Solange, bis ich dich finde: Roman (German Edition)
Sie, Herr Katner. Ich bin wegen der Schlüsselübergabe hier und möchte mich auf nichts Weiteres einlassen. Ich hoffe, Sie können mir folgen.“
Jetzt schaut er etwas nervös hin und her und versucht Fassung zu bewahren.
„Oh, haben Sie etwa in andere Richtungen gedacht?“, fragt er.
„Ich bestimmt nicht. Hier ist die Kopie, vielen Dank für den Schlüssel und einen schönen Tag noch.“
Er steht betroffen da und bekommt kein Wort heraus. Ich öffne die Türe und gebe ihm zu verstehen, dass das Gespräch hiermit beendet ist.
„Auf Wiedersehen, Herr Katner.“
„Das möchte ich doch hoffen. Und übrigens, ich mag wilde Frauen“, sagt er und steigt mit einem verschmitzten Lächeln ins Auto.
Dieser Kerl ist unglaublich hartnäckig. Ich schließe die Wohnungstüre hinter mir und muss erst einmal tief durchatmen. Endlich ist dieser Katner weg und endlich bin ich in meiner neuen Wohnung angekommen. Hier gibt es noch vieles zu tun, weshalb ich bald mit dem Umzug beginnen werde.
Gleich ist es 14:10 Uhr. Ich bin unglaublich aufgeregt, wenn ich daran denke, dass ich ihn vielleicht wieder sehe. Dieses Mal habe ich sogar eine Fahrkarte gelöst, mit der ich den ganzen Tag hin- und herfahren kann. Denn es wäre schwierig, dem Schaffner zu entkommen und gleichzeitig diesen Mann zu finden. Wenn ich mir vorstelle, ihn gefunden zu haben und dann aus dem Zug rennen zu müssen, weil der Schaffner kommt … das wäre zu viel für mich.
Endlich sitze ich im Zug und es kann losgehen. Der erste Halt, dann der nächste. Viele Menschen steigen ein und aus, doch von diesem Mann gibt es keine Spur. Es ist 14:23 Uhr. Der Zug endet auf dieser Strecke hier. Ich steige aus und nehme den nächsten wieder zurück. An der Ausgangshaltestelle wieder angekommen warte ich auf den nächsten Zug, der um 15:10 Uhr abfährt. In irgendeinem dieser Züge müsste er auch gewesen sein. Es ist 15:23 Uhr. Wieder gibt es keine Spur von ihm. Traurig nehme ich den Zug wieder zurück. Was ist, wenn es nur ein Zufall war, dass er an diesem Tag mit dem Zug unterwegs war? Enttäuscht, aber nicht entmutigt gehe ich den Weg zu meiner neuen Wohnung entlang. Nachdem es heute nicht geklappt hat, ihn zu sehen, bin ich noch eine Weile am See gesessen und habe intensiv an ihn gedacht. Meine Gefühle sind immer noch stark und ich möchte noch nicht aufgeben. Heute war er nicht im Zug, aber vielleicht irgendwann, in den nächsten Tagen. Ich darf nicht aufgeben, denn ich spüre ihn ganz nah.
Mittlerweile dämmert es und der Tag neigt sich dem Ende zu. Ich glaube, ich werde mir heute mein erstes Bad in der neuen Wohnung gönnen.
Eine Passantin läuft streng an mir vorbei und sieht mich wütend an. Ich nicke ihr zu und sie bleibt stehen, doch da ich sie nicht kenne, gehe ich weiter. Plötzlich sagt sie:
„He, Sie.“
Ich drehe mich um, vielleicht kennt sie mich ja doch von irgendwoher.
„Ja?“, sage ich.
„Haben Sie immer noch die Frechheit, sich bei meinem Mann herumzutreiben?“
Gerade fährt es mir eiskalt den Rücken herunter. Schon wieder so eine Frau, die von einem Wahnsinn besessen ist? Nein, es ist nicht irgendeine Frau – es ist die Frau. Das gibt es ja nicht. Verfolgt sie mich jetzt schon?
„Lassen Sie mich endlich in Ruhe“, entgegne ich ihr.
„Sie waren doch gerade bei meinem Mann. Oder wieso sind Sie hier?“
„Ich wohne hier und wenn Sie mich noch einmal belästigen, dann rufe ich die Polizei.“
„Ich belästige Sie? Und wie nennen Sie das, was Sie tun?“
„Hören Sie, Sie müssen mich verwechseln. Ich bin nicht die, für die Sie mich halten.“
„Ach nein? Dann sind Sie auch nicht die, die ihre Blicke nach der Theatervorstellung nicht von meinem Mann lassen konnte?“
Jetzt verstehe ich gar nichts mehr. Ich weiß nicht, wovon diese Frau spricht und irgendwie weiß ich es doch, denn ich höre Worte wie „Theatervorstellung“ und „Blicke“, die mich an diesen Mann erinnern. Ich stehe da wie angewurzelt und kann kein einziges Wort von ihr einordnen und zugleich scheinen tausende Lichter aufzugehen.
„Sie sind? Also ich meine …“
„Was meinen Sie? Wer ich bin? Tun Sie doch nicht so, als wüssten Sie das nicht. Ja, ich bin seine Frau. Und merken Sie sich das.“
Diese Frau läuft weiter und lässt mich mit so vielen Fragen stehen. Ich renne ihr hinterher.
„Warten Sie, bitte.“
Sie bleibt stehen und schaut mir in die Augen. Ich kann es nicht fassen, dass ich seiner Frau gegenüberstehe. In ihren Augen sehe ich
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