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Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch

Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch

Titel: Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Somers
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vor, mich auf keinen Fall zu bewegen. Ich wusste, ich hätte eine Mordsangst haben müssen, aber eigentlich fühlte ich mich bloß leer. Und erschöpft.
    »Waffen fallen lassen!«, schrie einer der Sturmtruppen. »Die Waffen fallen lassen!«
    Ich nickte und zog sehr, sehr langsam meine Pistole aus dem Schulterhalfter, dann holte ich die kleine Notfallwaffe hervor, die ich mir immer im Rücken unter den Hosenbund steckte. Zuletzt zog ich auch noch die Klinge aus meinem Stiefel. Behutsam legte ich sie vor mich auf die Straße. Gatz schüttelte bloß den Kopf.
    »Die Waffen fallen lassen, du Arschloch!«, brüllte der andere Sturmtruppler.
    »Ich hab keine!«, rief Gatz zurück, der arme Kerl.
    Verdutzt blickten die beiden Sturmtruppler einander an; anscheinend hatten sie so etwas noch nie gehört. Gatz hatte sich immer ganz darauf verlassen, sich mit seinem ›Push‹ schon irgendwie durchschlagen zu können. Kurz darauf war die Entscheidung jedoch gefallen, denn ein kleiner Trupp armseliger Brecher in ihren schlechtsitzenden Einheitsuniformen wurde ausgeschickt, um uns auf die gute alte Art zu filzen – unsanft und gründlich. Als sie zufrieden waren, gaben sie ein Handzeichen, und ein System-Cop stieg aus dem Schweber. In seinem maßgeschneiderten Anzug und seinem unvorstellbar teuer aussehenden Mantel wirkte er regelrecht geschniegelt. Und er strotzte vor Gesundheit.
    Ich hasste ihn. Ich hasste all diese Modepuppen in Klamotten, die mehr kosteten, als ich in einem Jahr zusammenkratzen konnte. Und dabei verdiente ich mir das Geld mit Blut -Blut, das für alle Zeiten an meinen Händen kleben würde. Dieser Dreckskerl!
    »Avery Cates, Kev Gatz«, sagte der Dreckskerl gedehnt. »Elias Moje, Colonel, SSD.« Er nickte knapp. »Dann kommen Sie.« Er war etwa so groß wie ich, dabei aber breitschultriger und kräftiger, und er bewegte sich wie jemand, der sich immer und überall aufspielte und es gewohnt war, damit auch immer die gewünschte Wirkung zu erzielen. Das graumelierte Haar trug er kurz geschnitten, dazu hatte er einen gepflegten Spitzbart. Er grinste, doch seine Augen blieben kalt. Sein Anzug war maßgeschneidert, aus teurem Stoff, was mir wirklich ins Auge fiel, das war sein schwarzer Schellack-Spazierstock, über und über mit Dornen besetzt, der Knauf dick und schwer.
    Ich sah, wie die Leute außerhalb des Lichtkreises hin und her wogten wie Brackwasser; sie scharrten mit den Füßen, blickten über die Schultern hinweg zu uns hinüber. Ich lächelte Moje an und genoss dieses sonderbare Taubheitsgefühl, das jegliche Furcht und jeglichen Zorn einfach erstickte. »Nervös?«
    Erstaunt blickte er mich an, dann lachte er auf: Er warf den Kopf in den Nacken und stieß ein echtes, entspanntes Lachen aus. »Mr Gates, das ist wirklich köstlich. Jetzt kommen Sie schon. Sie haben eine Verabredung mit Chief Marin von der AIA.«
    Ich wollte schon auf den Schweber zugehen – wenn der SSD eigens einen Scheiß-Schweber ausschickt, um einen abzuholen, dann steckt man sowieso schon tief in der Scheiße, und wenn man dann noch zappelt, sinkt man bloß schneller ein –, aber der Name Marin ließ mich doch zumindest kurz innehalten.
    Ich wusste über Dick Marin genau so viel wie jeder andere auch: Er war der Leiter der Abteilung für Innere Angelegenheiten des SSD.
    Marin war vielleicht der mächtigste Mensch der Welt, abgesehen natürlich von den fünfundzwanzig alten Knackern aus aller Welt, die sämtliche Fäden in der Hand hatten: Das war der Einheitsrat. (Theoretisch sollten sie gewählt sein, aber ich konnte mich an keine Wahlen erinnern.) Man hatte die AIA ins Leben gerufen, um die System-Bullen zu überwachen, die ansonsten völlig autonom waren. Der SSD stand höher als jeder andere – im ganzen System. Und nur die AIA war den Cops gegenüber weisungsbefugt. Und an der Spitze dieser Pyramide stand Director Richard Marin. Über Marin war nicht allzu viel bekannt: Früher war er ein echter Scheiß-Cop gewesen, ein unfähiger Totalversager, dem es gänzlich an der üblichen Grausamkeit und Arroganz mangelte. Seine Karriere wurde nur dadurch gerettet, dass er irgendwann in irgendeiner üblen Ecke im Pazifik ungefähr sechs Millionen Kugeln abbekam. Nach mehreren Jahren in der Reha kam er dann als frischgebackener Leiter der AIASSD wieder zum Vorschein: wie neugeboren, als der Oberschnüffler. Und das war auch schon alles, was man wirklich über ihn wusste.
    Während ich langsam auf den Schweber zuging, wusste ich ganz

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