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Soljanka (German Edition)

Soljanka (German Edition)

Titel: Soljanka (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niklas Frost
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hin.«
    »Ja, aber was ist mit dem Nachlass?«
    »Das ist über einen Notar in Neubrandenburg abgewickelt worden, bei
dem mein Mann sein Testament hinterlegt hatte.«
    Stamm dachte angestrengt nach, so lange, bis Erika Dembski ungeduldig
wurde.
    »Hören Sie, Herr Stamm, ich habe gleich einen Arzttermin. Wenn Sie
keine Fragen mehr haben … Ich weiß auch nicht, wozu es nützen soll, wenn wir
all diese Dinge wieder aufwärmen.«
    »Natürlich, entschuldigen Sie … Vielleicht noch eine Sache: Was
haben Sie eigentlich mit dem Haus in Kitzbühel gemacht?«
    »Was für ein Haus?«
    »Na ja, soweit ich informiert bin, hatte Ihr Mann ein Haus in
Kitzbühel. Aus alten KoKo-Beständen. Die Adresse steht doch auch in der
Benachrichtigung. War das denn nicht Bestandteil des Nachlasses?«
    »Ich weiß von keinem Haus in Kitzbühel. Ich habe angenommen, mein
Mann hat da zur Miete gewohnt. Es gab im Nachlass überhaupt keine ausländischen
Vermögenswerte. Ich habe mir damals auch keine Gedanken darüber gemacht. Ich
konnte mir zwar ausmalen, dass mein Mann vermutlich Geld ins Ausland geschafft
hatte. So viel hatte ich von seinen Geschäften schon verstanden, das hatte ich
Ihnen ja, glaube ich, auch schon gesagt. Aber ich war nicht in der Verfassung,
danach suchen zu lassen. Ich bin ja mehr als ausreichend versorgt mit dem, was
er mir hier hinterlassen hat. Jetzt muss ich aber wirklich los, Herr Stamm.«
    Stamm lehnte sich zurück und dachte lange nach. Nach einigen
Minuten ging er hinaus und rauchte auf der Straße mit klammen Fingern eine
Zigarette. Wieder im Büro, setzte er sich an den Computer und schrieb eine E-Mail
an die Pressestelle des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd.
    »Sehr geehrter Herr Maier, wir haben uns gestern über den tödlichen
Unfall im Dezember 2000 unterhalten. Dazu noch eine Frage: Wurde eine DNA -Analyse zur Identifizierung des Opfers
durchgeführt?«
    Dann saß er wieder still da, starrte den Monitor an und hing seinen
Gedanken nach. Die Antwort aus Rosenheim kam schon nach zehn Minuten. »Sehr
geehrter Herr Stamm, nein, es wurde keine DNA -Analyse
durchgeführt, da an der Identität des Fahrers angesichts der persönlichen
Gegenstände im Auto und der stimmigen Umstände kein Zweifel bestand. Mit
freundlichen Grüßen.«
    Stamm verfiel wieder in seine Denkerpose, bis ihn Hanne Lohmeyer
unsanft aus der Parallelwelt herausriss.
    »Was wird das? Gibst du das Redakteurs-Denkmal?«
    Er lächelte ihr zu. »Ich überlege die ganze Zeit, ob ich hier einer
ziemlichen Räuberpistole auf der Spur sein könnte. Hast du mal fünf Minuten für
einen Plausibilitätscheck?«
    »Schieß los!«, sagte sie, während sie sich auf die Schreibtischkante
setzte.
    »Es geht um diese alte Geschichte in Mecklenburg. Kennst du ja, muss
ich nicht bei Adam und Eva beginnen. Die Akte über Angela Dembskis
Vergewaltigung war ja von den Behörden schnell geschlossen worden. Der Junge,
der unter Verdacht stand, wurde aufgehängt gefunden. Dass es an seiner
Täterschaft wie auch an seinem Selbstmord aus heutiger Sicht begründete Zweifel
gibt, weißt du ja auch. Was mich jetzt beschäftigt, ist eine Nebenfigur in der
Geschichte, von der ich im Moment gar nicht weiß, ob ich überhaupt viel von ihr
berichtet habe. Ein gewisser Josef Müller.«
    »Doch, kommt mir bekannt vor. Ein Handlanger von diesem Oberbonzen,
wie hieß er noch?«
    »Dembski. Genau. Obwohl: Handlanger ist wohl nicht ganz richtig.
Müller war schon eine höhere Charge. Aber egal. Jedenfalls war es Müllers
Aussage, die den Jungen damals schwer belastet hat. Ein paar Monate später ist
er dann Hals über Kopf verschwunden. Warum? Keine Ahnung. Er wird seine Gründe
gehabt haben, die ich aber noch nicht kenne. Was ich aber inzwischen weiß, ist,
dass er nach Österreich gegangen ist. Er hat als Versicherungsmakler in
Kitzbühel gelebt, zunächst ein paar Jahre lang in einer Wohnung von Ulrich
Dembski, die dieser sich vermutlich aus dubiosen KoKo-Beständen gesichert hat.«
    »Was war noch mal KoKo?«
    »Kommerzielle Koordinierung, Schalck-Golodkowskis Verein für
Wirtschaftskriminalität, mit dem er die SED -Bonzen
alimentiert hatte. Dembski und Müller waren KoKo-Leute. Okay, nach einiger Zeit
ist Müllers Frau nachgekommen.«
    »Woher hast du das alles?«, fragte Hanne mit einem Lächeln. Die
Geschichte schien ihr Spaß zu machen.
    »Ich hab Müllers Witwe aufgestöbert. Wie es der Zufall will, lebt
sie jetzt bei ihrer Tochter in Mülheim/Ruhr. Eines Tages im

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