SOLO mit PINK LADY - MIT 16 DIE WELT EROBERT
teilnehmen, ist sie einfach zu handhaben. Ich gebe euch ein Beispiel: Ich kann alle drei Reffs im Großsegel einbringen oder wieder rausnehmen (so verkleinere oder vergrößere ich die Segelfläche), ohne nach oben aufs Deck gehen zu müssen. Auch fast alles andere lässt sich aus dem Cockpit regeln. Ich habe beispielsweise die übervorsichtige Angewohnheit, die Sturmfock am inneren Vorstag hochzuziehen, wenn die Wettervorhersage schlecht ist. Ich kann sagen, dass ich meinen sicheren Platz im Cockpit in Bedingungen mit über 35 Knoten Wind nur ein einziges Mal verlassen habe. Und das in völlig undramatischer Weise – eine erstaunliche Bilanz.
Es tut mir leid, dass ich damit möglicherweise dramatische Vorstellungen von meinen heldenhaften Kämpfen mit den Segeln auf dem Vorschiff in Monsterseen und stürmischen Winden zerstöre. Doch auf dieser speziellen Reise geht es eher darum, die Risiken zu minimieren. Wichtiger sind gute Vorbereitung und Durchhaltevermögen (manchmal sehr lange!) als das Segeln auf des Messers Schneide. Das kommt später!
Da wir gerade über Risiken sprechen: Wir absolvieren zurzeit einen kleinen Zickzack-Kurs in Richtung Norden, um diversen Fronten auszuweichen. ELLA’S PINK LADY und ich segelten ziemlich genau auf dem 38. Breitengrad über den Indischen Ozean. Es war eine eher konservative Route, aber für uns waren Sicherheit und Komfort wichtiger als Geschwindigkeit. (Ihr wisst ja inzwischen, wie sehr ich Sonnenschein schätze!)
Es hat entgegen allen Spekulationen und sogar meinen eigenen leisen Zweifeln keinen einzigen Moment gegeben (bislang!), in dem ich mir gewünscht hätte, stärker zu sein. Ich würde gern sagen, dass dieser Umstand meinen Muskeln und meiner übermenschlichen Stärke zu verdanken ist, doch das ist traurigerweise nicht der Fall. Tatsächlich hätte es mit der Wahrheit rein gar nichts zu tun. Ich finde es deshalb so einfach, ELLA’S PINK LADY zu segeln, weil wir so viel Zeit und Mühe in ihrenUmbau gesteckt haben und weil sie ist, was sie ist. Eine S&S 34 ist kein großes Boot. Ihr Design ist eher konservativ. Sie ist eben so (seufz!), wie man es ohne Superkräfte braucht!
Der Sonnenschein ist zurück und gibt mir die Möglichkeit, meine Anti-Schimmel-Maßnahmen fortzusetzen. Dieses Mal habe ich mir die Innenräume einiger Schränke und Kisten vorgenommen. Das war ein hübscher Spaß, denn ich habe dabei alle möglichen Dinge gefunden, die ich längst vergessen oder verloren geglaubt hatte. Mein schönster Fund war der iPod, den ich seit einiger Zeit vermisste. Es war, als hätte ich plötzlich 8 GB neue Musik bekommen!
Mittwoch, 24. März 2010
Ein bisschen Aufregung und ein Geräusch in der Nacht
Letzte Nacht herrschte ein wenig Aufregung an Bord, weil der Wind plötzlich auffrischte und seine Richtung dabei radikal änderte. Gerade noch war es eine ruhige sternenklare Nacht, und ELLA’S PINK LADY glitt unter vollen Segeln über das Meer. Plötzlich überraschte uns eine Bö mit 35 Knoten Wind. ELLA’S PINK LADY wurde auf die Seite geworfen und startete dann in die falsche Richtung durch. Es ist ja schon unter normalen Umständen wenig angenehm, um 2 Uhr morgens eine unfreiwillige kalte Dusche an Deck zu nehmen. Doch aufgrund der südlichen Winde waren Wind und Wellen ganz besonders eisig und unwillkommen.
Wir halsten, und ich ging wieder unter Deck, nachdem alles unter Kontrolle war. Dort hörte ich ein merkwürdiges elektrisches Geräusch. Es war die Art von Geräusch, die einen automatisch denken lässt: »Das klingt nicht gut!« Nach einigen verzweifelten Minuten, in denen ich auf der Suche nach der Ursache diverse Schränke leerte und mir dabei alle möglichen kritischen Schäden ausmalte, war ich sehr erleichtert: Eine kleine batteriebetriebene Vakuumverpackungsmaschine hatte sich selbst eingeschaltet. Ich habe herzlich über mich selbst gelacht!
Das Wetter blieb windig, und die von Schauerböen aufgewühlte See baute sich auf fünf Meter auf. Dadurch stand die Besichtigung der Insel Amsterdam bei unserer Annäherung nicht mehr besonders weit oben auf meiner Prioritätenliste. Wir passierten sie nachts mit einigem Abstand und ließen sie südlich liegen. Vielleicht kann ich sie mir beim nächsten Mal etwas genauer ansehen. Sowohl Amsterdam als auch Saint Paul haben eine bewegte Geschichte. Alle diese Inseln mitten im Nirgendwo scheinen irgendwie mit schiffbrüchigen Seeleuten in Verbindung zu stehen, die über Jahre auf ihnen überlebten, bevor
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