Sommer der Liebe
schon.«
»Es wäre furchtbar, wenn wir am Ende Rory sein Essen streitig machen müssten, weil es nichts anderes gibt«, meinte Sian, als sie über das Feld auf das Tor zugingen. »Ich wünschte jetzt, ich hätte mehr eingepackt.«
»Oh, mach dir keine Sorgen! Die Lewis-Jones’ werden uns gut versorgen. Veronica ist eine dieser sehr ehrgeizigen Gastgeberinnen. Absolut nichts wird fehlen, und es wird genug für fünftausend Gäste und ihre Freunde sein.«
»Na ja, diesen Vorwurf könnte man dir auch machen«, erwiderte Sian mit einem Lächeln.
»Ich weiß, aber bei Veronica hat man immer ein schlechtes Gewissen, weil man nicht noch mehr essen kann.«
»Du scheinst schnell ein schlechtes Gewissen zu haben«, bemerkte Sian.
»Tja, das ist bei mir wohl genetisch angelegt.«
Obwohl sie es leichthin sagte, glaubte Sian, Fiona erröten zu sehen. Die Freundin war jedoch nicht die Einzige, die ein schlechtes Gewissen plagte. Wenn sie wüsste!
Mrs. Lewis-Jones hatte tatsächlich ein wunderbares Picknick organisiert. Es war für jede Art von Sitz, Flasche, Korb und Glashalter gesorgt. Alles war elegant und sauber, und es gab keine angelaufenen Thermoskannen, keine Melamin-Teller oder Plastikgläser. Die wasserdichten Decken waren groß genug, um ein Zelt darauf aufzuschlagen, und die Teller waren von Royal Worcester.
»Das ist wunderschön!«, stellte Fiona fest und setzte sich auf einen Stuhl mit einem eingebauten Glashalter. »Veronica, du hast dir wieder sehr viel Mühe gegeben.«
»Ich biete gern eine große Auswahl an. Wenn die Leute gut gegessen haben, geben sie später mehr Geld aus, und wir dürfen ja nicht vergessen, dass heute Spenden für den Gemeindesaal gesammelt werden.«
»Und ich habe noch eine Überraschung für euch alle! Angus und ich haben uns etwas ausgedacht.« Melissa sah besonders gut aus, ihr Haar schimmerte wie in einer Shampoo-Reklame, und ihr Kleid war einfach bezaubernd. Als Sian Mutter und Tochter Lewis-Jones jetzt nebeneinander stehen sah, konnte sie erkennen, von wem Melissa das gute Aussehen hatte. Veronica war die gepflegte und hübsche ältere Version ihrer Tochter. Auf der turbulenten Dinnerparty war das Sian gar nicht aufgefallen.
Sie trank Sekt aus einem silbernen zusammenklappbaren Becher, den Veronica ihr gegeben hatte, weil es »so lustig ist, diese alten Dinger zu benutzen.« Ich muss aufhören, eifersüchtig auf Melissa zu sein, befahl sie sich selbst. Melissa kannte Gus schon ewig. Da war es selbstverständlich, dass sie zusammen etwas planten, von dem sonst niemand etwas wusste.
»Rory, Schatz«, sagte Fiona, »denkst du, dass du dein mitgebrachtes Essen brauchst? Es gibt hier sehr leckere Sachen.«
»Die Eier da sind aber klein«, erwiderte Rory und deutete auf einige Miniatureier auf einem besonders filigranen Porzellanteller.
»Das sind Wachteleier, Schatz. Die sind genau wie normale Eier, nur eben kleiner«, erklärte Fiona.
»Hier, nimm dir ein Würstchen«, meinte Mrs. Lewis-Jones und hielt Rory ein großes Warmhaltegefäß hin.
»Lass uns noch ein paar Flaschen öffnen!«, rief Harold Lewis-Jones. »Ich weiß zufällig, dass gleich ein Überraschungsgast kommt, den Melissa eingeladen hat, und wir werden jede Menge Sekt brauchen.«
Er füllte die Gläser noch einmal auf und stellte die Flaschen dann in spezielle Sektkühler, die im Boden steckten. Rory bekam ein Glas mit Holunterblütensaft in die Hand gedrückt.
Sian war beeindruckt. Es fehlte wirklich nichts. »Es ist so nett von Ihnen, dass Sie auch an Rory gedacht haben«, sagte sie.
»Ich werde mich wohl auch lieber an Holunderblütensaft halten«, erklärte Mrs. Lewis-Jones, »sonst schlafe ich nach dem Essen ein.«
»Das passiert mir leider oft«, sagte Fiona, »mit oder ohne Sekt.«
»Melly, wann kommt dein Überraschungsgast noch mal? Die Wildpastete ist fertig, und ich möchte sie gern servieren.«
Melissa stand auf, beschattete mit der Hand die Augen und blickte über die Felder zum Wald. »Ich glaube, da kommen sie schon!«
Alle blickten in die Richtung, in die sie deutete. »Oh, das ist Angus’ Land Rover«, sagte Fiona. »Wen hat er denn da bei sich?«
»Ich glaube, es ist eine Frau«, meinte Sian, »es sei denn, jemand kennt einen Mann, der so einen Hut trägt.«
»Ihr werdet es gleich sehen«, sagte Melissa mit einem zufriedenen Grinsen. »Geduldet euch einfach.«
Sian konnte nicht erkennen, wer sich unter dem Hut befand. Aber Melissa würde bestimmt keine weitere Konkurrentin
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