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Soldatenglück - Sedlatzek-Müller, R: Soldatenglück

Soldatenglück - Sedlatzek-Müller, R: Soldatenglück

Titel: Soldatenglück - Sedlatzek-Müller, R: Soldatenglück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Sedlatzek-Müller
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weisen. Er hat mit allergrößter Wahrscheinlichkeit auch als Erster Kontakt mit potenziellen Gegnern – eine verantwortungsvolle und gefährliche Aufgabe, da immer nur kleine Gruppen des AVZ unterwegs sind, um bei ihrer Erkundungstour möglichst unentdeckt zu bleiben. Daher sind in dieser Einheit viele raue Burschen, die jeder in der Kaserne kennt und sofort zuordnen kann. Viele altgediente Mannschaftssoldaten, die sich teilweise bereits im Einsatz in Bosnien ihre Sporen verdient haben. Keiner der jungen Soldaten wagt es, sich im Speisesaal oder im Mannschaftsheim zu ihnen zu setzen. Diese Männer, oftmals schon im Rang eines Stabsoder gar Oberstabsgefreiten, werden von den Offizieren und Unteroffizieren sehr geschätzt. Manche sind schon sehr viel länger Soldaten als ihre Vorgesetzten und haben diese teilweise noch als Rekruten ausgebildet. Es sind aber auch einige weniger erfahrene Soldaten in ihren Reihen. Einer von ihnen ist der Obergefreite Limmann, der während der Grundausbildung mit mir auf einer Stube war. Er wird mir sagen können, was mich bei ihnen erwartet.
    Ich gehe gleich zu ihm und finde, als ich eintrete, eine außergewöhnlich gemütlich eingerichtete Stube vor. Sessel, Kühlschrank, Fernseher und sogar eine Spielekonsole stehen in dem Raum. Da niemand zu sehen ist, will ich gleich wieder rückwärts hinaus. Ich pralle gegen jemanden, der sich unbemerkt hinter mich gestellt hat. Wütend fährt er mich an: »Alter, was willst du hier? Wer bist du überhaupt?« Ich fühle mich ertappt und zucke zusammen. Als ich mich umdrehe, erkenne ich den Oberstabsgefreiten Zott – ein muskulöser Kampfsportler mit kurz geschorenem Haar, der eine sehr kompakte Erscheinung abgibt. Schnell trete ich einen Schritt zur Seite. »Ich wollte zu Limmann«, bringe ich kleinlaut hervor. »Limmann? Der ist mit den anderen Kradmeldern draußen. Die kommen erst morgen wieder«, kriege ich zu hören. Dann knallt er mir die Tür vor der Nase zu. Mist, ihn kann ich also nicht um Rat fragen.
    Zum Glück treffe ich beim Verlassen des Gebäudes auf einen anderen Bekannten, der als Fernmelder für die Funkgeräte der 1. Kompanie verantwortlich ist. Er beantwortet meine Fragen bereitwillig und nimmt mir meine Bedenken, mich zum AVZ versetzen zu lassen. »Die Jungs sind alle in Ordnung. Einige sind etwas grob, aber davon solltest du dich nicht abschrecken lassen. Und mit Hauptfeldwebel Festas hast du einen superguten Häuptling. Der fordert seinen Leuten zwar ne Menge ab, aber er ist auch sehr fair. Ein Infanterist durch und durch. Wird aber dauern, bis du ihn kennenlernst. Er ist auf dem Rangerlehrgang in den USA. Ein Training für Spezialkräfte, bei dem du sechs Monate ununterbrochen auf den Einsatz in allen Regionen der Erde vorbereitet wirst. Von der Wüste bis zum Dschungel ist alles dabei.« Das klingt spannend. Meine Entscheidung ist gefallen. Wenn ich in den Einsatz gehen soll, dann mit diesen Männern. Keine vier Stunden nach unserem letzten Gespräch melde ich mich erneut beim Spieß und sage ihm, wie ich mich entschieden habe. »Das ging aber fix. Schön, dann lassen Sie sich von Kutz das 90 /5-Formblatt zur Feststellung Ihrer Auslandsverwendungsfähigkeit geben. Sie können dann gleich mit ihm zur Truppenärztin gehen und sich durchchecken lassen.«
    Die folgenden Wochen beim AVZ vergehen mit der einsatzorientierten Vorausbildung. Patrouillen zu Fuß und mit Geländewagen vom Typ Mercedes Wolf 250-GD, Tarnung, verdeckte Überwachung, Fahrzeug- und Personenkontrollen und so weiter füllen die Tage aus. In der Kaserne geht es zu wie in einem Ameisenhaufen. So intensiv habe ich meinen Dienst bisher nicht wahrgenommen. Der bevorstehende Einsatz motiviert mich und all die anderen, mit einem neuen Verständnis und großer Ernsthaftigkeit zu trainieren. Vorbei ist die Zeit, in der man in spielerischen Trockenübungen einen imaginären Feind bekämpft hat. Meinen Eltern sage ich vorläufig noch nicht, was auf mich zukommt. Ich ahne, dass besonders meine Mutter versuchen wird, mir das auszureden. Als wir zum Abschluss der Vorausbildung geschlossen in das Übungsdorf Bonnland verlegt werden sollen, will ich diese unangenehme Stunde der Wahrheit aber nicht weiter hinauszögern. Uns wird klargemacht, dass wir bereits während der Ausbildungswochen jederzeit mit dem Marschbefehl in den Kosovo rechnen müssen. Es wird uns nahegelegt, unsere finanziellen und sonstigen Angelegenheiten für die nächsten sechs Monate zu regeln und

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