Solange, bis ich dich finde: Roman (German Edition)
ein weiteres Glas ein, doch nehme ich es ihr dieses Mal aus der Hand.
„Lass das sein, du verträgst das gar nicht und es ist völlig sinnlos.“ Ich schütte den Inhalt des Glases sowie der Flasche in das Waschbecken.
„Wer gibt dir das Recht, darüber zu entscheiden, was ich trinke und wie viel? Es geht mich ja auch nichts an, was du machst“, sagt sie in einem leicht lallenden Tonfall.
„Außerdem habe ich deine Geliebte wieder mal getroffen.“
Diese Worte treffen mich wie ein Schlag.
„Du hast was?“, frage ich wie versteinert.
„Ich dachte, sie sei bei dir gewesen, stattdessen wohnt sie aber nur in der Nähe. Sie hat mir bestätigt, dass ihr euch bei der Theatervorstellung zuletzt gesehen habt. Ich dachte, du hättest die Affäre seitdem beendet, verstehst du? Und verstehst du jetzt, warum ich noch kämpfe?“
„Sie weiß also von dir? Dass du meine Frau bist?“
„Wie bitte? Du hast ihr nicht einmal gesagt, dass du verheiratet bist? Du sagst ihr offensichtlich ja nicht einmal, wo du arbeitest, wieso hätte sie mich denn sonst so dringend gefragt, wo du bist.“
„Sie wollte wissen, wo ich bin?“
„Wenn du schon eine Affäre eingehst und sie dann auf halbem Weg beendest, solltest du zumindest ein paar Details nicht verschweigen. Du hast mich einfach vor ihr verheimlicht, du scheiß Kerl.“
Betroffen sitze ich auf dem Boden, die Beine angewinkelt, die Hände über meinem Kopf geschlagen und kann nicht fassen, was ich da soeben gehört habe. Sie sucht mich also auch. Das zu wissen, versetzt mir einen schmerzhaften Stich in meinen Magen, so dass ich auf die Toilette renne und mich übergeben muss. Sarah ist wieder in ihrem Zimmer. Unsere Ehe ist kaputt und Sarah denkt sowieso, dass ich eine Affäre habe.
„Wo hast du sie gesehen?“ frage ich und sie merkt, dass es mir nicht gut geht.
„Warum fragt sie mich, wo du bist, und du fragst mich, wo sie ist? Seid ihr etwa zu blöd, um euch zu treffen?“, sagt sie voller Zorn.
„Sarah, ich kann dir das nicht erklären. Wir haben keine Affäre, bitte glaube mir, und dennoch ist unsere Ehe nicht mehr zu retten. Wo war diese Frau?“
Eine Zeitlang starrt mich Sarah fassungslos an, und als hätte sie sich einen Ruck gegeben, sagt sie plötzlich: „Na, in der Bahnhofstraße. Eben dort, wo sie wohnt.“
„Sie wohnt dort?“, frage ich und bekomme fast keine Luft mehr.
„Tu doch nicht so, als wüsstest du das nicht. Ich lasse mich jetzt von keinem mehr von euch verarschen. Verschwinde aus meinem Zimmer.“
Nachdem ich mich lange geduscht habe, liege ich erschöpft auf der Couch und bin völlig durcheinander. Sie wohnt in der Bahnhofstraße, nicht weit davon entfernt, wo ich arbeite, und doch habe ich sie nie gesehen. Es wundert mich, dass meine Frau sie schon zwei Mal gesehen hat. Nur durch Sarah weiß ich, dass sie sich in Marcos Bar aufhält und in der Bahnhofstraße wohnt. Ich weiß gar nicht, was ich zuerst machen soll. Den ganzen Morgen in der Bahnhofstraße verbringen oder den ganzen Abend in Marcos Bar?
Es ist 07:32 Uhr, so früh war ich noch nie in meinem Büro. Selbst Katner hat heute Morgen gestaunt, als er mich gesehen hat. Ich konnte einfach nicht schlafen und bin so aufgeregt. Ich spüre, dass ich sie bald wiedersehen werde.
Heute Morgen habe ich festgestellt, dass nur noch ein brauchbarer Anzug im Schrank hing. Heute Mittag werde ich einige Anzüge in die Reinigung bringen. Außerdem ein Hemd, das Sarah mit Rotwein verschmutzt hat. Mein Terminkalender ist bis 11 Uhr voll und danach werde ich mir ein Brötchen zum Mittagessen holen und die Bahnhofstraße rauf und runter gehen, bis es wieder um 13 Uhr weitergeht. Eine Stunde habe ich heute Mittag Luft und da werde ich die Reinigungsgeschichte erledigen.
Auf dem Weg zur Reinigung frage ich mich, wie lange es wohl noch dauern mag, bis ich sie sehe. In der Bahnhofstraße war keine Spur von ihr. Ich habe jedes Haus und jede Wohnung angeschaut und mir vorgestellt, dass sie irgendwo dort drin sein könnte. Ich bin sogar vor der Wohnung, die wir kürzlich vermietet haben und in der Frau Aurelius wohnt, gestanden. Fast hätte ich geklingelt, um sie auch einmal kennenzulernen. Aber da fiel mir ein, dass gerade Mittagszeit war. Ich wollte um diese Zeit nicht klingeln, das wäre für mich eine Störung der Mittagsruhe gewesen.
Die werden sich gleich freuen, wenn sie meinen Anzug und all meine Hemden sehen, die sie reinigen dürfen. Bepackt mit meinen Tüten voller Kleider betrete ich
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