Soehne & Liebe der Nacht
konnten nur noch im Geheimen die schwarze Magie praktizieren und das Böse immer wieder aufflackern lassen. Vor dreitausend Jahren bestieg mein Bruder den Thron. Er verfolgte das Böse mit härterer Hand als mein Vater. Es gelang mir nicht, ihn zu stürzen. So wollte ich eine Welt finden für meine Frau, meine Tochter und meine Verbündeten. „Du bist verheiratet?“, fuhr Kassandra Richard an. „Wie ich schon sagte, wir praktizierten die schwarze Magie im Geheimen. Eines Tages entdeckte Kairon meine geliebte Frau Safra bei einem Ritual und verwandelte sie zu Stein.“
„Hast du nicht einmal erwähnt, dass ihr unsterblich seid? Wie konnte dein Bruder deine Frau zu Stein verwandeln?“
„Auch Unsterbliche können sterben, wenn sie einen gewaltsamen Tod erleiden und der Fluch, der auf meiner Frau lastet, wurde besiegelt mit dem Blut des Guten. Es gibt keine Hoffnung, denn nur jemand, der das Gute in sich trägt, könnte sie befreien, und niemand befreit das Böse, jedenfalls nicht in meiner Welt.“
„Und wie kam es zu deiner Verbannung?“
„Ich fand eine Welt, die meinen Ansprüchen entsprach: diese Erde. In der Wüste ließ ich von meinen Verbündeten nach einem Bauplan der höchsten Ebene eine Stadt aus Gold erbauen. Sie ist unzerstörbar und spiegelt meine göttliche Macht wieder. Dort wollte ich mit meinen Verbündeten leben und über die Erde im
Bösen herrschen. Mein Bruder sieht sich als Beschützer dieses Planeten. Er wollte meine Stadt durch ein gewaltiges Erdbeben vernichten, aber sie ist nur verschüttet, nicht einmal er kann sie zerstören. Ich lasse meine Stadt wieder auferstehen, Kassie, dann wirst du die Königin dieser Welt sein. Das Böse, das ich vor dreitausend Jahren in die Menschen säte, hat Früchte getragen. Wir werden die Welt beherrschen. Ich bin froh, dich zu haben, Kassandra.“
„Und du hast Lilith!“
„Meine geliebte Tochter, sie nahm vor vier Monaten Kontakt mit mir auf und wir schmiedeten einen Plan.“ „Mich in diesen Plan einzuweihen, dieser Gedanke ist dir nicht gekommen?“
„Wir wussten nicht, ob er funktionieren würde, und ich wollte in dir keine falschen Hoffnungen wecken. Lilith hat Monate gebraucht, meine Festungsmauern zu durchbrechen und Kontakt mit mir aufzunehmen. Sie musste viele Menschen töten, bevor das richtige Blut gefunden war. Verzeih mir, ich werde nie mehr Geheimnisse vor dir haben. Du bist von nun an mein Leben.“
„Ich bin eine Sterbliche. Wie lange bin ich dein Leben?“, fragte Kassandra bitter.
„Ich bin ein Gott, glaubst du wirklich, ich lasse zu, dass du alterst und von mir gehst?“
„Was willst du dagegen tun?“, fragte Kassandra leise. „Du trinkst mein Blut!“
25
Schäumend vor Wut saß Henry seit Stunden in einer kleinen Eckkneipe, in der man vor lauter Zigarettenrauch seinen Nachbarn nicht erkannte. Nicht einmal das Licht der verschmutzten Deckenlampen schimmerte durch den Rauch und erhellte die Tische. Henrys Gedanken stellten grausame Dinge mit Gabriel an. In dem Horrorfilm, der in seinem Kopf ablief, war er der Hauptdarsteller und Gabriel sein blutiges Opfer.
„Verfluchter Avatar, verfluchtes Weib“, presste Henry wütend hervor. Musste Lara unbedingt aussehen wie Diana? Diana hatte ständig von ihrer kleinen Schwester gesprochen und dass sie wollte, dass Lara ein gemeinsames Leben mit ihnen führt.
„Diana“, flüsterte Henry und ein seltsames Gefühl des Schmerzes legte sich auf sein Herz. Diana hatte ihn bedingungslos geliebt, obwohl sie gewusst hatte, was und wer er war. In einem schwachen Moment hatte Henry Diana die Wahrheit offenbart über seine Herkunft und warum er ursprünglich ihre Nähe gesucht hatte. Sie war nicht wütend auf ihn gewesen, sondern auf ihre Großmutter, die ihr nie die Wahrheit erzählt hatte. Diana hatte zu ihm gestanden, sie hatte ihn ange-lächelt und gesagt: „Wir werden das Schicksal besiegen, denn Liebe ist die stärkste Macht.“
Henry hatte wirklich vorgehabt, sein Leben des Hasses zu beenden. Sein Bruder Jared hatte es herausgefunden und ihn wieder zur Vernunft gebracht. Jared hatte ihm seine Erziehung, seine Herkunft vor Augen gehalten und ihn gewarnt, dass sein Leben in Gefahr sei, wenn er den Pfad der Rache verließ. Henry hatte begriffen, dass es für ihn und Diana keine Chance gab, seine Brüder hätten sie beide gejagt.
Vor vier Monaten hatte Jared Laras Aufenthaltsort gefunden, als ihm eine Anzeige ihrer Praxis in die Hände gefallen war. Er hatte verlangt, dass
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