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Soljanka (German Edition)

Soljanka (German Edition)

Titel: Soljanka (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niklas Frost
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gesprochen?«
    Erika Dembski ließ sich wieder in ihren Stuhl sinken. »Ich weiß es
nicht«, wisperte sie.
    »Aber möglich wär’s schon?«
    Sie nickte zögerlich. Er ließ sie eine Weile ihren Gedanken
nachhängen, dann fragte er: »Wie ist dieser Rico denn gestorben?«
    »Er hat sich aufgehängt. An einem Baum im Nationalpark.«
    Stamm grübelte eine Weile vor sich hin. »Wissen Sie noch, wie er mit
Nachnamen hieß?«, fragte er dann.
    »Wieso wollen Sie das wissen?«
    »Der Vollständigkeit halber«, murmelte Stamm.
    Erika Dembski verzog den Mund, als falle es ihr schwer, den Namen
auszusprechen. »Er hieß Fenten.«
    Stamm machte sich eine Notiz, während er fragte: »Gab’s einen
Abschiedsbrief?«
    »Ich glaube schon … Ach, ich weiß es nicht. Aber es war mir auch
egal. Ich habe natürlich auch darüber nachgedacht, ob mein Mann vielleicht … in
irgendeiner Weise nachgeholfen hat … Ich weiß es wirklich nicht. Aber das war
mir auch egal«, rief sie trotzig. »Mir hat’s gereicht, dass dieses Schwein
seine Strafe hatte.«
    Stamm zuckte die Schultern. »Ist ja auch müßig, darüber
nachzudenken, das werden wir heute nicht mehr auflösen. Was mich viel mehr
interessieren würde, ist, wie Angela zu dieser Satanistenstory gekommen ist.
Sie sagten ja, Sie können sie quasi auswendig. Sie muss also schon damals damit
begonnen haben.«
    Erika Dembski schüttelte kraftlos den Kopf. »Ich weiß nicht, was
passiert ist. Sie konnte sich die ganze Zeit nicht daran erinnern. Es heißt ja
immer, dass ein Gedächtnisverlust das Opfer einer solchen furchtbaren Tat
schützen soll, aber ich habe da meine Zweifel. Angela wusste ja, dass
irgendetwas Schlimmes mit ihr passiert ist, und ich glaube, es machte sie ganz
verrückt, dass sie sich nicht erinnern konnte, was es war. Sie grübelte
ununterbrochen, konnte sich auf nichts anderes mehr konzentrieren.
Wahrscheinlich haben wir dann auch einen Fehler gemacht, als wir mit ihr zum
Arzt gegangen sind. Danach wurde alles noch schlimmer.«
    »Haben Sie sie damals schon zur Therapie gebracht?«, fragte Stamm
erstaunt.
    »Nicht zur Therapie«, sagte sie zögerlich. Schließlich gab sie sich
einen Ruck: »Zum Frauenarzt.«
    »Aha«, machte Stamm. »Und … und was war daran so falsch?«
    Sie sah ihn an, als verstehe sie nicht, dass er so eine lange
Leitung hatte. »Sie war schwanger.«
    »Mann, Mann«, murmelte Stamm, »ihr blieb aber nichts erspart.« Nach
einer kurzen Pause fragte er: »Und was haben Sie … ich meine, was hat der Arzt
gemacht?«
    »Na, was denken Sie wohl?«, fragte sie angriffslustig. »Hätten wir
vielleicht zulassen sollen, dass sie das Kind bekommt?«
    »Und Angela? Hat sie der Abtreibung zugestimmt? Oder hat sie
wenigstens mitbekommen, was mit ihr passiert?«
    Erika Dembski füllte ihr Glas wieder und zündete sich eine Zigarette
an. Endlich antwortete sie: »Ich weiß es wirklich nicht. Es war damals völlig
unmöglich herauszufinden, was Angela will. Wir mussten die Entscheidung
treffen, und ich habe keine Ahnung, ob sie wirklich verstanden hat, was
passierte. Wir haben ihr nicht gesagt, dass eine Abtreibung stattfindet, aber
ich kann bis heute nicht beurteilen, ob sie es doch gewusst hat. Ich vermute es
fast, denn kurz danach ging das los mit dieser irren Geschichte.«
    Ihre Augen füllten sich wieder mit Tränen. »Ich war so schrecklich
hilflos«, schluchzte sie. »Ich wollte ihr doch helfen, aber sie nahm nichts an,
keinen Trost, nichts. Es war, als ob sie mir die Schuld gibt für alles, was ihr
passiert ist. Und glauben Sie mir, ich weiß bis heute nicht, warum.«
    Stamm ließ ihr Zeit.
    »Die Einzige, die Angela an sich heranließ, war Birgit«, fuhr sie
fort. »Die beiden saßen stundenlang zusammen. Bei geschlossener Tür. Und ich
hockte davor, das Ohr am Schlüsselloch, um wenigstens ein bisschen was von
meiner Tochter mitzukriegen, können Sie sich das vorstellen? Nicht genug, dass
sich meine Töchter immer weiter von mir entfernten, ich kam mir zu allem
Überfluss auch noch schäbig vor. Birgit drehte meistens auch die Musik auf, als
wüsste sie, dass ich versuchte, etwas zu hören, was nicht für meine Ohren
bestimmt war. Ich ließ sie gewähren, weil Angela irgendwie zufriedener wirkte,
wenn Birgit bei ihr war. Ich redete mir ein, dass sie auf diese Weise
irgendwann ins normale Leben zurückkehren würde.«
    Sie machte eine kurze Pause. »Und dann ist Birgit weggegangen.
Einfach so. Eines Morgens war sie nicht mehr da, und sie ist

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