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Sommer der Nacht

Titel: Sommer der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Mordes festgenommen worden.« Sein Vater schüttelte den Kopf. »Darren McBride wurde verhört, wie der Constable gesagt hat. Er war... weg und hat bis spät in die Nacht getrunken und konnte keine Rechenschaft über sein Tun heute morgen ablegen. Aber Mr. Taylor und der Gerichtsmediziner sagen beide... Dale, willst du das wirklich hören...« »Ja«, verlangte Dale.
    »Nun, ich glaube, sie können feststellen, wie lange es her ist, seit jemand ... verschieden ist. Zuerst haben sie gedacht, daß der Unfall heute morgen passiert sei, nachdem Mr. McBride nach Hause gegangen war und ... geschlafen hat ...«
    »Seinen Rausch ausgeschlafen«, sagte Dale.
    »Ja. Nun, zuerst waren sie der Meinung, daß der Unfall heute morgen passiert sei, wie gesagt, aber dann war der Gerichtsmediziner ganz sicher, daß es etwa gegen Mitternacht geschehen sein mußte. Mr. McBride ist aber bis lange nach Mitternacht im Black Tree gewesen. Er hat Zeugen. Außerdem sagt Barney, der Mann ist außer sich ... wie von Sinnen ...«
    Dale nickte. Mitternacht war zutreffend. Er erinnerte sich an den Schlag der Glocke um zwölf. Der Glocke, die gar nicht in Elm Haven existierte. Er sagte: »Ich will hin.«
    Sein Vater beugte sich nach vorne. Dale konnte den Geruch von Seife und Tabak an seinen Händen und Unterarmen riechen. »Zur Farm raus?«
    Dale nickte wieder. Er dachte, daß er jetzt ein Muster in den Rissen erkennen konnte. Ein Muster wie ein großes Fragezeichen aus Zickzacklinien.
    »Ich glaube, das wäre heute nicht sehr klug«, sagte sein Vater leise. »Ich rufe später an. Mal sehen, wie Mr. McBride sich hält. Fragen, ob es einen Gedenkgottesdienst oder eine Begräbniszeremonie gibt. Dann bringen wir etwas zu essen vorbei. Vielleicht morgen ... «
    »Ich gehe«, sagte Dale.
    Sein Vater dachte, er würde von der Beerdigung sprechen. Er nickte, strich seinem Sohn über den Kopf und ging nach unten.
    Dale blieb noch eine Zeitlang liegen und dachte nach. Er mußte eingedöst sein, denn als er die Augen wieder aufschlug, war das Zimmer dämmerig grau, die Rufe der Kinder waren den Grillen und nächtlichen Geräuschen gewichen, und Dunkelheit war aus den Ecken gekrochen. Dale lag vollkommen reglos, atmete kaum und wartete auf einen Laut unter Lawrences Bett, auf den Schlag der Glocke, auf irgend etwas ...
    Als es zu regnen anfing, und der Regen kam so schnell und heftig, als würde man einen Wasserhahn aufdrehen, saß Dale am Fenster und sah die Umrisse der Blätter vor stummem Wetterleuchten, hörte das Gluckern des Wassers in den Rinnen und das Prasseln des Regens auf Blättern und der Schlackeeinfahrt, als der Wolkenbruch nachließ. Ein Blitz erleuchtete die Depot Street, naß und schwarz in der Nacht, und das Dachgestühl von Old Central ragte über den Wachtposten der Ulmen auf der anderen Straßenseite auf.
    Die Brise, die jetzt durch das Fliegengitter strich, war frisch. Dale erzitterte, schlüpfte aber nicht unter die Decke. Noch nicht. Er mußte nachdenken.
    Er und Mike zogen los, nachdem jeder am nächsten Tag seine jeweilige Kirche besucht hatte. Für Dale war Reverend Millers Predigt ein fernes Murmeln; später, während der Heimfahrt, hatte seine Mutter bemerkt, wie verständnisvoll die Worte des Reverend über die Tragödie der McBrides gewesen waren, aber Dale hatte sie nicht einmal gehört.
    Er sagte seiner Mom, daß er zu Mikes Hühnerhaus fahren würde; er wußte nicht, was Mike seiner Familie gesagt hatte, wenn überhaupt. Dale mußte den Eeawkee-Ruf nicht anbringen -Mike wartete unter der großen Ulme, wo sie sich zum ersten Mal getroffen hatten. Mike trug einen Gummimantel, den ihm das Peo-ria Journal-Star für das Zeitungsaustragen gegeben hatte.
    »Du wirst tropfnaß«, sagte Mike, als Dale auf dem Gehweg zum Stillstand kam.
    Dale sah durch die Äste hoch. Es regnete immer noch heftig; es war ihm gar nicht aufgefallen, obwohl er feststellte, daß er eine Windjacke angezogen hatte. Vom Schirm seiner Baseballmütze tropfte es bereits. Er zuckte die Achseln. »Gehen wir!«
    Regen prasselte auf den kniehohen Mais, als sie am Wasserturm vorbeistrampelten, auf der Jubilee College Road nach Osten und dann wieder nach Norden auf der County Six. Sie versteckten die Fahrräder im hohen Gras am Hügel zu Onkel Henrys Haus. Es regnete jetzt noch stärker, und Mike machte einen Aufstand, weil das Fahrrad naß wurde.
    »Komm schon!« flüsterte Dale.
    Sie kletterten über den Zaun und gingen in Mr. Johnsons Wald. Auf dem nächsten

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