Sommer der Entscheidung
tot! Sie bittet dich nicht darum, das zu tun. Sie würde ihre Mutter noch nicht einmal wiedererkennen, wenn sie noch leben würde. Du bist ein Mensch geworden, den sie nicht kennenlernen wollen würde.“
„Nein, so bin ich. Ich bin, wie ich bin. Ich bin ihre Mutter, und ich liebe sie so sehr, dass ich für sie kämpfe!“
„Sie … ist … tot!“ Er schaute weg. Sein Atem ging schwer, weil er das Gefühl hatte, ihm habe jemand ein Messer ins Herz gerammt. „Kayley ist tot, und du begräbst alles, was wir an Erinnerungen an sie haben, unter Hass und Racheideen.“
Tessa war für eine Weile so still, dass er dachte, sie würde gar nichts mehr sagen. Als sie schließlich wieder zu sprechen anhob, klang ihre Stimme wie ein eisiger Wind. „Nicht alle können so großmütig und tolerant sein wie du, Mack. Ich will, dass er wieder ins Gefängnis geht. Und ich will, dass er leidet. Das gebe ich zu. Aber ich bedrohe ihn nicht mit einer Pistole oder mit einem Chevrolet, der außer Kontrolle geraten ist. Ich stelle ihm mit der einen Waffe nach, die ich jemals in die Hand nehmen würde: mit dem Gesetz.“
„Es ist nicht deine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass es eingehalten wird.“
„Ich bin eine Bürgerin dieses Landes. Stell dir einfach vor, es wäre eine Art Nachbarschaftshilfe auf Rädern.“ Sie warf den Kopf zurück und drehte sich von ihm weg. „Fahr nach Hause. Niemand hat dich um Hilfe gebeten. Niemandhat dich um Zustimmung gebeten. Geh nach Hause und lebe dein Leben. Ich lebe meines so, wie ich es für richtig halte.“
Er sah ihr zu, wie sie die Küche verließ, und hörte, wie ihre Schritte allmählich verstummten und das Haus still wurde.
Mack versuchte sich an das Gefühl zu erinnern, das er gehabt hatte, als sie ankam: Er hatte die Hoffnung gehabt, dass sie wieder zusammenkommen würden. Es war für ihn deutlich zu spüren gewesen, dass Tessa heute Abend weicher, wärmer und offener gewesen war. Wie sehr er sich genau danach gesehnt hatte! Sie hatte mit ihm gesprochen, auch wenn ihn das, was sie vorhatte, abstieß. Zum ersten Mal seit langer Zeit hatte sie ihm erzählt, was in ihrem Inneren vorging.
Das vorherrschende Bild in seiner Erinnerung jedoch war, wie sich ihr Hals neigte und ihre Augen blitzten, bevor sie sich von ihm abwandte. Wieder einmal.
Dieses E-Book wurde von "Lehmanns Media GmbH" generiert. ©2012
18. KAPITEL
B illy war genau drei Mal nach Toms Brook gekommen, seitdem Nancy vor einem Monat angekommen war. Nach dem ersten kurzen Besuch von ihm war es ihr gelungen, die beiden anderen auch kurz zu halten oder die meiste Zeit nicht im Haus zu sein, wenn ihr Mann da war. Sie war sich nicht sicher, ob er es bemerkt hatte, aber soweit sie ihn richtig einschätzte, war er nur aus Pflichtbewusstsein dort oder um seine Tochter zu sehen. Dass sie ihn mied, hatte damit zu tun, dass sie ihn dafür bestrafen wollte, dass er sie verletzt hatte und auch, um zu testen, ob er ihre Abwesenheit bemerkte. Aber der eigentliche Beweggrund war, dass Nancy das Bedürfnis entwickelte, sich selbst als Nancy und nicht als Ehefrau von Billy Whitlock zu definieren.
Vielleicht nahmen sie die Menschen, die sie am meisten liebte, als hohlköpfig und albern wahr, aber Nancy begann zu entdecken, dass mehr in ihr steckte, als sie jemals gedacht hätte. Jetzt, da sie die schattigen großen Hartriegelbäume und Magnolien Richmonds, die Baudenkmäler des Sezessionskrieges und die großartigen Villen verlassen hatte, kam sie wieder zu sich selbst.
„Ich habe nie begriffen, wie du denkst“, sagte Helen. Sie hatte es sich nach dem Mittagessen in ihrem Schlafzimmer bequem gemacht. Neben ihr stand ein Teeglas, und ihre nackten Füße ruhten auf ihrem Nähstuhl.
„Was soll das heißen?“ Nancy nahm den letzten Schluck aus ihrem Glas und wünschte sich, sie hätte einen größeren Krug Eistee gemacht. Aber sie musste hier oben bleiben, denn wenn sie hinunter in die Küche gehen würde, um neuen zu kochen, würde Helen die Zeit nutzen, um die Quilts wieder verschwinden zu lassen. Dann könnte Nancysie nicht mehr dokumentieren.
„Nun hast du all die Jahre hier gelebt, hast mich mindestens eine Million Mal besucht und suchst dir jetzt den heißesten Monat des Jahres, den August, aus, um dir meine Quilts anzuschauen. Ich fange schon an zu schwitzen, wenn ich sie nur auseinanderfalte, um sie dir zu zeigen.“
„Ich habe es dir doch schon erklärt, Mama. Ich will sie nicht nur bewundern, sondern wir werden einen
Weitere Kostenlose Bücher