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Soldatenglück - Sedlatzek-Müller, R: Soldatenglück

Soldatenglück - Sedlatzek-Müller, R: Soldatenglück

Titel: Soldatenglück - Sedlatzek-Müller, R: Soldatenglück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Sedlatzek-Müller
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Männer, die auf der Ladefläche der abgeplanten, offenen Fahrzeuge sitzen, verlagern automatisch das Gewicht auf die gegenüberliegende Seite. Sollte die Wegkante unter dem Gewicht der Lkw nachgeben, wärs das mit uns gewesen. Viele der Dörfer sind verlassen, aber da, wo wir auf Menschen treffen, werden wir sehr herzlich aufgenommen. Viele der Albaner sprechen russisch. Dann werde ich von meinen Vorgesetzten als Dolmetscher herangezogen. Meist geht es einfach darum, Kontakt zu den Leuten aufzunehmen und Vertrauen zu schaffen. Wir notieren, was dringend benötigt wird, Medikamente oder andere Hilfsgüter, und leiten die Information an die humanitären Organisationen vor Ort weiter. Oft erfahren wir nebenbei auch, wo Minen gefunden wurden, ob es in der Gegend in letzter Zeit zu Kampfhandlungen gekommen ist oder ob es in der Nähe Anzeichen von Massengräbern gibt.
    Der AVZ ist dem Kommandeur direkt unterstellt und begleitet ihn zu seinem Schutz auf allen seinen Wegen. Während einer dieser Fahrten sind wir im Gebirge fernab des Lagers unterwegs. Der letzte Funkkontakt, der zur OPZ hergestellt werden konnte, liegt mindestens eine halbe Stunde zurück. In dieser Einöde kommt das Fahrzeug des Kommandeurs aufgrund eines Platten zum Stehen. Unsere Wölfe haben alle Reifen mit Notlaufeigenschaft, das bedeutet, dass sie im Innern einen Laufring aus Vollgummi besitzen, auf dem man notfalls aus einer Gefahrensituation entkommen kann. Trotzdem ist es in den Bergen sicherer, das Reserverad anzubringen. Zott, als Oberstabsgefreiter der höchste Dienstgrad der Mannschaft auf unserem Wolf, teilt uns ein. Kehl soll dem Obergefreiten Mundt beim Reifenwechsel helfen und ich begleite mit Zott den Smoker, wie wir den Kommandeur wegen seiner Leidenschaft für selbst gedrehte Zigaretten nennen. Er hat sich auch jetzt eine Selbstgedrehte angesteckt und geht wortlos ein paar Schritte den Weg entlang.
    Unsere Reifenpanne ist nicht unentdeckt geblieben. Aus einem nahe gelegenen Dorf strömen Kinder herbei, »Biscuit, biscuit!«, rufen sie. Leider hat keiner die bei Kindern beliebten Hartkekse aus dem EPa dabei. Männer gesellen sich dazu. Ihrer derben, abgewetzten und etwas speckigen Kleidung nach zu urteilen, leben sie von dem, was der Boden und etwas Kleintierhaltung hergeben. Einige tragen Militärjacken oder Hosen, teilweise auch deutsche Uniformteile, die wegen ihrer Flecktarnmuster im Kosovo beliebt zu sein scheinen. Zotts Haltung spannt sich an. »Augen auf, check auch die Lage hinter uns!«, zischt er mir zu. Ich bin bereits auf der Hut und gebe es Zott mit einem kurzen Handzeichen zu verstehen. Der Kommandeur selbst bleibt gelassen und begrüßt die Männer, die ihm freundlich die Hand reichen. Zu mir gesellt sich ein etwa 40jähriger Mann, der mir immerzu auf die Schulter klopft und »KFOR gut – Serben scheiße« sagt. Neugierig schaut er auf das Namensschild, das mit Klettband über meiner linken Brusttasche befestigt ist. »Mula«, versucht er meinen Namen auszusprechen. »Mula«, sagt er und klopft mir weiterhin anerkennend auf die Schulter. Ich bin etwas irritiert durch diese Nähe. Um ihn freundlich loszuwerden, halte ich ihm eine geöffnete Schachtel HB hin und winke ihm, nachdem er sich eine Zigarette genommen hat, höflich verabschiedend zu.
    Der Kommandeur begleitet derweil einen der Männer, die ihm offenbar etwas zeigen wollen. Zott ist bereits einige Schritte vor mir und geht schräg versetzt hinter dem Smoker. Sein G36ist, wie immer in solchen Situationen, bereits entsichert und sein Zeigefinger liegt lang neben dem Abzug, die Mündung seines Gewehrs ist auf den Boden vor seinen Füßen gerichtet. Ich gebe Kehl, der die Situation vom Wolf aus im Auge behält, per Handzeichen zu verstehen, dass er bei Mundt bleiben soll, während ich mit Zott den Kommandeur begleite. Mit einigen schnellen Schritten bin ich an der Gruppe dran und wir erreichen kurz darauf ein Dorf. Der Smoker ist mit einem heftig gestikulierenden Dorfbewohner ins Gespräch vertieft. Wir wissen nicht, worüber gesprochen wird, und Zott ist merklich auf dem Sprung. Der Kommandeur registriert das irgendwie, obwohl er uns den Rücken zugewandt hat. Er dreht sich um und gibt uns mit tiefer Stimme in seiner ruhigen Art zu verstehen, dass alles gut sei. Zott legt die Anspannung ab und grummelt wie ein knurriger Wachhund vor sich hin. Der Smoker begleitet einige Einheimische zu einem Geröllfeld außerhalb des Dorfes. Wir folgen ihm mit etwas Abstand.
    Als

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