Söldner des Geldes (German Edition)
Beziehungen und vor allem viele Konsumenten. Unser Wachstum ist im Vergleich zu Europa phänomenal. Eine riesige Chance für unser Land. Der nächste Schritt ist das Kernkraftwerk nördlich von Kairo. Das gibt Strom für alle.»
«Das kann ich gut nachvollziehen», nickte Winter. «Wir helfen gern bei der Ausgestaltung der dafür notwendigen Transaktionen. Der neutrale Boden der Schweiz ist diskret und sehr sicher für solche Entwicklungsschritte.»
Auch Kaddour lehnte sich zurück: «Sie glauben also auch nicht an einen Unfall? Der Pressetext der Schweizer Polizei spricht immer noch davon, dass verschiedene Ursachen zum Absturz von Al-Bader geführt haben könnten.» Kaddour hatte seine Hausaufgaben gemacht.
«Die Untersuchung wird von offiziellen Stellen durchgeführt, und die funktionieren nach einem anderen Rhythmus. Behördliche Minuten dauern eben auch in der Schweiz etwas länger. Aber leider kann ich einen Anschlag nicht ausschliessen. Ich bin sicher, es handelt sich um einen Einzelfall. Doch frage ich mich die ganze Zeit, wer etwas gegen Al-Bader gehabt haben könnte?»
«Da kann ich Ihnen leider nicht helfen, denn es gibt eine ganze Reihe von Leuten, die von einer Verzögerung profitieren. Der Fortschritt wird nicht von allen umarmt. Religiöse Fanatiker haben kein Interesse daran. Die alten Generäle und die gewählte Regierung streiten um die Macht. Das blockiert viele Entscheide.»
Kaddour begann für jede Option einen Finger zu strecken: «Und drittens ist der Wettbewerb knallhart. Die Konkurrenz würde sich auch gern am Kernkraftwerk beteiligen. Viertens gibt es die Amerikaner, welche es nicht gern sehen, wenn Länder wie Ägypten ihr Wissen über die Nukleartechnologie erweitern. Für die CIA ist es von der friedlichen, umweltfreundlichen Nutzung der Nukleartechnik bis zur Bombe nur ein kleiner Schritt. Siehe Iran. Fünftens: Vielleicht war das einfach nur ein ehemaliger Geschäftspartner, den Al-Bader über den Tisch gezogen hat. Er ist … er war ein verdammt guter Geschäftsmann und überhaupt nicht zimperlich.»
Nun streckte Kaddour den kleinen Finger der anderen Hand: «Und sechstens ist der saudische Königshof nicht gerade dafür bekannt, dass sich alle in der Familie verstehen.»
Eigentlich wussten sie gar nichts. Fatima hatte sich zurückgehalten. Aber Winter war sich sicher, dass sie sehr genau zugehört hatte. Er war deshalb nicht überrascht, als sie fragte: «Vielleicht denken wir in die falsche Richtung. Wenn es ein Anschlag war, wer sagt uns, dass Al-Bader das Ziel war? Meines Wissens war neben dem Piloten noch ein zweiter Passagier an Bord. Wer war das?»
«Eine Mitarbeiterin von mir. Normalerweise hätte ich Al-Bader begleitet. Aber letzten Freitag nahm ich frei. Ich bin daran, mein Haus zu renovieren.» Winter dachte, in Ägypten sind alle am Bauen; das verstehen sie. Laut fügte er hinzu: «Aber für Anne lege ich die Hand ins Feuer.»
«Oh, dann sind Sie also nur per Zufall nicht im Helikopter gewesen?»
«Ja. Diesmal hatte ich Glück.» Und Anne Pech. Die Schuldgefühle keimten wieder auf.
Kaddour: «Und wer sagt mir, dass nicht Sie das Ziel waren?»
Winter schaute in die Nacht hinaus, sah in der Ferne die Pyramiden und in der Nähe im fahlen Lichtschein des Restaurants einen Beduinen mit einem Kamel vorbeiziehen. Er musste zugeben, dass dieses Szenario nicht ganz abwegig war. In der Vergangenheit hatte er sich den einen oder anderen Feind gemacht. Berufsrisiko. «Kann sein. Es haben nicht viele Leute gewusst, dass wir getauscht haben. Aber es gibt einfachere Methoden, mich loszuwerden.»
Sie schwiegen. Nach einiger Zeit sagte Winter: «Für mich bleibt Al-Bader das wahrscheinlichste Ziel. Er ist reich, immer gut geschützt und nicht bei allen beliebt. Aber wir wissen viel zu wenig. Zum Beispiel: Warum gerade jetzt? War es einfach eine Gelegenheit, oder gibt es einen Auslöser? Sind Ihre Geschäfte an einem kritischen Punkt?»
«Das sind sie immer.» Kaddour lachte laut und fügte ernsthaft hinzu: «Nein, wir müssen auf der Zeitachse relativ flexibel sein. Wegen den Protesten nach den Stromausfällen ist die neue Regierung nun daran, das Energiegesetz zu überarbeiten. Da weiss man nicht so genau, wie schnell das geht. Aber wir waren nur einer von Al-Baders Geschäftspartnern. Er hat mir gesagt, dass er in Norwegen an einer Konferenz über Infrastrukturfragen war und ‹wir› uns in der Mitte treffen sollten. Ich schätze, dass Al-Baders Familie sechs bis sieben
Weitere Kostenlose Bücher