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Sommer in Maine: Roman (German Edition)

Sommer in Maine: Roman (German Edition)

Titel: Sommer in Maine: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. Courtney Sullivan
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Küche«, sagte Ann Marie und verschwand.
    »Um Gottes willen«, sagte Kathleen. »Ein Messer? Sie muss sich doch nicht gleich etwas antun, nur weil sie eingesehen hat, wie peinlich es ist als erwachsene Frau ein Puppenhaus zu haben.«
    »Mama!«
    »Was denn?«
    Ann Marie kam zurück, führte das Messer durch das braune Klebeband und öffnete den Karton. Die drei steckten die Köpfe über dem Karton zusammen, in dem ein Miniaturbacksteinhaus in einem Meer grüner, erdnussgroßer Schaumbällchen stand. Maggie hielt den Karton fest, während ihre Tante das Haus herauszog und vorsichtig abstellte.
    »Ist es nicht wundervoll?«, rief Ann Marie aus. »Es ist sogar noch schöner als auf der Abbildung.«
    Das Haus war wirklich hübsch, und es brachte einen zum Träumen, bis man schließlich glaubte, dass man irgendwo zwischen den Hügeln Englands Schafe züchten und Gedichte lesen und sein E-Mail-Konto ein für alle Mal löschen sollte. Vielleicht wären Puppenhäuser auch was für sie, wenn das Kind erstmal da war. Sie könnte mit Ann Marie einen Laden in Brooklyn aufmachen. Schließlich träumte jeder New Yorker vom Eigenheim, aber nur die wenigsten schafften es. Ein Puppenhaus war da das Nächstbeste.
    »Ich muss Patty ein Foto schicken«, sagte Ann Marie.
    Während Ann Marie weg war, um ihre Kamera aus dem Auto zu holen, beugte Kathleen sich neugierig über das Puppenhaus, kippte ihre Teetasse an und ließ einen dünner Strahl gelben Tees auf das Dach tropfen.
    »Hoppla«, trällerte sie.
    »Verdammt, was soll das?«, fragte Maggie und wischte das Dach schnell mit einer Ecke ihres T-Shirts trocken.
    »Beruhige dich. Es ist Kräutertee. Der hinterlässt keine Flecken.«
    Maggie schüttelte nur den Kopf.
    »Was hast du eigentlich gegen mich?«, fragte Kathleen. »Du, es tut mir leid, ich hab das gestern verkorkst. Tagelang hab ich mir Sorgen gemacht und dich nicht erreichen können. Sobald wir dann endlich alleine waren, ist alles nur so aus mir herausgesprudelt.«
    Es war sinnlos, dass Kathleen sich entschuldigte. Sie würde es sowieso immer wieder tun. Aber ihre Beziehung hatte eine gewisse Elastizität: Sie wurde oft stark strapaziert, in alle Richtungen gezerrt, gedehnt und gezogen, aber das ging vorbei, und danach nahm sie wieder ihre ursprüngliche Form an. Sie brach nicht.
    Ich bin hergekommen, um dich davon abzuhalten, den Fehler deines Lebens zu machen . So hatte sie es gesagt, und ihre Worte hatten Maggie ziemlich niedergeschmettert. Sie ärgerte sich darüber, dass es ihr noch immer so wichtig war, ihre Mutter zufriedenzustellen. Denn je älter sie wurde, je mehr sich ihre Werte von denen ihrer Mutter entfernten, desto schwieriger wurde das.
    »Ist schon okay«, sagte Maggie.
    »Komm, wir verschwinden aus dieser vergifteten Atmosphäre. Wir könnten nach Boston fahren, uns ein Zimmer nehmen und mal einen kleinen Mutter-Tochter-Trip machen«, schlug Kathleen vor.
    »Lieber nicht. Ich muss arbeiten. Schließlich ist mein Urlaub offiziell vorbei, und ich muss wirklich was für Bis dass dein Tod machen.«
    »Oh«, sagte Kathleen, und Maggie sah, dass sie verletzt war.
    »Ganz abgesehen von dem Datingprofil, das ich mir noch aus den Fingern saugen muss. Es ist für eine nicht gerade attraktive Dame, deren Interessen sich auf ihre zwei Zwergpudel, Nagelpflege, Pilates und die Bee Gees beschränken. Und dann hat sie auch noch ein kleines Eifersuchtsproblem.«
    Sie hatte Kathleen zum Lachen bringen wollen, aber ihre Mutter sagte unverblümt: »Was für ein toller Auftrag.«
    »Naja, ich muss ja jetzt ein bisschen mehr verdienen«, entgegnete Maggie.
    »Tja, es sei denn, du nimmst meinen Vorschlag an und ziehst auf den Hof.«
    Maggie beschloss, den Kommentar zu ignorieren: »Ich geh dann mal nach nebenan. In Omas Haus ist ja jetzt niemand.«
    Darauf reagierte Kathleen nicht. Stattdessen sagte sie: »Du und ich – wir haben nie Geheimnisse voreinander gehabt.«
    Damit hatte sie recht. Maggie wusste zwar, dass das vielleicht nicht das gesündeste Mutter-Tochter-Verhältnis war, aber so war ihre Beziehung eben immer gewesen, und sie war der festen Überzeugung, dass der Grund dafür etwas mit Liebe zu tun hatte.
    »Ich weiß.«
    »Warum hast du es mir dann nicht erzählt?«
    »Hab ich doch. Du warst doch die Erste, die es wusste. Nach Gabe.«
    Rhiannon zu erwähnen war jetzt nicht nötig.
    »Aber wie lange hast du es gewusst, ohne etwas zu sagen?«
    »Anderthalb Monate.«
    »Ach, Maggie, wenn ich mir vorstelle, dass du

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