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Sommer unter dem Maulbeerbaum

Titel: Sommer unter dem Maulbeerbaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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ihre Mutter es taten, wenn Dolores bei einem Gesangswettbewerb gewonnen hatte? »Ich hab gewonnen«, verkündete Lillian.
    Frieda kramte in dem großen Schrankkoffer herum, den sie von Show zu Show schleppten. »Ich kann deine kleine Pistole nicht finden«, sagte sie.
    »Sie ist irgendwo da drinnen«, gab Dolores zurück. »Such weiter.«
    »Ich habe gewonnen«, wiederholte Lillian mit lauterer Stimme und blieb dann mit der Bürste in den Haaren ihrer Schwester stecken. Dolores schrie vor Schmerz auf.
    »Also wirklich, Lillian!«, tadelte Frieda. »Es ist wunderbar, dass du wieder ein blaues Band gewonnen hast, aber deine Marmeladen gewinnen ja schließlich immer, nicht wahr? Kannst du dich nicht nützlich machen und helfen? In zehn Minuten geht deine Schwester auf die Bühne, und man munkelt, dass James Manville im Publikum sitzen wird. Er ist unverheiratet, und er ist reich.«
    Bei dieser Bemerkung sahen sich Frieda und ihre älteste Tochter an und lachten.
    Mit einem Mal konnte Lillian es nicht mehr ertragen, dort zu sein. »O nein!«, rief sie. »Ich hab was ver-
    gessen. Ich muss ...« Beim besten Willen fiel ihr so schnell keine Ausrede ein. Also drehte sie sich einfach um und rannte aus der Arena, und als sie ihre Mutter rufen hörte, lief sie weiter. Sie hatte noch Stunden Zeit, bevor sie »ihn« treffen sollte, und sie wollte allein sein, um sich ganz der Vorfreude hinzugeben.
    »Ich kann’s nicht glauben«, sagte Matt. »Du warst siebzehn, und Manville war wie alt?«
    »Sechsundzwanzig«, antwortete Bailey.
    »Und ich nehme an, du hast dich tatsächlich beim Riesenrad mit ihm getroffen?«
    »O ja.« Bailey schloss die Augen und dachte zurück. Wenn sie alles andere verdrängte, was seitdem geschehen war, und nur an diesen einen wundervollen Tag dachte, dann war das die schönste Erinnerung ihres Lebens. »Ja, ich habe mich mit ihm getroffen und ich hatte einen herrlichen Tag. Jimmy war wie ein kleiner Junge. Es war, als wäre er nie richtig Kind gewesen. Wir haben Karussellfahrten gemacht und er zeigte mir sein Rennauto. Zu der Zeit war er ebenso bekannt für seine waghalsigen Rennen wie für sein vieles Geld. Sie haben extra für ihn die Rennstrecke freigegeben, und er hat mich auf ein paar Runden mitgenommen. Er hat mich sogar ans Steuer gelassen.«
    »Er hat dir gezeigt, dass er dich gern hatte«, sagte Matt leise.
    »Ja«, stimmte Bailey zu. »Er brachte mich zum Lachen, und er hatte mich tatsächlich gern, hatte mich auf die gute, altmodische Art gern. Was ich sagte und tat, gefiel ihm. Mein Aussehen gefiel ihm, und wenn man bedenkt, dass ich fett war und eine Nase von der Größe ...«
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    Matt legte einen Finger auf ihre Lippen. »Manville hat erkannt, wie du wirklich bist. Er hat in dein Inneres gesehen und das fand seine Anerkennung.«
    »Ja«, sagte Bailey. »Manchmal denke ich, Anerkennung ist vielleicht das stärkste Aphrodisiakum der Welt.«
    »Das ist es, wenn man nur wenig davon in seinem Leben bekommen hat«, bemerkte Matt leise. Er hielt ihre Hand und streichelte sie.
    »Das stimmt«, bestätigte Bailey. »Aber es war nicht nur einseitig. Ich habe ein Bedürfnis in seinem Inneren gespürt. Wäre ich älter gewesen, hätte ich es zynisch betrachtet. Ich hätte angenommen, er wäre ein alter Lustmolch, der hinter der Unschuld eines jungen Mädchens her ist. Aber ich war vorher schon einmal von einem älteren Mann umworben worden, und es hatte sich gruselig angefühlt. Jimmy gab mir ein wunderbares Gefühl. Und trotz unseres Altersunterschiedes hatte ich nicht den Eindruck, dass wir so verschieden waren.« Für einen Moment sah Bailey in eine andere Richtung. »Vielleicht kam es daher, dass ich, als ich ihm begegnete, eine reife Frau war, oder zumindest sah ich mich selbst so, und er war ein Mann, der anscheinend um seine Kindheit gebracht worden war.«
    »Wie lange warst du an diesem Tag mit ihm zusammen?«, wollte Matt wissen.
    »Stundenlang. Den ganzen Nachmittag bis in den Abend hinein.«
    »Hat sich deine Mutter denn keine Sorgen gemacht, dass ihre siebzehnjährige Tochter so lange Zeit ganz allein weg war?«
    »Das glaube ich nicht«, erwiderte Bailey. »Schließlich waren Dolores und sie ja auch schwer beschäftigt.«
    »Aber sicher hat ihr doch jemand erzählt, dass ihre Tochter und der berüchtigte James Manville miteinander Karussell fuhren.«
    »Wir kannten niemanden auf diesem Jahrmarkt. Er war in Illinois und wir lebten in Kentucky.«
    »Hm«, sagte Matt. »Erzähl weiter. Was

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