Solange, bis ich dich finde: Roman (German Edition)
Kartons stapeln sich bis an die Decke. Immer noch kann ich es nicht glauben, dass Herr Hillings der Mann ist, dem ich seit Wochen hinterherjage. Nun weiß ich endlich, wie er heißt und wo er arbeitet. Es sind gerade mal zehn Minuten zu Fuß von hier. Da fällt mir ein, dass er doch die Ausweiskopie von mir erhalten hat. Er hätte mich darauf doch erkennen müssen. Wenn auch er mich sucht und sogar seine Frau glaubt, wir hätten ein Affäre, wieso kommt er dann nicht. Er weiß jetzt doch auch, wo ich bin. Aber seine Frau hat irgendetwas von „Affäre beendet“ gesprochen. Ich kann mich nicht mehr an jedes Wort von ihr erinnern, aber das wäre eine Erklärung dafür, warum er mich nicht aufgesucht hat, weil er ja hätte wissen müssen, wo ich zu finden bin. Auch am Telefon hat er sich nichts anmerken lassen. Vielleicht sind seine Gefühle doch schon erloschen und er versucht seine Ehe zu retten.
„Hallo, Lea“, sagt Anna am anderen Ende der Leitung, nachdem ich zuerst mindestens zwanzig Mal ihr Klingeln ignoriert habe. Ich weiß, dass sie sehr hartnäckig sein kann und deshalb habe ich nachgegeben und mich schließlich dazu entschieden, ein paar Worte mir ihr zu wechseln.
„Anna, hallo, wie geht es dir?“
„Lea, ich glaube, ich muss eher dich fragen, wie es dir geht. Schon seit Tagen meldest du dich nicht mehr. Auf meine SMS hast du auch nicht geantwortet. Hast du mittlerweile eine Spur, was diesen Mann angeht?“
„Anna, es ist alles wie verhext. Du kennst doch noch diese aufbrausende Frau in Marcos Bar!“
„Ja natürlich. Diese Irre, die deine Bluse ruiniert hat.“
„Ja, genau die. Anna, das ist seine Frau.“
„Also doch?“
„Ja, aber das wusste ich nicht. Sie war mit ihm auf der Theatervorstellung. Ich habe sie kein einziges Mal angeschaut und konnte mich deshalb nicht mehr an sie erinnern.“
„Oh meine Güte. Und jetzt? Hast du ihn getroffen?“
„Mehr oder weniger. Ich habe ihn gesehen und weiß jetzt, wer er ist.“
„Na, Jackpot, Lea“, meint Anna voller Euphorie.
„Es geht nicht. Anna, hier wird gerade eine Ehe zerstört. Scheinbar hat er zu viel von mir geschwärmt. Ich weiß es nicht. Aber so, wie es sich angehört hat, ist es für ihn jetzt vorbei. Wie dem auch sei, es ist besser so und ich mische mich da auf keinen Fall ein.“
„Möchtest du deinen Kopf frei bekommen? Wir könnten etwas unternehmen!“
„Gerne, Anna, aber bitte lass uns dieses Mal und auch die nächsten Male nicht in Marcos Bar gehen.“
„Gut, wir machen etwas ganz Anderes. Wie wäre es mit ‚Little Ben?‘ Ich bin um 20 Uhr bei dir.“
Kapitel 10
Es ist 08:45 Uhr und gleich beginnt mein 9-Uhr-Termin. Heute bin ich etwas später gekommen, da Sarah heute früh einen riesigen Streit anfing. Sie hat ihren Terminkalender im Kühlschrank statt in ihrem Nachttisch gefunden. Als ich gestern Abend ihren Kalender durchging, muss ich so sehr in Gedanken gewesen sein, dass ich ihn, als ich mir eine Tüte Milch aus dem Kühlschrank holte, dort hineingelegt haben muss. Ich dachte gar nicht mehr daran, ihn wieder in den Nachttisch zurückzulegen, so sehr war ich froh, herausbekommen zu haben, dass sie an dem besagten Dienstagabend mit ihrer Freundin in „Marcos Bar“ gewesen ist. Vielleicht werde ich heute Abend dorthin gehen.
Es ist 20:53 Uhr. Allmählich füllt sich die Bar und immer mehr Leute strömen hinein. Es scheint ein gut florierendes Geschäft zu sein. Von der Frau gibt es noch keine Spur. Ich kann natürlich nicht erwarten, dass sie jeden Tag hier ist, nur weil sie an einem Dienstag hier war. Aber vielleicht habe ich Glück, und wenn nicht, dann ein anderes Mal. Immer wieder werde ich es versuchen und wenn es sein muss, auch jeden Abend. Ob sie vielleicht sogar auf diesem Stuhl, auf dem ich gerade sitze, gesessen hat? Wenn ich sie nicht so nah um mich herum fühlen würde, hätte ich die Suche längst schon aufgegeben. Dass Sarah ihr hier begegnet ist, zeigt mir, dass sie irgendwo in der Nähe leben muss. Eines Tages werde ich sie sehen und ich hoffe, dass meine Sehnsucht nach ihr noch lange anhält, ehe mich die Kräfte verlassen und mir die Puste bei der Suche ausgeht. Vom Klingeln meines Handys werde ich in meinen Gedanken unterbrochen. Es ist Sarah.
„Hallo Sarah? Was gibt es?“
„Wo bist du? Hast du nicht schon Feierabend?“
„Wieso möchtest du das wissen?“
„Na, hör mal, wenn du schon nicht nach Hause kommst, könntest du mir wenigstens Bescheid geben. Das Abendessen ist
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