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Sommer in Maine: Roman (German Edition)

Sommer in Maine: Roman (German Edition)

Titel: Sommer in Maine: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. Courtney Sullivan
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positiv in den Dienst des Geschäfts zu stellen: Sie hatte einige Gärtnereien dazu gebracht, ihnen mehr Produkte abzunehmen, als sie eigentlich wollten, und Arlo einen besseren Preis fürs Abfüllen ausgehandelt.
    Ihre Mutter und ihr Bruder Pat machten keinen Hehl daraus, dass sie das Ganze weiterhin für eine Schnapsidee hielten. Dass Kathleen im letzten Jahr mehr als zweihunderttausend Dollar umgesetzt hatte, spielte offenbar keine Rolle. Sie konnte ja nachvollziehen, dass ihre Familie der Idee gegenüber anfänglich skeptisch gewesen war, aber jetzt hätten sie ihren Erfolg doch anerkennen können. Nur dieses eine Mal.
    Aber dieses Jahr würde sie es ihnen schon zeigen.
    Sie hatte vor, das Geschäft im Spätherbst einen großen Schritt weiterzubringen. Im November hatte der Hof zehntes Jubiläum, und sie wollte Arlo überraschen: Sie sparte auf eine Kompostanlage, mit der sie ihre Produktion vermutlich würden verdreifachen können. Die Anlage kostete zwanzigtausend Dollar. Das war eine Ausgabe, die sich die meisten Höfe ihrer Größe nicht leisten konnten. Aber Kathleen hatte von Anfang an stur jeden Monat zweihundert Dollar beiseitegelegt.
    Arlo würde sich unglaublich freuen, das wusste Kathleen, und die Vorstellung ermutigte sie. Kathleen musste an eine Autowerbung aus den Achtzigern denken, in der ein Mann seiner Frau zu Weihnachten einen mit einer großen, roten Schleife verpackten Lincoln schenkt. Kathleen würde vermutlich die erste sein, die eine übergroße Schleife um eine Maschine zur Massenverarbeitung von Kot wickelte.
    Sie stand einen Augenblick gedankenversunken in der Küche, dann griff sie zum Hörer und rief im Büro an, um sich zu vergewissern, dass die fälligen Rechnungen am Freitag rausgegangen waren. Jerry ging ans Telefon, ihr treuer Mitarbeiter, der an sieben Vormittagen die Woche im Büro war. Nachdem sie aufgelegt hatte, blickte sie sich in der Küche um und seufzte. Die Fensterscheiben waren verschmiert, in der Spüle stapelte sich das Geschirr und der Mülleimer quoll über.
    Das Haus war ein einziges Chaos. Arlo und sie wurden den Dreck unter den Nägeln nie ganz los, da konnten sie schrubben, wie sie wollten. Also hinterließen sie überall Spuren: Auf der Kleidung, an den Wänden und auf Büchern. Hundehaare wo man hinsah. Das Bad war vermutlich schon seit Monaten nicht geputzt worden. Sie gab dem Geschäft die Schuld, aber in Wirklichkeit war sie einfach nicht für die Hausarbeit gemacht. Theoretisch hätte sie auch gern ein ordentliches Zuhause wie das von Ann Marie gehabt. Doch dann verglich sie dieses Bedürfnis mit den vielen Dingen, die sie machen konnte, anstatt mit einem Schrubber durchs Haus zu rennen …
    Kathleen setzte in zwei Töpfen Wasser auf: Einen kleinen für ihren Ingwertee und einen großen Kessel zum Dünsten des Wurmfutters. Eines von vielen Dingen, die sie bei ihrer Arbeit über Würmer gelernt hatte, war, dass sie zwar Abfallfresser, aber doch nicht ganz anspruchslos waren. Orangenschalen lehnten sie vollkommen ab und hatten im Allgemeinen für Zitrusfrüchte wenig übrig. Sie hatten es gerne weich und breiig. Wenn sie Zeit hatte, dünstete sie also die Bananenschalen, Karottenenden und Apfelgehäuse, bevor sie sie in die Wurmtonnen kippte.
    Dann nahm sie eine Ingwerwurzel vom Regal und schälte sie am Fenster. Draußen lagen die Hunde nebeneinander im Gras. Sie würfelte den Ingwer, warf ihn in den kleinen Topf und ließ das Wasser köcheln. Dann setzte sie sich wieder an den Tisch und genoss die Stille.
    Sie schlug die Zeitung auf, die Arlo ihr hingelegt hatte, und übersprang die erste Seite und den Kulturteil, bis sie auf die Werbehefte stieß. Kathleen schnitt keine Gutscheine aus, aber die anderen Frauen in ihrer Familie waren darauf so versessen, dass sie es sich nicht abgewöhnen konnte, wenigstens einen Blick darauf zu werfen, falls doch mal etwas Sensationelles darunter war, was natürlich nie geschah. Eine der Anzeigen bot eine kostenlose Packung Zahnseide beim Kauf von fünf Zahnpastatuben an. Als ob Zahnseide eine Investition wäre. Schon komisch, wie wir Menschen reagieren, wenn es etwas umsonst gibt. Ihre Mutter war darin Meisterin: »Ich habe vier Flaschen Ketchup zum Preis von einer gekriegt«, hatte sie vor ein paar Wochen stolz am Telefon erzählt. Wer will schon vier Flaschen Ketchup?
    Kathleen hatte sich vorgenommen, einmal pro Woche mit Alice zu telefonieren, obwohl sich das immer anfühlte, als risse sie jemand brutal aus einem

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