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Soldatenglück - Sedlatzek-Müller, R: Soldatenglück

Soldatenglück - Sedlatzek-Müller, R: Soldatenglück

Titel: Soldatenglück - Sedlatzek-Müller, R: Soldatenglück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Sedlatzek-Müller
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kann, sucht trotzdem dort Zuflucht vor der Sonne. 40Grad Celsius und mehr sind keine Seltenheit zu dieser Jahreszeit. Uns strömt permanent der Schweiß aus allen Poren. Innerhalb weniger Tage haben wir die typische NATO-Bräune, tiefbraun vom Ellbogen bis zu den Fingerspitzen und vom Hals bis zur Kante des Baretts. Der Rest des Körpers ist durch die Uniform bedeckt. Obwohl ich mindestens 3Liter Wasser pro Tag trinke, habe ich seit meiner Ankunft im Kosovo keinen klaren Urin mehr gehabt. Jede Gelegenheit zum Ausziehen des Feldhemds wird dankbar angenommen. Dicke weiße Salzränder sind auf den Hemden und den olivgrünen T-Shirts zu sehen, besonders, wenn man zuvor mit der beschussfesten Bristolweste unterwegs war. Ihre 18 Kilogramm ständig auf der Schulter lasten zu haben ist bei der Hitze eine zusätzliche Belastung. Glücklicherweise müssen wir den Helm nicht tragen, wenn wir auf Wache oder Patrouille sind. Das wäre auch nicht lange möglich ohne gesundheitliche Beeinträchtigung. Das menschliche Hirn gibt bei Temperaturen um die 60Grad schnell auf.
    Die Stiefel werden, sobald wir nicht mehr in Bereitschaft sind, sofort ausgezogen. Dummerweise teile ich mir den Platz im Zelt mit dem Hauptgefreiten Wolf. Er ist bekannt für seinen penetranten Fußgeruch. Mehr als einmal habe ich den Impuls, seine Stiefel zu verbrennen. Jedem, der unser Zelt zum ersten Mal betritt, entfährt ein angeekeltes »Igitt, was stinkt hier denn so?« In meiner Not lasse ich mir von einem Sanitäter Neokodanspray zur Hautdesinfektion geben und leere heimlich den Inhalt in Wolfs Stiefel. Leider bringt das nicht den gewünschten Effekt. Das Einzige, womit sich der Fußgeruch überdecken lässt, ist Zigarettenqualm. Entgegen meiner Gewohnheit rauche ich von dem Moment an eine nach der anderen – bei 8bis 11DMark für eine Stange Zigaretten kostet mich das nicht einmal viel.
    Die Soldaten des AVZ sind für die Bewachung des gesamten Lagers verantwortlich. Wir teilen uns in mehrere Wachmannschaften auf. Der Wachdienst wird für jeweils 24 Stunden übernommen. Es folgt ein Tag wachfrei, ein Tag Patrouille und ein Tag Bereitschaft. An den Tagen, an denen man frei hat, ist man frei für alle möglichen anderen Tätigkeiten, die im Lager anfallen. Das reicht vom Sandsäckebefüllen, die zur Sicherung des Lagers benötigt werden, über die Unterstützung des Materialwarts beim Abladen und Verstauen der Versorgungsgüter bis hin zur Müllverbrennung, wenn die dafür ausgehobene Kuhle wieder einmal randvoll ist. Die Patrouille dagegen ist eine willkommene Abwechslung. Ich bin gerne mit meinen Kameraden in der Stadt Prizren oder in den Bergdörfern unterwegs. Während der Bereitschaft müssen wir jederzeit alles stehen und liegen lassen können, um unsere Kameraden zu unterstützen, wenn sie in eine gefährliche Situation kommen. Diesen Tag nutze ich zum Wäschewaschen, Briefeschreiben oder einfach zum Ausruhen und Lesen.
    Die Wache verläuft an sich ähnlich wie in unserer heimatlichen Kaserne. Einige sind an der Eingangspforte des inzwischen mit NATO-Draht eingefassten Geländes damit beauftragt, die Fahrzeuge und Personen, die das Lager betreten oder verlassen wollen, zu kontrollieren. Andere durchstreifen das Lager und halten nach Anzeichen einer Gefahr Ausschau. Die Pausen und Ruhezeiten während der 24 StundenWachdienste sind die größte Herausforderung. Wir müssen uns nämlich die vollgeschwitzten Bettmatratzen, die dafür im Wachgebäude ausliegen, teilen. Die sind, wie das Wachlokal überhaupt, von Wanzen und anderen Insekten bevölkert. Da es zu heiß ist, um sich im Schlafsack zu verkriechen, werden wir von den blutgierigen Tierchen häufig gebissen. An der Stelle entsteht eine kleine Beule, die sich nach einigen Tagen auch mal schwarz verfärbt und zu einem harten Knubbel verkapselt. Einige versuchen mit einer Plastikplane über der Matratze, der Biester Herr zu werden. Bei dieser Methode staut sich allerdings der Schweiß dermaßen, dass man bald in einer Pfütze liegt. Ich verbringe die Ruhezeiten daher lieber dösend auf einem Stuhl, um den ich mit Insektenvernichter einen schützenden Kreis gesprayt habe.
    Mit dem Eintreffen der Hauptstreitkräfte bekomme ich eine neue Aufgabe. Da die Einsatzkompanie sich mit drei verstärkten Zügen in einer Grenzstation am Morinipass eingerichtet hat, erhalte ich von Oberfeldwebel Rüstmann den Auftrag, dreimal täglich die in der Feldküche der Blauen Halle zubereitete Verpflegung zu diesem

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