Soljanka (German Edition)
er
durchkommt, und wenn, ob er nicht bleibende Schäden davonträgt. Ein voller
Edelstahltopf aus der zweiten Etage ist ein ziemliches Geschoss.«
»Ich würde es sofort wieder so machen«, sagte Stamm trotzig. »Der
Mann war ganz offensichtlich gewillt, auf alles zu schießen, was sich bewegt.«
»Nun ja, nach den bisherigen Erkenntnissen gibt es keinerlei Anlass,
den Notwehrtatbestand in Zweifel zu ziehen.«
»Mir fällt da übrigens noch etwas ein, was für Sie von Interesse
sein könnte«, sagte Stamm.
»Ja?«
»Ich glaube, dass ich Tutschkin schon einmal begegnet bin. Vor ein
paar Tagen bin ich abends rausgegangen, um eine zu rauchen. Da bin ich
praktisch mit ihm zusammengestoßen. Ich brauchte eine Weile, um ihn an der richtigen
Stelle einzuordnen. Aber dieser Parka mit Coyotenkapuze, den hat er damals auch
getragen.«
»Okay«, seufzte Korn.
»Verstehen Sie denn nicht, worauf ich hinauswill?«, fragte Stamm ein
wenig ungeduldig.
»Nun ja, er hat Sie schon vor ein paar Tagen observiert«, entgegnete
Korn kühl.
»Ja, aber weshalb? Damals hatte ich noch gar nichts veröffentlicht.
Tutschkin kannte mich vermutlich gar nicht und hatte schon gar keinen Anlass zu
glauben, dass ich ihm irgendwie ins Handwerk pfuschen könnte. Wieso lungerte er
also auf der gottverlassenen Abteihofstraße herum? Es gibt für mich nur eine
Erklärung. Er beschattete offenbar den Privatdetektiv Nellissen, der den
Nebenauftrag hatte, ab und an bei uns nach dem Stalker Ausschau zu halten.
Überlegen Sie mal: Tutschkin entdeckt, dass er beschattet wird. Als sein
Verfolger dann von ihm ablässt, um sich anderen Aufgaben zu widmen, dreht er
den Spieß um, vermutlich um sich klar zu werden, wer sein Schatten ist und was
er im Schilde führt. Wenn ich das richtig verstanden habe, steht er ohnehin im
Verdacht, in Nellissens Ermordung verwickelt zu sein. Das hier wäre doch ein
weiteres Indiz.«
Korn dachte kurz nach. »Klingt schlüssig«, sagte er schließlich und
machte sich eine Notiz. »Wir gehen dem nach. Nun gut, ich glaube, wir lassen es
für den Moment dabei bewenden. Ach so, können Sie für die Nacht irgendwo
unterkommen? In Ihre Wohnung können Sie leider vorläufig nicht zurück. Da ist
noch die Spurensicherung zugange. Wir können Ihnen auch ein Hotelzimmer
besorgen.«
Stamm sah Eva an. Sie zuckte unentschlossen die Schultern. »Das wäre
wohl das Beste«, sagte Stamm.
»Gut, dann warten Sie hier, wir kümmern uns drum. Könnten Sie das
übernehmen, Frau Brinkmann?«
Die Polizistin nickte. Korn stand auf, schnappte sich sein Sakko und
gab erst Eva, dann Stamm die Hand. Als er die Tür geöffnet hatte, fiel Stamm
noch etwas ein.
»Ach, Herr Korn! Wieso waren eigentlich die beiden Polizeibeamten so
schnell vor Ort?«
»Sie haben auf Sie aufgepasst«, sagte Korn. »Nachdem Sie mir den
letzten Stalker-Brief geschickt hatten, habe ich Anweisung gegeben, Ihr Haus
zumindest sporadisch zu observieren.«
»Danke«, sagte Stamm. Korn hob träge die Hand und verschwand durch
die Tür.
ACHTZEHN
Stamm hatte nicht besonders gut geschlafen. Es hatte nicht
am fremden Bett gelegen. Auch nicht an der Umgebung, die äußerst angenehm war.
Das Hotel Uebachs an der Leopoldstraße lag zwar zentral am Rand der
Einkaufszone in der Innenstadt, aber dennoch sehr ruhig. Das Zimmer, das man
ihnen angewiesen hatte, ließ keine Wünsche offen. Großzügig, angenehm
eingerichtet, sogar die Matratze des Doppelbettes hatte die richtige Härte.
Aber es war spät geworden.
Ein Streifenwagen hatte sie erst zur Abteihofstraße gebracht, wo sie
ein paar Dinge für zwei Nächte außer Haus einpacken konnten, und bis sie
eingecheckt hatten, war es zwei Uhr. Sie hatten versucht, durch Fernsehen den
Adrenalinspiegel wieder auf Normalniveau zu senken, Stamm hatte die Minibar
geplündert, aber als sie um halb vier ins Bett krochen, fühlte er sich immer
noch aufgedreht. Eva hatte sich an ihn gekuschelt und war schnell
eingeschlafen. Aber Stamm fand nicht die richtige Position. Zudem fühlte er
sich verpflichtet, Eva die ihr zustehende Ruhe zu geben, sodass er in seiner
Position verharrte, obwohl Evas Knie sich in seinen Oberschenkel bohrte und
sich ihre rechte Hand in seine Schulter krallte.
Das Gefühl, hellwach zu sein, verließ ihn nicht, selbst nachdem er
irgendwann doch eingedöst war. Er war fast erleichtert, als ihm bewusst wurde,
dass hinter den Vorhängen die Morgensonne schien. Acht Uhr, da konnte man
eigentlich auch aufstehen, zumal wenn man
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