Söldner des Geldes (German Edition)
Auszeichnungen angebracht. Im Restaurant empfingen ihn ein Notenpult mit einem ledergebundenen Menü und ein Maître de Table, der ihn auf Französisch begrüsste.
Winter erwiderte den Gruss: «Guten Tag, mein Name ist Winter.»
«Ah, herzlich willkommen, Herr Winter. Herr Al-Bader erwartet Sie in unserem Garten.»
Sie durchquerten das barock düstere Restaurant und traten auf der anderen Seite wieder in den Sonnenschein. Auf einer Terrasse standen einige gedeckte Tische. An den Tischen sassen jüngere, eher schlanke Frauen und ältere, eher korpulente Männer. Die bunten Polohemden der Golfspieler, die Kittel der Reiter und die hellen Sommeranzüge der Geschäftsleute im Dienst hielten sich in etwa die Waage. Alle konnten auf einen künstlichen Teich blicken, der als Wasserhindernis und Wasserreservoir für die Feuerwehr diente.
Al-Bader sass mit ausgestreckten Beinen allein an einem Tisch, eine Flasche Mineralwasser vor sich. Al-Bader der Jüngere glich Al-Bader dem Älteren aufs Haar. Sie sahen sich verblüffend ähnlich. Für einen Moment glaubte Winter, sein Bekannter sei von den Toten auferstanden. Wurde Anne auch wiedergeboren?
Haar und Schnauz waren gleich geschnitten. Und die Sonnenbrille musste vom gleichen Hersteller sein. Vielleicht hatten sie die Pilotenbrillen bei einem gemeinsamen Shoppingausflug gekauft. Er trug Reiterhosen und ein hellgrünes Polohemd. Grün, die Farbe des Islam.
Al-Bader stand auf, legte die Sonnenbrille auf den Tisch und streckte lächelnd die Hand aus: «Herr Winter, es freut mich ausserordentlich, Sie kennenzulernen.»
«Herr Al-Bader, ganz meinerseits, und vielen Dank für die Einladung. Zuerst möchte ich Ihnen mein tiefstes Beileid aussprechen. Es tut mir leid, was geschehen ist.» Beidhändiges Schütteln der Hände: «Wir unternehmen alles, um herauszufinden, was geschehen ist.»
Einen Moment lang krümmten sich Al-Baders Augenbrauen und Mundwinkel vor Trauer: «Vielen Dank. Ja, es ist tragisch, mein Zwillingsbruder fehlt mir sehr. Allah sei ihm gnädig.» Winter nickte und Al-Bader fuhr fort: «Wir sind mit unseren Familien oft gemeinsam hier gewesen.» Eine ausladende Bewegung über den Golfplatz, Genf und den Rest der Schweiz. Sie setzten sich.
«Ich habe nicht gewusst, dass Sie Zwillinge sind.»
«Doch, doch. Ich bin nur ein paar Minuten jünger.»
«Ja, er war ein wundervoller Mensch.» Anne auch. «Obwohl ich Ihren Bruder nur einige Male getroffen habe, freute ich mich immer, wenn er uns hier in der Schweiz besucht hat.»
Winter schaute sich um und entschied sich vorerst für Small Talk: «Wunderschönes Schloss. Sie reiten auch?»
«Ja, wir haben einige Pferde hier. Heute Morgen bin ich mit dem Lieblingspferd meines Bruders ausgeritten. Nun kümmere ich mich um die ganze Familie.»
Winter nickte verständnisvoll und liess Al-Bader reden.
«Ich habe ein Gedicht über den Tod meines Bruders geschrieben: Ein Blitz aus heiterem Himmel trifft auf einem Hügel einen Olivenbaum und spaltet ihn entzwei. Die eine Hälfte stirbt, die andere Hälfte überlebt, trägt weiter Früchte und blüht nach ein paar Jahren wieder auf.» Dann schüttelte er den Kopf, als wollte er die Erinnerungen loswerden, und wechselte das Thema: «Wir essen hier etwas, und dann spielen wir zusammen eine Runde Golf.»
Winter hatte vor zehn Jahren angefangen, Golf zu spielen. Er war ein ordentlicher Spieler in den tiefen Zwanzigern, hatte in den letzten Jahren aber nur noch vereinzelt gespielt und sich auf die von der Bank gesponserten Turniere beschränkt. Er nickte: «Gute Idee.»
Al-Bader war offenbar polysportiv: Reiten am Morgen. Golf am Nachmittag. Winter fragte sich, was der Scheich am Abend machen würde. Schwimmen? Oder ein intimeres Vergnügen? Eine zweite Flasche Mineralwasser stand plötzlich auf dem Tisch, und Winter schenkte sich ein Glas ein.
«Vielen Dank, dass Sie nach Genf gekommen sind. Eigentlich wollte ich Sie ja in Boston treffen.»
«Gern geschehen. Das Gespräch mit Professor Farmer war sehr aufschlussreich.»
«Jaja, der liebe Herr Professor.»
Eine schwere, in Leder gebundene Menükarte wurde gereicht. Die Weinkarte umfasste über zwanzig Seiten, und Winter hätte eine Flasche bestellen können, für die er eine ganze Woche arbeiten musste.
«Es ist in den USA sicher nicht immer leicht, wenn man aus dem Nahen Osten kommt.»
«Ja, es gibt einige Missverständnisse. Der Westen hat noch viele Vorurteile. Ich persönlich werde die USA vorläufig meiden.
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