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Sohn Der Nacht

Titel: Sohn Der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Spruill
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Jenny.
    »Aber sicher.«
    Katie winkte die Gruppe herein. Für diesen Stop auf ihrem Rundgang hatten sie ihre weißen Mäntel gegen Chirurgen- Kittel ausgetauscht. Katie fragte sich, wie das wohl für Jenny sein mochte, einen jeden nur in Maske und Kappe zu sehen, nur ihre Augen zu sehen, nur ihre Handschuhe zu fühlen, wenn sie sie berührten.
    Art begann seine Präsentation. Nach einem flüssigen Beginn wurde er ein bißchen nervös und vergaß, sich an Jenny zu wenden, ihr ein paar Bemerkungen zuzuwerfen, so daß sie sich wie eine Teilnehmerin und nicht wie ein Ver suchsobjekt vorkommen konnte. Seine Stirn schien über der Maske ein wenig bleich, so als habe er Probleme mit dem Magen. Katie bemerkte, daß die Praktikanten und Studenten alle leicht krank wirkten, während sie sich im Zimmer umsa hen und Art erzählte. Sie fühlen es auch, dachte Katie. Was ist es?
    Sie erinnerte sich an andere junge Patienten, die sie durch Leukämie verloren hatte. Manchmal schienen sie sich, kurz bevor sie starben, noch gut zu erholen. Die Ärzte hatten auch einen Ausdruck dafür - >das Glühen, bevor man geht<. War
    das der Grund, warum Jenny ein bißchen besser aussah, weil der Tod sie alle foppte?
    »Hat jemand irgendeine Idee bezüglich Jennys Hunger?« fragte Art und blickte vor allem die Praktikanten an. Eine weibliche Studentin sagte: »Wie wär's mit Pica?« »Fahren Sie fort.«
    »Das ist eine Störung des Metabolismus, bei dem die Men schen ein starkes Verlangen danach haben, Schmutz zu essen.«
    »Igitt«, sagte Jenny.
    Falls irgend jemand lächelte, verbarg es jedenfalls die Maske. Art fügte noch ein paar kurze Bemerkungen über Pica hinzu und wies darauf hin, daß Jenny negativ auf die Tests wegen Mineralstoffmangels reagiert hatte, der ansonsten so typisch für diese Krankheit ist. Er fragte nach weiteren Vor schlägen. Niemand hatte einen. Er fuhr im Eiltempo mit sei ner Präsentation fort und faßte die bisherige Behandlung Jennys in einigen wenigen knappen Sätzen zusammen.
    Was stimmt nur mit uns allen nicht? fragte sich Katie. Sie ertappte sich dabei, wie sie sich ängstlich im Raum umsah, aber da gab es kein Skelett in Kapuze und dunklen Kleidern, das eine Sichel in den Händen hielt.
    Als Art sie ansah, merkte sie, daß er zu Ende war. Sie nickte und ließ die Medizinstudenten wieder hinaus. Sie wäre ihnen sehr gern gefolgt; statt dessen zwang sie sich, sich neben Jennys Bett zu setzen. Jenny rollte den Kopf zur Seite und blickte in eine Ecke des Raumes, dann sah sie sich ruhelos überall um. »Waren Sie letzte Nacht hier bei mir, Dr. O'Keefe?«
    »Nein. Aber die Schwestern kommen jede halbe Stunde herein, um nach dir zu sehen. Manchmal machen sie dann auch die Lichter nicht an, weil sie dich nicht aufwecken wol len.«
    »Nein, es war keine Schwester ...« Jenny biß sich auf die Lippe, und Katie sah wieder den roten Fleck. Im selben Augenblick spürte sie einen heftigen Ruck an der Schulter. Sie
    drehte sich im Stuhl herum, weil sie dachte, Art oder einer der Praktikanten sei zurückgekommen, aber da war niemand. Auf ihren Armen knisterten die Haare. Es ist hier! dachte sie. Die Angst, die sie an der Kirche verspürt hatte, kehrte mit einem Schlag zurück, und sie floh hinaus in den Flur. Sie rannte immer weiter, bis sie das Schwesternzimmer erreicht hatte.
    Zane bleckte die Zähne, als Katie endlich aus dem Zimmer verschwunden war. Wer war diese Ärztin, daß sie eine Horde maskierter Fremder hereinbrachte, um Jenny zu quälen? Sie hatten sie behandelt wie ein Stück Fleisch. Es war empörend, und er hatte hingenommen, was er nur ertragen konnte. Er hatte seine Kontrolle nicht vollständig gelöst, nur einen klei nen Moment sein Gesicht in ihrem Gehirn aufblitzen lassen. Nach der Art zu schließen, wie sie in Panik geraten war, mußte er so wütend ausgesehen haben, wie er sich fühlte.
    Zane wandte seine Aufmerksamkeit wieder Jenny zu. Seine Wut schwand, und ein unglaubliches Gefühl von Besitzgier überflutete ihn. Seine Tochter - da konnte es keinen Zweifel mehr geben! Das einzig Gute an dem barbarischen Spektakel, dessen Zeuge er gerade geworden war, war, daß es bewies, Jenny war eine Blutsaugerin. Bis zu ihrem Geplapper über seltsame Hungerschübe hatte er nicht ganz sicher sein können. Es war nicht so, als könnte er Jenny wecken und sie fragen. Sie hatte die kleinen Portionen Blut angenommen, die er sich aus den Handgelenken hatte pressen können, aber das bewies gar nichts, da er sie weiter

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