Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sommer in Maine: Roman (German Edition)

Sommer in Maine: Roman (German Edition)

Titel: Sommer in Maine: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. Courtney Sullivan
Vom Netzwerk:
sagte Rhiannon.
    »Wie wunderbar! Nein Mann war einmal geschäftlich dort und brachte mir einen Schal mit. Der hat gekratzt wie verrückt, war aber sehr hübsch. Aber jetzt, mein Engel«, die Pause hatte einen theatralischen Effekt, »ich bin so gespannt zu erfahren, was wohl mit Gabe passiert ist.«
    (Für ihre Großmutter gab es über Schottland anscheinend weiter nichts zu sagen: Von einer jahrtausendealten Kultur und Geschichte blieb nichts als ein kratziger Schal.)
    Egal, wie sie zueinander standen, der Bruch zwischen den Generationen würde immer bleiben und Maggie davon abhalten, ihrer Großmutter offen und ehrlich zu begegnen: Man erzählte seiner Großmutter einfach nicht, dass der Freund vielleicht kokste und man die Pille ausgesetzt hatte und schwanger war, also vereinfachte man vieles. Vielleicht tat Alice das gleiche und hatte ihre eigenen Gründe dafür.
    »Ich hab ihn bei einer ziemlich großen Lüge erwischt«, sagte Maggie.
    »Das sieht ihm gar nicht ähnlich«, sagte Alice.
    »Oh doch«, sagte Maggie.
    »Ach, tatsächlich?«, erwiderte Alice lächelnd. »Er war doch so charmant. Aber vermutlich sind es gerade die Charmanten, bei denen man aufpassen muss. Tja, das ist ja – es tut mir leid, Maggie. Hast du in letzter Zeit mit deiner Mutter gesprochen?«
    »Ja, gestern«, sagte Maggie. »Wieso?«
    »Ich habe mich nur gefragt, ob sie von der Trennung wusste, als wir miteinander sprachen. Mir hat sie davon nämlich nichts gesagt.«
    Plötzlich schaltete Alice in einen anderen Gang: »Ich habe Patrick gesagt, dass ich die Regenrinnen vom alten Sommerhaus noch diese Woche frei haben will«, sagte sie. »Und wen hat er dafür angeheuert? Den einzigen Mexikaner in ganz Maine. Mort hat ihn empfohlen, und natürlich ist er billig, also –«
    »Oma!«, sagte Maggie.
    »Was denn? Er ist ein Illegaler. Der ist doch froh, wenn er überhaupt Arbeit hat«, sagte Alice. »Die essen doch eh nichts als Reis und Bohnen. Wie viel Geld braucht man da schon?«
    Maggie wurde starr vor Scham, aber Rhiannon kicherte nur.
    »Okay, lassen wir das«, sagte Maggie. »Ist ja auch egal.«
    »Was für ein prächtiges Haus«, sagte Rhiannon. »Die Lage ist wirklich atemberaubend.«
    Das Haus war tatsächlich prächtig, aber es hatte nie so recht zu ihren Großeltern gepasst. Es war wie aus einer Designzeitschrift entsprungen: Große, offene Räume auf verschiedenen Ebenen waren durch mehrere Treppen miteinander verbunden, die Küche glänzte in Edelstahl und im Bad konnte man die allerneueste Sanitärtechnik bewundern. Wenn man das Haus für sich betrachtete, würde man darin ein schwedisches Supermodelpaar erwarten, das zu seinen freigebigen Partys Rapmogule und Stars, groß und klein, lud.
    »Vielen Dank«, sagte Alice. Dann senkte sie die Stimme, als würde sie Rhiannon in ein pikantes Geheimnis einweihen: »Rhiannon, Sie haben ganz außergewöhnlich schöne Haut.«
    »Danke. Mein Exmann hat immer gesagt –«
    »Ihr Exmann?«, sprudelte es aus Alice heraus, »Sie waren verheiratet?«
    Maggie wusste nicht, ob Alices Reaktion sich auf Scheidung im Allgemeinen oder auf Rhiannon im Speziellen bezog. Rhiannons Alter vielleicht.
    »Ja. Manchmal kann ich es selbst nicht glauben«, sagte Rhiannon lachend.
    »Na, machen Sie sich nichts draus. Ein Mädchen mit Ihrem Aussehen. Die Jungs werden Ihnen sicherlich schon bald wieder die Tür einrennen.«
    Maggie war nicht entgangen, dass Alice für sie keine tröstenden Worte dieser Art übrig gehabt hatte.
    »Hat Maggie Ihnen schon erzählt, dass ihre Mutter auch geschieden ist?«, sagte Alice, als verbinde Rhiannon und Maggie ein seltenes Hobby: Rudersport oder Hochleistungsjonglage. »Da haben Sie jemanden, der es sich vom Aussehen her nicht hätte leisten können. Sie hat bei der Prozedur auch noch zugelegt, nicht wahr, Maggie?«
    Jede Antwort, die Maggie darauf hätte geben können, war wie ein Verrat an ihrer Mutter, also steckte sie sich, anstatt zu antworten, ein Stück Kartoffel in den Mund. Wenn sie nur das Thema wechseln könnten.
    Alice griff nach der Weinflasche und goss sich ein weiteres Glas ein.
    »Noch jemand?«, fragte sie. »Maggie, du hast deinen ja kaum angerührt. Schmeckt er dir nicht? Hättest du lieber einen Weißen? Da steht noch eine offene Flasche im Kühlschrank.«
    »Nein, danke«, sagte sie.
    Alice legte die Stirn in Falten. »Trinkst du etwa nicht mehr?«
    »Nein, nein. Eigentlich bin ich sogar ein bisschen verkatert«, log sie. Es war die einzige

Weitere Kostenlose Bücher