, frustriert, müde und gelangweilt. Bislang hatte ich nichts entdecken können, was mir in irgendeiner Weise weitergeholfen hätte. Ich schlug gerade das oberste Exemplar auf, als ich glaubte, ein Geräusch aus dem Stockwerk unter mir gehört zu haben. Ich drehte das Radio leiser, das gerade I’ve been lonely too long von den Rascals zum Besten gab und lauschte.  
    Nichts.
    „Dina“, rief ich. „Falls du irgendwas von meinen Sachen kaputt gemacht hast, dann gnade dir Gott!“
    Stille.
    „Dann gibt es eine Woche lang nur Hundefutter. Ich scherze nicht!“
    Plötzlich überkam mich der irrationale Gedanke, dass die Puppe in der Bibliothek vielleicht doch keine Puppe, sondern die Leiche eines toten Kindes war. Nun, da seine Ruhe gestört worden war, drehte es knarrend seinen Kopf, blinzelte mit kalten Lidern über ausgetrockneten Augen und setzte sich ungelenk in Bewegung, um ein Versteck zu finden, in dem es mir auflauern konnte.  
    Ich schüttelte diese Vorstellung ab, bevor sie noch detaillierter werden konnte und drehte die Musik auf. Trotzdem ging ich zum Treppenabsatz und sah hinunter zur Dachbodentür. Sie war geschlossen. Gut so. Misstrauisch machte ich mich wieder an meine Arbeit.  
     
    Um Viertel nach vier gab ich auf. Meine Gelenke knackten, als ich mich streckte und die Zeitung vom dreizehnten Oktober 1985 schloss. Ich wusste jetzt beinahe mehr über Cape Orchid, als mir lieb war, aber ich hatte keine Antworten auf meine Fragen gefunden. Stattdessen plagte mich tierischer Hunger und das Verlangen nach ein wenig Bewegung. Auf der Treppe fiel mir das merkwürdige Geräusch wieder ein, das ich am Nachmittag gehört hatte. Zögernd öffnete ich die Tür zum Flur und sah mich um. Er war um diese Tageszeit noch nicht düster und mit verhängnisvollen Schatten versehen, sondern still und sonnendurchflutet, was vielleicht noch unheimlicher schien, wenn man wie ich dem Charme der achtziger-Jahre-Horrorfilme erlegen war. Vorsichtig und in jedes offene Zimmer spähend arbeitete ich mich zum Treppenhaus vor. Den verhängnisvollen Raum mit den noch immer unidentifizierbaren Runen am Türrahmen, der mir vor einigen Jahren so viele Schwierigkeiten bereitet hatte, ließ ich dabei aus. Auf eine Wiederholung dieses Dramas hatte ich nun wirklich keine Lust. Ich endete schließlich in der Küche im Erdgeschoss. Ein Zettel war mit einem Magneten an die Kühlschranktür gepinnt worden.  
    Hi G-Man, wir wollten dich besuchen und sehen, wie es dir geht, aber du warst wohl unterwegs. Wir kommen morgen wieder. Falls du keine Zeit hast, ticker uns eben an. GeminEX#ATandT-WWC. Hau rein, Mann, Sinh & Daxx. X-X O-O.  
    Okay, kein totes Kind, sondern zwei sehr lebendige Jungs. Soviel zu meinen irrationalen Ängsten. Irgendwie

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