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Sommer unter dem Maulbeerbaum

Titel: Sommer unter dem Maulbeerbaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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Häusern mit Garten konnte sie die Gärtner begrüßen. Bei den Häusern auf den Inseln und am Meer hatten ihr Bootsfahrer zur Verfügung gestanden.
    Ihr Zusammenleben mit Jimmy mochte ja etwas seltsam gewesen sein, aber es hatte ihre Welt ausgemacht, und solange Jimmy bei ihr war, hatte sie es genossen.
    Doch jetzt war sie allein. Niemand war da, mit dem sie reden konnte, niemand, den sie um Rat fragen konnte. Und es gab keinen Sex mehr. Ein Teil von ihr fand, sie sollte Schwarz tragen und wie Queen Victoria für den Rest ihres Lebens ihrem verstorbenen Mann nachtrauern. Doch ein anderer Teil wollte lachen und das Leben genießen - ja, sich sogar mit einem Mann im Bett herumwälzen. Von einem aktiven Liebesleben ins Nichts zu fallen, das tat weh, körperlich weh.
    Langsam zwang sie sich dazu, die Vorratskammer zu verlassen. Ein paar Minuten später saß sie auf den Stufen zur Hintertür und aß eine Schüssel Cornflakes.
    »Wir sind jetzt auf uns allein gestellt, Kindchen«, sagte sie und schaute zum Maulbeerbaum hinauf. Winzige Früchte kamen allmählich zum Vorschein. Von ihrem englischen Gärtner hatte sie gelernt, dass der Maulbeerbaum der vorsichtigste Baum im ganzen Garten ist. Er brachte erst dann Blätter hervor, wenn jegliche Frostgefahr vorüber war. »Behalten Sie den Maulbeerbaum im Auge«, riet man ihr. Wenn es Anfang April war und der Maulbeerbaum Triebe zeigte, konnte man ruhig zarte Setzlinge einpflanzen. War es dagegen ein sonniger Maitag und der Wetterbericht sah keine Anzeichen für Frost, der Maulbeerbaum aber war immer noch kahl, dann blieben die Setzlinge in den Treibhäusern. Und tatsächlich gab es noch späten Frost.
    Was soll ich also heute tun?, überlegte sie. Noch mehr Obst einmachen? Mehr Chutney zubereiten? Auch wenn ich keine Ahnung habe, wie ich alles an den Mann bringen soll?
    Andererseits sollte sie den Tag vielleicht damit zubringen, das herauszufinden, von dem Jimmy wollte, dass sie es herausfand. In den Wochen, seit sie zum ersten Mal die Nachricht gelesen hatte, die er ihr hinterlassen hatte, war sie mit jedem erneuten Lesen ärgerlicher geworden. Finde die Wahrheit heraus über das, was geschehen ist, ja, Sprösschen? Tu’s für mich.
    Die Wahrheit über was. ? Hätte er ihr nicht einen Hinweis geben können, wo sie anfangen sollte? Alle in Calburn nannten die Farm, die er ihr vermacht hatte, das alte Hanley-Anwesen. Was hatte das mit Jimmys Familiennamen Manville zu tun? Natürlich, ging es ihr durch den Kopf, Jimmy hatte vermutlich gelogen, was seinen Namen betraf. Er schien, was seine gesamte Kindheit betraf, gelogen zu haben, warum dann nicht auch bezüglich seines Namens?
    Doch plötzlich riss Bailey die Augen weit auf. Eine Sache gab es, die sogar Jimmy nicht hatte vertuschen können. Im Gesicht trug er eine Narbe, die er unter seinem großen Schnurrbart versteckte, eine Narbe, von der nur sie wusste. Doch das einzige Mal, als sie ihn darauf ansprach, in ihrer Hochzeitsnacht, war Jimmy wirklich böse mit ihr geworden. Daher hatte sie es nie wieder erwähnt.
    Die Erinnerung daran gab Bailey neue Hoffnung. Vielleicht gab es ja tatsächlich eine Möglichkeit, wie sie das ergründen konnte, von dem Jimmy wollte, dass sie es erfuhr - was immer es sein mochte.
    Sie ging ins Haus, stellte ihre leere Schüssel in die Spülmaschine, dann schnappte sie sich Handtasche und Autoschlüssel. Es war an der Zeit, sich einmal die Innenstadt von Calburn anzusehen.
    Doch als sie die Wagentür geöffnet hatte, lief sie aus einem plötzlichen Impuls heraus noch einmal ins Haus zurück und füllte eine leere Erdbeerkiste mit ein paar Gläsern von ihrem Eingemachten. Es konnte nicht schaden, schon einmal damit anzufangen, die Leute von ihren Erzeugnissen kosten zu lassen.
    Wenn sie Calburn mit einem Wort hätte beschreiben sollen, hätte sie gesagt »verlassen«. Oder vielleicht wäre »ausgestorben« genauso zutreffend gewesen.
    Ihre Farm lag etwa zwei Meilen von der Kreuzung entfernt, die die »Innenstadt« von Calburn bildete, und auf dem Weg dorthin sah sie ein leeres Haus neben dem anderen. Große alte Farmhäuser standen abseits der Straße, und ihre breiten Veranden lagen im Schatten von Bäumen, die so gewaltig waren wie Raketenabschussrampen. Bei einigen der Häuser waren die Rasen gemäht, während man andere dem Unkraut und dem Buschwerk überlassen hatte. Hin und wieder sah sie ein Haus, das einen bewohnten Eindruck machte, doch über den meisten hing ein Hauch von

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