Sommerfalle
wieder und kroch zum Küchenfenster. Das Auto war tatsächlich verschwunden. Sie ließ sich auf einen Küchenstuhl fallen und weinte.
Edward fand es sinnlos, vor der Tür auszuharren und zu rufen. Sie war da drinnen, da war er sich sicher. Er könnte die Tür öffnen, er hatte ja einen Schlüssel. Er nahm seinen Kopf in die Hände und presste sie fest gegen seine Schläfen. Das funktioniert nicht so, wie ich es geplant habe, jammerte er stumm. Er ließ die Hände fallen und suchte in den Hosentaschen nach seinen Schlüsseln. Dann drehte er sich um, ging die Stufen hinunter zu seinem Wagen, stieg ein und fuhr langsam die kurvige Zufahrt zurück. Dort, wo diese in den Weg mündete, hielt er an und blieb nachdenklich sitzen.
Rebecca kamen keine neuen Tränen mehr, sie trocknete sich mit dem Ärmel die Augen. Es gab hier keine Papiertücher, also holte sie sich etwas Klopapier aus dem Bad und putzte sich damit die Nase. Hunger, ich bin verdammt hungrig, bemerkte sie. Sie durchsuchte den Küchenschrank und den kleinen Kühlschrank und begnügte sich schließlich mit trockenen Cornflakes und Orangensaft.
Sie kaute Cornflakes und überlegte dabei, wer ihr Verfolger sein mochte. Irgendwo hatte sie mal gelesen, dass Entführer ihre Opfer oft kannten, es sei denn, sie wählten diese aus, um andere zu erpressen. Das hier war mit Sicherheit keine Erpressung, ihre Familie war schließlich nicht reich. Sie zu entführen würde also keinen finanziellen Nutzen bringen.
Aber was war dann der Grund? Wenn man davon ausgehen konnte, dass der Entführer sie kannte, dann musste sie ihn doch auch kennen. Denk nach! Sie hatte doch eben seine Stimme gehört. Hatte sie vertraut geklungen? Nein, sie glaubte nicht. Sie versuchte, sich zu erinnern. War da ein Akzent gewesen? Eine besondere Betonung oder irgendein anderer Hinweis? Nein, nichts. Seine Stimme hatte normal geklungen. Unauffällig.
Nun, die Stimme hatte er absichtlich verstellen können. Und gesehen hatte sie auch nichts von ihm. Er konnte blond, brünett, grauhaarig, fett, dürr, süß oder hässlich sein, sie hatte keinen Schimmer.
Moment, Sarah hatte in der Mall doch jemand gesehen, der sie angestarrt hatte. Wie hatte sie den Typen beschrieben? Rebecca strengte ihr Gedächtnis erneut an. Sie meinte, Sarah hätte gesagt, er sei irgendwie süß gewesen. Sarah selbst war er jedoch abartig vorgekommen, gruselig. Nun gut, das passte schon mal.
Schließ die Türen ab. Rebecca erinnerte sich definitiv, dass Sarah gemeint hatte, du würdest die Türen abschließen wollen, wenn du ihn siehst. Sie warf einen Blick auf die einzige Tür und überzeugte sich noch mal davon, dass sie abgesperrt und durch die Stuhllehne davor blockiert war. Vielleicht sollte sie besser auch die Fenster überprüfen. Daran hatte sie vorher gar nicht gedacht, dabei waren die Schiebefenster ein leichter Weg, um einzubrechen.
Vorsichtig spähte Rebecca erst hinaus, bevor sie hinter die Gardinen griff, um die Fenstersicherungen zu kontrollieren. Kein einziges war richtig gesichert gewesen! Hastig holte sie das jetzt nach.
Danach setzte sie sich zurück an den Küchentisch und legte im Kopf eine Liste ihrer persönlichen Feinde an. Die erste Person, die ihr einfiel, war Tiffany Reynolds, aber die war schon lange weggezogen. Und natürlich war das völlig absurd.
Denk nach. Sie stützte den Kopf in die Hände und konzentrierte sich. War es jemand von ihrem Aushilfsjob? Sie kam großartig mit allen aus, bislang hatte es keinerlei Probleme unter ihnen gegeben.
Und wie stand es mit Joshs Freunden? Sie glaubte, einer von ihnen hätte zwar ein Auge auf sie geworfen, aber er wirkte kein bisschen pervers oder sonderbar.
Denk weiter zurück. Vielleicht jemand von der Junior Highschool? Aber ihr fiel noch immer kein einziges Ereignis ein, das solche fatalen Folgen nach sich ziehen könnte.
Vor Josh war sie in der Highschool nur mit wenigen Jungs ausgegangen. Der einzige, mit dem sie etwas länger zusammen gewesen war, hatte von sich aus mit ihr Schluss gemacht.
Okay, weiter. Ihr fielen nur zwei Jungs an der Highschool ein, die je wütend auf sie gewesen waren: Mike Sylver und Ryan Warner. Sie hatte ein Date mit Ryan platzen lassen, als er im letzten und sie im vorletzten Schuljahr gewesen war. Sie hatte ihn vorher nicht benachrichtigen können, weil sie seine Telefonnummer nicht kannte. Als er bei ihr zu Hause auftauchte, um sie abzuholen, stotterte sie höflich eine Ausrede, um ihn nicht zu verärgern, aber er
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