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Solom: Der Wanderprediger (German Edition)

Solom: Der Wanderprediger (German Edition)

Titel: Solom: Der Wanderprediger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Nicholson
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ausmachte, aber es sah trotzdem komisch aus. Dann gab er dem Pferd den Apfel und sattelte es. Weil Odus ab und zu auf dem Bauernhof aushalf, war er auch schon manchmal geritten, vor allem, damit die Pferde nicht aus der Übung kamen, wenn ihre Besitzer keine Zeit zum Reiten hatten. Er war zwar noch lange kein echter Cowboy, aber er wusste zumindest, wie man sich im Sattel hielt.
    Jede Minute würden die Kirchgänger auf die Straße strömen. Er musste entweder über die Brücke reiten oder eine flache Stelle finden, an der er den Blackburn River überqueren konnte. Die Idee, durch eine Furt im Fluss zu waten, gefiel ihm. So machte es wahrscheinlich auch der Wanderprediger. Mit ein bisschen Glück – oder vielleicht auch mit ein wenig Hilfe von oben – konnte Odus Harmon vielleicht noch vor Einbruch der Dunkelheit aufspüren. Das war wichtig, denn nachts bekamen Wesen wie tote Priester in der Regel eine größere Macht. Odus brauchte keinen Experten, um das zu wissen. Dunkle Gestalten bevorzugten die Dunkelheit, und die Dunkelheit gab ihnen diese Zuneigung zurück.
    Odus schwang sich in den Sattel und drückte der Schecke seine Ferse in die Flanke. »Hast du einen Namen?«, fragte er sie.
    Das Pferd wieherte und spuckte dabei ein paar Apfelstückchen durch die Luft.
    »Ich nehm das mal als ›Ja‹«, sagte Odus. »Du sprichst die Menschensprache besser als ich die Sprache der Pferde, also muss ich mir wohl was ausdenken. Harmons Pferd heißt ›Old Saint‹, also ›Alter Heiliger‹, dann nenn ich dich mal ›Sister Mary‹ – ›Schwester Maria‹. Was hältst du davon?«
    Sister Mary schnaubte. Das konnte entweder Ablehnung bedeuten, oder sie wollte einfach noch einen Apfel haben. Auf jeden Fall trottete sie aus der Scheune, als er an den Zügeln zog. Er ritt auf ihr an den Kühen vorbei hinunter zum Fluss. Sie starrten sie an, als ob sie für dieses Schauspiel bezahlt hätten. Bevor Sister Mary ihren Fuß vorsichtig ins kalte Wasser setzte, warf Odus einen Blick auf die benachbarte Weide weiter oben am Hang. Dort standen McHenrys Ziegen am Zaun, wie grimmige Apachenkrieger in einem alten Western.
    »Beachte die am besten gar nicht«, sagte Odus. »Wir haben was zu erledigen.«
    Dann drückte er sanft seine Knie in Sister Marys Rippen und sie ritten durch den Fluss.

 
     
     
    34. KAPITEL
     
    Eine Glaubenskrise. Das war die einzige Erklärung. Mose Eldreth war nicht zum Gottesdienst erschienen. Er hatte seine Gemeinde im Stich gelassen, als sie ihn brauchte. David hätte eigentlich enttäuscht sein müssen oder vielleicht Mitleid mit ihm fühlen, denn er wusste genauso gut wie alle anderen, dass das Fleisch schwach war. Dennoch gewann ein anderes Gefühl die Oberhand: Triumph. Als ob Gott einen weiteren Konkurrenten im Kampf um den wertvollen Platz im Himmel einfach so weggewischt hätte.
    Häme stand den Primitiven Baptisten nicht gut zu Gesicht, das war David bewusst. Nur der Herr kannte die Wahrheit über Mose, und es konnte gut sein, dass Gott ihn fortgeschickt hatte, vielleicht auf eine Mission. Dann wäre Davids Triumphgefühl natürlich unangemessen, denn das würde ja bedeuten, dass Mose ihm auf der goldenen Himmelsleiter mindestens eine Stufe voraus war. Aber das war jetzt alles egal.
    Clayton Boles, der ab und zu beim Gottesdienst der Free Will Baptisten in Solom vorbeischaute, war fünfzehn Minuten nach Beginn in Davids Kirche erschienen und hatte sich unauffällig in eine der letzten Bankreihen gesetzt. Es fiel natürlich auf, als er kam, denn an diesem Morgen waren nur etwa ein Dutzend Gläubige erschienen, keiner von ihnen unter fünfzig. David hatte sogar in seiner Predigt innegehalten. Er hielt eine glühende Rede über den inneren Schweinehund und die Unfähigkeit der Menschen, die Last der Sünde von selbst abzulegen. Clayton Boles hatte genickt und ihm zugezwinkert, und David hatte ihn vor allen anderen begrüßt.
    Die Primitiven Baptisten hatten nichts gegen gelegentliche Besucher. Gordon Smith schaute alle drei Monate oder so einmal vorbei, und manchmal brachten die Gläubigen auch ihre Verwandten mit, vor allem zu den rituellen Fußwaschungen. Aber wenn Clayton Boles sich ihrer Gemeinde anschließen wollte, dann musste er sich erst einmal von dem Gedanken lösen, dass er seine Erlösung selbst in der Hand habe. Zunächst musste er Demut zeigen – eine Vorstellung, an der zu viele Christen aller Glaubensrichtungen scheiterten.
    Nach der Predigt, als sich die Gemeindemitglieder die

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