Sommer-Sahne. Zwölf schwule Erotikgeschichten. (German Edition)
wieder nach Gran Canaria geflogen!
Ich schlug eine Bremse tot, die sich gerade auf meinem Nacken mit einer Blutmahlzeit bedienen wollte, und wusch mich notdürftig mit Hilfe eines selbst mitgebrachten Feuchtwaschlappens. Ein bisschen Zivilisation musste sein! Mühsam zog ich die Stiefel über und stolperte dann vom Heuboden hinunter. Ich ging hinter die Hütte zum Pinkeln, schüttelte mein Teil ab, packte es mit Bedauern wieder ein – wenn ich gewichst hätte, wäre garantiert einer der Familienväter aufgetaucht und hätte sich beschwert – und schlenderte zurück zur Hütte in den Gemeinschaftsraum. Meine acht Mitwanderer waren bereits versammelt und mampften ihr Quellwasser-Müsli in sich hinein. Ich vermisste meine gewohnten Frühstückseier mit Schinken.
»Hast du schon gehört, Bodo?«, fragte mich Fritz, der glatzköpfige Leiter einer Logistikfirma. »Unser Alois muss zurück, sein alter Vater ist ernsthaft krank geworden.« Alois war das dürre Bergführermännchen. Wie alt mochte dessen Vater wohl sein? Mindestens hundert!
»Ach – so?«, entgegnete ich hoffnungsvoll. Vielleicht wurde die Wanderung nun abgebrochen, und ich konnte ohne Gesichtsverlust noch einen kleinen Erholungsurlaub im Süden anschließen.
»Jawohl! Der neue Bergführer ist schon unterwegs. Wir sollen hier warten, bis die Bergwacht mit einem Hubschrauber kommt und ihn herbringt und den Alois gleich mitnimmt.«
Meine Hoffnungen lösten sich in Bergluft auf. Ich würde also bis zum bitteren Ende durchhalten müssen, wenn ich nicht als Flasche und Schwächling dastehen wollte. Eigentlich bin ich kein Schwächling, ein bisschen Fitness-Studio mache ich schon immer. Ich bin siebenunddreißig Jahre alt, einssiebenundsiebzig groß, blond und sehe ganz passabel aus.
»Dann geht’s hoffentlich bald weiter«, brummte Helmut, ein dünner, älterer Wandervogel, der ein Bruder von Alois hätte sein können. Helmut war immer einer der Ersten auf dem Bergpfad.
»Ich finde es einfach herrlich hier in der guten Luft!«, gab Manfred seinen Senf dazu. »Das gibt richtig Kraft!« Er nannte – wie jeder unweigerlich zu hören bekam – sechs Kinder, eine Ehefrau und zwei Geliebte sein eigen. Sonst sah er recht gut aus, aber … na ja, kein Kommentar!
Inzwischen redeten alle durcheinander. Ich hatte mein Müsli hintergewürgt und stopfte noch schnell eine Kabanossi-Salami nach. Zum Glück hatte ich zu Hause vorgesorgt und ein paar luftdicht verpackte Würste in meinen Rucksack gepackt. Gelangweilt trat ich vor die Hütte und sog die kühle Bergluft ein. Wenigstens roch es im Augenblick nicht nach Kuhfladen.
Hoch am Himmel sah ich den Hubschrauber auftauchen. Es handelte sich um ein kleines, wendiges Modell, in dem gerade zwei Mann Platz hatten. Er hielt auf die Grasfläche vor der Hütte zu. Es war ein beeindruckendes Schauspiel, wie der Pilot geschickt zwischen den hohen Berggipfeln hindurchsteuerte und zielgenau auf dem Grasplatz landete. Die Rotorblätter erzeugten einen kleinen Tornado. Grashalme, Blätter und Erde wirbelten hoch. Ich drückte mich fest an die Hüttenwand, um nicht in den Sog zu geraten.
Der Pilot stellte den Rotor ab. Ein Mann sprang aus der Luke ins Gras, offenbar wohl der neue Bergführer. Fasziniert betrachtete ich den kräftigen Kerl. Er war etwa einen halben Kopf größer als ich und bestimmt nur zwei oder drei Jahre älter. Sein voller, dunkler Lockenschopf schimmerte in der Morgensonne wie Ebenholz. Sein Gesicht war gut geschnitten, und seine braunen Augen leuchteten ziemlich munter. Er trug zünftige Wanderkleidung: Wetterjacke, feste Stiefel, dicke Kniestrümpfe und lederne Kniebundhosen. Der Pilot reichte ihm einen Rucksack hinaus, und er verabschiedete sich.
Bevor ich die angenehme Überraschung so richtig verdaut hatte, stürzte Alois reisefertig aus der Hütte und hastete auf den Helikopter zu. Er schüttelte dem Neuen die Hand und kletterte auf den Copilotensitz. Die Rotorblätter setzten sich wieder in Bewegung. Unter ohrenbetäubendem Knattern hob sich der Hubschrauber vom Boden und schoss über die Gipfel davon.
Der Neue hatte ihm nachgewinkt. Nun wandte er sich um und kam auf die Hütte zu. Ich witterte eine Chance und ging ihm entgegen.
»Hallo und guten Morgen!«, rief ich und streckte ihm die Hand hin. »Schön, dass du so schnell hier sein konntest. Ich bin Bodo!«
Ein fröhliches Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. »Grüß Gott, Bodo! Ich bin der Xaver. Freu mich auf eure Gruppe!«
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