Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sommer in Maine: Roman (German Edition)

Sommer in Maine: Roman (German Edition)

Titel: Sommer in Maine: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. Courtney Sullivan
Vom Netzwerk:
erzählte er etwas von einem Fotoauftrag, wenn er mit Cunningham bis in die frühen Morgenstunden in der Kneipe gesessen hatte. Oder er traf sich mit einer Ex auf ein hochprozentiges Mittagessen und gab es erst zu, als Maggie die hundert-Dollar-Rechnung aus seinem Portemonnaie zutage förderte. Sie zu belügen schien ihm Spaß zu machen, und Maggie fragte sich, ob sie wirklich ein Kontrollfreak war, wie er behauptete, oder ob er eine seltsame Art Mutterkomplex hatte. Oder beides.
    Manchmal verlor sie den Mut und fragte sich, was für ein Mensch er eigentlich war und ob es auf Dauer mit ihnen etwas werden konnte. Wie in der Nacht, in der sie mit den »Gangstern« zu einer Hochzeit in Gabes Heimatstadt in Connecticut fuhren. Es war eine dieser Schickimicki-Hochzeiten, wie sie unter Gabes reichen Freunden üblich waren. Trotzdem benahmen Cunningham und Hayes sich wie – tja, eben wie Cunningham und Hayes.
    Cunningham war schon schlimm genug: Rüpelhaft und nervig, aber wenigstens unterhielt er sich zwischendurch mit Maggie. Hayes wohnte noch bei seinen Eltern und hatte dort einen ganzen Flügel der Villa für sich, inklusive Haushälterin. Die meisten seiner Sätze folgten folgendem Muster: »Scheiß auf irgendwas «. Zum Beispiel fragte Gabe ihn in der Kirche zu Beginn der Hochzeitszeremonie, ob er sein Handy ausgeschaltet hatte, und Hayes antwortete: »Scheiß aufs Handy.«
    Hayes blieb nie lange in einem Job und lebte anscheinend in der Vergangenheit.
    »Wisst ihr noch, als sie Gabe kurz nach der Uni das Auto klauten?«, sagte er beim Abendessen.
    Cunningham prustete: »Klar. Armer Gabe. Aber die Versicherung hat dich gut versorgt. Was hattest du nicht alles im Auto? Eine Tasche brandneue Golfschläger und was war da noch?«
    »Zweitausend CDs«, sagte Hayes.
    Cunningham schlug mit der Faust auf den Tisch. »Genau. Zwei tausend CDs. Muss ein großer Kofferraum gewesen sein. Von dem Geld konntest du anderthalb Jahre auf der faulen Haut liegen.«
    »Ich habe aber gearbeitet.« Gabe tat, als würde er sich verteidigen.
    »Ja klar, neun Stunden die Woche bei Mike’s Imbissbude, weil man da am besten an Koks kam«, sagte Hayes.
    Gabe lachte laut. Er sah Maggie nicht an, und sie spürte, wie sich ihre Muskeln anspannten. Gabe trank zu viel, das war ihr nicht neu. Das Alkoholproblem ihrer Eltern hatte sie dafür sensibilisiert, aber sie wollte nichts dazu sagen. Aber er hatte ihr schon am Anfang ihrer Beziehung versichert, dass er, genau wie sie, keine anderen Drogen angerührt hatte.
    Das Mädchen, mit dem Hayes da war, sah Maggie besorgt an. »Möchte jemand noch Wein?«, fragte sie.
    »Scheiß auf Wein«, sagte Hayes und lachte grunzend.
    Maggie schob den Stuhl zurück, stand auf und sagte, sie wolle jetzt schlafen gehen. Dabei war es erst halb zehn und das Brautpaar hatte noch nicht einmal den Kuchen angeschnitten. Die Gangster und ihre jeweiligen Weibchen blickten alarmiert auf. Gabes große braune Augen baten sie nur, jetzt bloß keine Szene zu machen.
    Er kam erst um vier Uhr morgens nach Scotch stinkend ins Hotelzimmer getorkelt und stieß auf dem Weg ins Bett den Koffer von der Kommode. Er zog sich ungeschickt Schuhe, Hose und Hemd aus und fiel neben ihr ins Bett. Sie lag schon seit Stunden da und hatte die roten Neonminuten auf dem Wecker neben sich vorbeiziehen sehen. Sie wollte eine Umarmung, eine Entschuldigung, aber sie wusste genau, dass sie keines von beidem jetzt bekommen würde und auch, dass es vollkommen sinnlos war, sich mit ihm zu streiten, wenn er betrunken war.
    Er schaltete den Fernseher ein und sah auf höchster Lautstärke irgendeinen stumpfsinnigen Adam-Sandler-Film. Maggies Herz raste und sie spürte die vertraute Mischung aus Traurigkeit und Erregtheit, die immer vor einem Streit in ihr aufstieg. Sie drehte sich zu ihm um.
    »Bitte mach das leiser«, sagte sie kalt.
    »Ist doch gar nicht laut.«
    »Du hast mich geweckt.«
    »Und du hast mich heute Abend zum Affen gemacht«, erwiderte er. »Warum kannst du das nicht lassen?«
    »Ich wusste nichts von Kokain«, sagte sie. »Ich stand sozusagen unter Schock.«
    »Es gibt eine Menge Dinge, von denen du nichts weißt«, sagte er.
    »Ach ja? Was denn zum Beispiel?«
    »Ach, vergiss es.«
    »Mir hast du erzählt, dass du nie Drogen genommen hast«, sagte sie und kam sich vor wie das naive kleine Mädchen im pädagogisch wertvollen Nachmittagsprogramm.
    »Tja, dann hab ich wohl gelogen. Wieder etwas, wofür du mich hassen kannst.«
    Die

Weitere Kostenlose Bücher