Something like love
kühler. Man hört nur die Grillen. Und sieht Glühwürmchen herumfliegen. Ich könnte mich daran gewöhnen, nachts die Welt zu erforschen.
Am Ende der Einfahrt wartet Jason auf mich. Er sieht so glücklich aus wie ich mich fühle. Den Rest des Weges renne ich, was mit Flip-Flops gar nicht so einfach ist. Ich laufe direkt in ihn rein und halte mich fest.
»Hey«, sagt Jason. »Hallo, du.«
»Hallo.«
»Bereit?«
»Immer.«
Jason hat seinen alten Jeep weit am Ende der Straße geparkt, sodass niemand hört, wie er den Motor anlässt. Wir steigen ein. Er hat den Jeep zum siebzehnten Geburtstag bekommen, ein ziemlich abgewracktes Teil, aber Jason ist stolz darauf und ich fahr total gern mit, wenn der Wind so um uns rumwirbelt. Es kann auch gruselig sein, wenn wir eine kurvige Schotterstraße runterfahren. Dann hat man das Gefühl, der Wagen löst sich in seine Einzelteile auf. Aber das ist ein eher angenehmes Gruseln.
Das Dach des Jeeps ist offen. Der warme Wind wirbelt um uns herum. Wir haben die ganze Stadt für uns allein.
Wenn das Leben immer so perfekt sein könnte wie in diesem Augenblick, gäbe es keinen Hass auf der Welt.
Jasons Handy klingelt.
»Ich dachte, ich hätte es ausgestellt«, sagt er. Er nimmt es aus der Halterung und schaut auf das Display. »Mist. Das ist Greg.«
»Wir sind nicht da.«
»Nein, er hat eine Nachricht hinterlassen wegen irgendeiner Party und ich habe ihn nicht zurückgerufen. Er wird es die ganze Nacht weiterversuchen, wenn ich jetzt nicht mit ihm rede.«
Nach allem, was Jason mir erzählt hat, hat Jason gar nicht so oft mit Greg gesprochen. Deshalb hat er ihm auch nicht erzählt, dass er mit Erin Schluss gemacht hat. Er hat ihn seitdem ja nicht mal mehr gesehen.
Jason fährt rechts ran. »Hey«, sagt er ins Handy.
Greg brüllt so laut, dass ich jedes Wort verstehen kann. »Ey Mann!«, schreit er. »Wo steckst du?«
»Ich komme nicht«, sagt Jason.
»Was?«, schreit Greg. Im Hintergrund grölt Musik. »Ich versteh dich nicht!«
»Ich sagte, ich komme nicht!«
»Und warum nicht?«
»Ich bin beschäftigt.«
»Womit?«
»Mit anderen Dingen. Nächstes Mal komm ich mit.«
»Schwing deinen Arsch hier rüber!«, schreit Greg.
»Ich muss aufhören.«
»Was?«
»Wir reden morgen!«
»Du Langweiler!«, schreit Greg.
Jason klappt das Handy zusammen.
»Wolltest du eigentlich zu der Party gehen?«, frage ich. »Von mir aus können wir da ruhig hin.«
»Von mir aus aber nicht. Oder wäre das für dich der Inbegriff von Spaß?«
»Äh, eher nicht.«
»Ganz genau«, sagt Jason. »Es gibt einen guten Grund, warum du so ziemlich die Einzige bist, mit der ich in diesem Sommer Zeit verbringe.«
Zuerst fand ich es seltsam, dass Jason keinen besten Freund hat, aber jetzt hab ich begriffen. Jason ist mit vielen Leuten befreundet. Nur dass ihn mit keinem von ihnen wirklich etwas verbindet. Nur wir beide fühlen diese Nähe, nach der wir uns schon immer gesehnt haben.
Als wir oben auf dem Hügel ankommen, taucht der Mond vor uns auf, riesengroß. So einen großen Mond habe ich noch nie gesehen. Er ist so groß, dass es fast unheimlich ist.
»Wie ein früher Erntemond«, staune ich.
»Davon hab ich schon gehört, aber ich hab keine Ahnung, was das eigentlich ist.«
»Das ist der Vollmond, der am dichtesten an der Tag- und Nachtgleiche im Herbst liegt.« Ich sage nicht, was der Erntemond aus astrologischer Sicht bedeutet. Es ist ein Zeitpunkt für die Klärung gefühlsmäßiger Angelegenheiten. Ein Zeitpunkt, an dem man sich selbst verzeihen soll, an dem man Ballast abwerfen und sich auf neues Wachstum vorbereiten soll. Zu keinem davon bin ich bereit. Wie gut, dass es noch kein echter Erntemond ist.
Dick und orange hängt der Mond über dem Horizont.
»Er ist erst vor ein paar Minuten aufgegangen«, sagt Jason. »Deshalb wirkt er so riesig. Es ist eine optische Täuschung.«
»Ich weiß.« Wenn der Mond dicht über dem Horizont steht, wirkt er in Relation zu anderen Dingen in der Umgebung, Bäumen oder Häusern zum Beispiel, besonders groß. Wenn der Mond immer so groß aussähe wie jetzt, das wäre so genial. Wenn wir die ganze Zeit diesen leuchtenden Mondschein hätten.
»Ich wünschte, es könnte für immer so bleiben.«
»Genau das habe ich auch gerade gedacht.«
Ich schmiege mich an Jason, betrachte den Mond und versuche, mir all diese Gefühle einzuprägen. Damit ich nichts davon jemals mehr vergesse.
28
Unfassbar, dass in zwei Wochen die Schule wieder anfängt.
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