Sommer der Liebe
machen. Wenn er ihr etwas kochte, dann war es richtig, etwas auf ihr Aussehen zu achten. Und sie war nach dem schrecklichen Nachmittag wirklich ein bisschen derangiert gewesen.
James’ Küche – sie bestand nur aus einer Küchenzeile – befand sich hinter einer Trennwand am Ende seines riesigen Wohnzimmers, in dem ein Kamin und viele Bücherregale standen. Der Buchladen war in einem alten Gebäude untergebracht, und dieser Raum über dem Laden hatte Holzdielen und Holzbalken an der Decke. Die Möbel waren ebenfalls alt: ein zerschlissenes Ledersofa, ein paar tiefe Sessel, die nicht zusammenpassten, ein antiker Schreibtisch und genug Tische für ziemlich viele Zeitungen und Zeitschriften.
»Ich muss mich für die Unordnung entschuldigen«, sagte James und gab ihr ein großes Glas kalten Weißwein. »Meine Putzfrau kommt einmal in der Woche, am Montag, deshalb hat sich der Staub ziemlich angesammelt.«
»Mir fällt Staub nie auf.« Fiona nahm das Glas und lächelte. »Ich finde diesen Raum wunderschön! Sogar perfekt. Ich habe mir immer gewünscht, über einem Geschäft zu wohnen – oder besser gesagt, ich war schon immer neugierig, wie Wohnungen über Geschäftsräumen aussehen. Mir gefällt es hier sehr gut.«
»Das freut mich. Könnten Sie sich ein bisschen allein amüsieren, während ich nachsehe, was ich Ihnen anbieten kann?«
»Natürlich! Ich sehe mir die Bücher an. Es gibt nichts Schöneres.« Sie zitterte ein bisschen, und er bemerkte es.
»Ich mache nur schnell ein Feuer im Kamin an. Es ist ein bisschen kalt hier drin.«
»Ist es eigentlich gar nicht, ich fühle mich nur ein bisschen … Sie wissen schon … Vielleicht liegt es am Schock. Aber der Wein und das Feuer werden mich heilen.«
Nachdem James ein Feuer im Kamin entfacht hatte, sagte er: »Melden Sie sich, wenn Sie noch mehr Wein möchten. Ich werde mich jetzt ein bisschen in der Küche betätigen.«
Fiona nahm sich Zeit und las jeden Buchtitel. Sie hatte mal gehört, dass Bücher viel über ihren Besitzer aussagten. In James’ Regalen gab es überhaupt keine Taschenbücher, und alle Titel waren Klassiker oder sehr alt.
»Und wo haben Sie die Schundliteratur?«, rief sie in Richtung Küche.
»In meinem Schlafzimmer«, antwortete er.
»Ah.« Fiona nahm ein altes Buch über Wildblumen aus einem Regal und setzte sich damit ans Feuer.
James erschien mit einer angebrochenen Weinflasche. »Die hatte ich noch im Kühlschrank. Ich möchte aber noch einen anderen Wein öffnen. Einen roten? Oder lieber einen weniger kalten weißen?«
»Was essen wir denn?«
»Vielleicht etwas mit Reis. Mehr kann ich im Moment nicht verraten. Ich muss vielleicht noch mal kurz etwas einkaufen gehen.«
»Oh, bitte nicht! Was hätten Sie gegessen, wenn ich nicht hier wäre?«
»Ich hätte eingekauft. Ich finde Supermärkte, die vierundzwanzig Stunden geöffnet haben, einfach wunderbar. Zurück zum Wein: Wir hätten auch noch kalten Weißwein …«
»Ich möchte Ihnen wirklich nicht so viele Umstände bereiten.«
»Das ist gar kein Problem. Oder wie wäre es mit Lammkoteletts? Die dauern nicht so lange.«
»Ich könnte die Kartoffeln dazu schälen …«
»Wenn ich welche hätte. Wissen Sie was? Ich kaufe fertigen Kartoffelbrei. Ehrlich, der braucht überhaupt nicht lange zu kochen …«
»Was schade ist.«
»Ja. Eines Tages lade ich Sie richtig schick ein, aber jetzt …«
»Ich bin ein schrecklich langweiliger Gast! Es tut mir so leid. Könnten wir nicht einfach Toast essen?«
»Auf keinen Fall! Ich freue mich sehr, dass Sie da sind. Hier.« Er öffnete einen Schrank, den Fiona noch gar nicht bemerkt hatte. Darin befand sich ein Fernseher. »Sehen Sie sich etwas Beruhigendes an, während ich für uns einkaufe.«
Er füllte ihr Glas noch einmal auf und schaltete den Fernseher ein.
Kurz nachdem James die Wohnung verlassen hatte, fielen Fiona die Augen zu. Es war ein langer, aufregender Tag gewesen.
11
Sian freute sich nicht sonderlich auf das Reiterfest. Sie wollte nicht einen ganzen Tag lang dabei zusehen müssen, wie Melissa mit Gus flirtete. Und etwas anderes war noch beunruhigender: Der Moment, den sie am meisten gefürchtet hatte, stand unmittelbar bevor. Rory und Gus würden sich endlich kennenlernen. Wie würden sie aufeinander reagieren? Obwohl keiner von beiden die Wahrheit kannte, war es Sian wichtig, dass sie einander auf Anhieb mochten. Wie würde es für sie sein, die beiden zusammen zu sehen?
Und noch eine weit trivialere Frage
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