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Sommer in Maine: Roman (German Edition)

Sommer in Maine: Roman (German Edition)

Titel: Sommer in Maine: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. Courtney Sullivan
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als Kinder die Strandschnecken grundlos an ihren Häusern vom Fels gerissen, in eine mit Salzwasser gefüllte Eisteeflasche gequetscht und kräftig geschüttelt hatten. Brutalität machte kleinen Jungs wohl Freude.
    Vor ihr erstreckte sich der Ozean – leer, bis auf ein Segelboot am Horizont. Hinter ihr lagen friedlich das kleine Sommerhaus und der große Neubau. Dieser Ort war einer der wenigen Ruhepunkte in ihrem Leben. Im nächsten Jahr würde sie vielleicht mit einem Baby im Arm auf diesen Felsen sitzen. Vielleicht könnte sie aber auch in der Nebensaison hier wohnen, wie ihre Mutter damals vor der Scheidung. Aber mit jenem furchtbaren Frühling wäre es nicht zu vergleichen. Am Nachmittag würde sie an dem großen Wohnzimmertisch sitzen und schreiben, während ihr Kind in der Krippe am Fenster schlief, durch das die Sonne zu ihnen hereinstrahlte.
    Maggie umfasste ihre Tasse Kräutertee mit beiden Händen und blickte auf die leicht bewegte See hinaus. Sie wollte es ihrer Mutter sagen, aber sie hatte Angst. Maggie wusste nur zu gut, dass Kathleen Mutterschaft als das Ende der Unabhängigkeit, das Ende des Wachstums und der persönlichen Erfüllung betrachtete. Und ja, ihr Land war im Krieg, und man musste jeden Augenblick einen alles auslöschenden Terrorangriff erwarten. Und ja, es war eine schreckliche Welt, in die man das kleine Wesen setzte. Aber war die Welt denn jemals weniger schrecklich gewesen? Hatte es jemals einen sicheren Zeitpunkt für den Beginn eines neuen Lebens gegeben?
    Sie atmete die Meeresluft tief ein, stand auf und wischte sich den Sand von ihren baumstammdicken Beinen, die gegen jedes Training absolut resistent waren. Herzlichen Dank auch, Urgroßmutter Dolan. Auf dem Weg zurück zum Strand sah sie in der Ferne ein älteres Paar beim Tai-Chi. Sie sahen ein bisschen albern aus, aber irgendwie auch liebenswert. Ein unerwünschter Automatismus brachte Maggie dazu, sich zu wünschen, Gabe würde die beiden mit ihr sehen. Er hätte sie fotografiert und den Moment für immer festgehalten.
    Sie ging Richtung Sommerhaus und hatte vor, den Seiteneingang zu benutzen, um nicht ins Blickfeld ihrer Großmutter zu geraten, die vermutlich in ein Büchereibuch vertieft kettenrauchend auf ihrer Veranda saß. Maggie fühlte sich schlecht dabei, dass sie Alice mied. Am Nachmittag würde sie rübergehen. Vielleicht könnte sie Kirschen von Rubys Laden mitbringen.
    Als sie den Weg vom Strand hinaufging, hörte Maggie ein gleichmäßiges Hämmern, das vom Sommerhaus zu kommen schien. Dann sah sie ihn: Ein gutaussehender, dunkelhaariger Typ in ihrem Alter in Jeans und blauem Pullover. Er stand mit einem Hammer in der Hand am Geländer vor dem Seiteneingang.
    Das musste der Handwerker sein, über den Alice am Abend zuvor hergezogen war. Aber wie ein Mexikaner sah er nicht aus. Eher wie einer dieser flotten Engländer aus den BBC-Verfilmungen von Jane-Austen-Romanen. Alice schwärmte für diese Jungs.
    »Hallo«, sagte Maggie und spürte, wie sie errötete.
    »Oh, hallo«, sagte er mit einem großen Lächeln. »Ist das nicht ein wunderschöner Tag?«
    »Ja«, sagte sie langsam.
    »Connor Donnelly«, stellte er sich vor und reichte ihr die Hand.
    »Maggie Doyle.«
    »Schön, Sie kennenzulernen«, antwortete er.
    Attraktive heterosexuelle Männer waren in den seltensten Fällen einfach freundlich – entweder flirteten sie oder ignorierten einen. Maggie war auf der Hut.
    »Wissen Sie, wo meine Großmutter ist?«, fragte sie.
    »Ja, sicher. Auf der anderen Seite.«
    »Okay. Danke.«
    Maggie ging um die Ecke und sah Alice mit einem Netzhut als Mückenschutz im Vorgarten vor den Rosen knien.
    »Na«, sagte Alice, als Maggie auf sie zutrat. Sie kam nicht recht auf die Beine, und Maggie beeilte sich, ihr aufzuhelfen.
    »Es geht schon«, sagte Alice. »Wieso musst du mir immer das Gefühl geben, ich sei steinalt?«
    Alice hatte ihnen ihr wahres Alter nie verraten, aber Kathleen berechnete es auf um die achtzig. Sie hatte sich nur wenig verändert. (»Das Böse altert nicht«, hatte Maggies Vater oft gescherzt.) Aber in diesem Augenblick wirkte sie schwach, fast gebrechlich.
    »Du siehst dünn aus, Oma«, sagte Maggie, obwohl sie sich der Gefahr einer solchen Bemerkung bewusst war. »Isst du auch genug?«
    Die Idee lehnte Alice ab: »Zu dünn? Das gibt es doch gar nicht.«
    »Aber im Ernst: Isst du ordentlich?«, fragte Maggie.
    Alice stöhnte. »Okay, du hast mich ertappt. Jetzt ist es raus: Im Alter von einhundert und

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