Sommer, Sonne, Ferienglück
Michele.
»Na, um so besser. Ist vielleicht ein Service hier. Also wissen Sie, wenn Sie hier schon solche Treppen haben, dann müßten Sie auch dafür sorgen, daß eine Klingel da ist. Oder soll ich den Koffer alleine hochschleppen?«
»Das sollen Sie natürlich nicht. Aber eine Klingel ist da.«
»Richtig«, schnappte Barbie zurück und brachte dabei das Kunststück fertig, die Mundwinkel nicht einen Millimeter aus ihrer Tieflage zu bewegen. »Und ich hab' gedrückt! – Weiß der Teufel, wie lange ich dort unten stand und drückte. Aber niemand kam. Soll ich den etwa allein …?« Sie deutete auf den Koffer.
Der wiederum, das mußte man zugeben, hatte Kingsize-Format. Und rosa war er auch noch …
»Nun«, meinte Michele und warf Christa einen flehenden Blick zu. Beide wußten, warum man unten den Finger auf die Klingel drücken konnte, solange man wollte: Weil's oben wieder mal drunter und drüber ging, so daß niemand das Klingeln hörte.
»Aber das ist doch wirklich kein Problem. Ich helfe Ihnen gerne …«
»Ach? – Sehr freundlich.« Ironisch klang es.
Michele d'Alessio gab keine Antwort, aber er schleppte. Und Christa setzte Micheles Päckchen auf die ihren und schleppte gleichfalls.
In der Halle rückte sie Anmeldeformular und Gästebuch zurecht.
Michele blieb bei dem rosa Koffer.
»Darf ich vielleicht Ihren Namen erfahren? Sie sind angemeldet, nicht wahr?«
»Natürlich bin ich angemeldet. Ich heiße Rottenkamp, Angela Rottenkamp.«
Es stimmte, Christa brauchte nicht einmal nachzuschlagen. Bei achtundzwanzig Leuten behält man die Namen im Kopf.
»Zimmer acht«, sagte sie. »Wollen Sie sich gleich eintragen?«
Die Begrüßung schien Barbie-Angela vielleicht doch etwas zu sachlich für einen ersten Auftritt am Ferienort, denn nun blühte ein Lächeln auf ihren Lippen: »Ach, das hat doch sicher noch Zeit …« Nun ein anerkennender Blick in die Umgebung: »Schön ist es hier. Hat hier wirklich mal Caruso …? Ich hab' das nachgelesen im Lexikon … Muß ja ein toller Mann gewesen sein, nicht?«
»War er auch«, beschied sie Christa kühl. »Und er hat.«
»Ja dann …«
Dann blieb Michele nichts anderes übrig, als den Koffer wieder aufzunehmen, ihn hinter Angela Rottenkamp den Korridor entlangzuwuchten und Gott dafür zu danken, daß für sie das Zimmer acht und nicht das Zimmer achtundzwanzig reserviert war, denn das lag nicht nur weitab, sondern auch noch im zweiten Stock.
Christa aber blätterte in der Reservierungskartei. ›R‹ – ›Rottenkamp‹ … Soll einer mal Theos Gekritzel lesen! – Da: ›Rottenkamp Angela‹. Und wie alt war die Tussi? Naja, zweiunddreißig. Ein Doppel-Tee-nie. Aber sei nicht ungerecht, wenn's jemand gibt, der zu achten und zu lieben ist, dann der Gast …
Und wie lange haben wir die Ehre, die Dame bei uns zu beherbergen?
Moment mal …
›Drei bis vier Wochen‹ steht da. Was hat da Theo noch hinzugekritzelt? »Gast wird möglicherweise bis Ende August verlängern?«
Mannomann!
»Was ist denn? Was machst du für ein Gesicht?«
Der Herr Avvocato war zurückgekommen.
Sie schob ihm die Karteikarte zu: »Na, lies doch mal!«
»Ich? Das kann ich doch nicht.«
»Diese Dame da, der du den Koffer geschleppt hast, diese …«, sie verschluckte es (achte und liebe den Gast), »jedenfalls, die will womöglich bis Ende August den Gardasee genießen.«
»Na und? Freu dich doch.«
»Schon … Aber ich fürchte, da hat sich der Theo wieder mal ein Eigentor geschossen. Ich kann doch die Frau nicht wochenlang ernähren, ohne daß sie einen Vorschuß auf die Theke legt? Wir hätten das sofort in die Bedingungen aufnehmen müssen.«
»Das kannst du ihr doch sagen, oder nicht? Dazu ist es doch nie zu spät.«
»Schon, aber es ist irgendwie peinlich, daß die Leute nicht Bescheid wissen. Peinlich und meiner Meinung nach auch riskant.«
»Ach, hör mal, so schlimm wird das schon nicht. Weißt du, was sie getan hat? Sie hat mir Trinkgeld gegeben.« Er kramte in den Taschen seiner schicken Armani-Hose: »Hier! Fünf Mark.«
»Einen Heiermann?« staunte sie.
»Einen was? – Na ja, jedenfalls, alleinreisende Damen, vor allem, wenn sie jung, hübsch und Deutsche sind, pflegen nicht mit Trinkgeldern um sich zu werfen. Zumindest nicht in Collano.«
Er zauberte sein D'Alessio-Strahlen in die blauen Augen.
Sie antwortete mit einem grünen Zornesblick: »Jung, hast du gesagt? Ist das dein Ernst? Und daß du auf Blonde abfährst, ist mir auch
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