Sommerfalle
Feuer, die größte Flamme aber erzeugte das Papier. Rebecca eilte in die dunkelste Ecke und schützte dabei die Flamme wie bei einer Kerze. Sie hielt sie über ihren Kopf und schritt von einer zur nächsten Ecke. Stumm betete sie, eine Falltür, eine ausklappbare Leiter oder irgendetwas Ähnliches zu finden.
Edwards scharfe Augen erspähten ihre Fußspuren hier und da neben der Straße, an den Stellen, wo mehr Sand als Schotter lag. Wenn er sie verlor, fand er ein Stückchen weiter wieder neue. Er konzentrierte sich so sehr auf seine Suche nach dem nächsten Abdruck einer Fußspitze oder Ferse, dass er völlig vergaß, nach dem entlaufenen Hund zu rufen. Sobald er sich ihrer Route wieder sicher war, nahm er seine Leier wieder auf.
Nachdem er Rebeccas Spur zum vierten Mal verloren hatte, entschied er, einfach gleich bis ans Ende des Weges zu fahren. Von dort würde er die Suche dann rückwärts starten, um so weniger Zeit damit zu verlieren herauszufinden, ob und wo sie sich möglicherweise in das Dickicht des Waldes geschlagen hat. Er markierte sich die Stelle, wo er ihren letzten Fußabdruck sehen konnte, mit einer Kerbe im Boden, dann stieg er aufs Rad und begann zu rufen: »Hierher. Wo steckst du denn? Jetzt komm schon her.«
Keine hundert Meter entfernt und ein Stück tiefer in der Erde hörte Rebecca das besorgte Rufen eines Hundebesitzers. Sofort schrie sie um Hilfe. Sie stieß das brennende Ende ihrer selbstgebauten Fackel in die Erde, löschte sie so aus, und stellte sich dann direkt unter die Öffnung. Sie sprang in die Höhe, schrie dabei wieder. Dann lauschte sie nach einer Antwort. Das Rufen nach dem Hund klang nun schon ferner, immer gedämpfter, schließlich war gar nichts mehr zu hören.
Vielleicht kommt er zurück, hoffte sie. Oder vielleicht sollte ich bellen, dachte sie und lachte bitter.
Sie legte den Kopf in den Nacken und schrie so laut, wie sie nur konnte. Wieder und wieder.
Edward hörte auf zu rufen, als er das Ende des Weges erreicht hatte. Hier hörten auch die fünfhundert Morgen Land auf, die er gekauft hatte. Er kehrte um und radelte zurück in die Richtung der von ihm markierten Stelle, wieder konzentriert nach einer Fußspur von Rebecca suchend. Noch bevor er die Ausgangsstelle erreichte, hörte er die Schreie. Am Fuß einer großen zur Hälfte zerborstenen Eiche ließ er das Fahrrad fallen und entdeckte einen schmalen Pfad, den wohl das Wild getrampelt haben musste. Er führte zwischen den Bäumen hindurch auf eine Lichtung.
Die schrillen Schreie wechselten sich ab mit einem »Hilfe! Hier unten! Hören Sie mich denn nicht?«. Edward näherte sich vorsichtig. Er irrte umher, bis er die Öffnung entdeckte, durch die Rebecca gestürzt sein musste. Sollte er sich ihr zu erkennen geben? Er war sich sehr unsicher, setzte sich erst einmal auf einen Baumstumpf, um nachzudenken.
Rebecca schrie, bis sie heiser war. Der Mann, der seinen Hund suchte, kam wohl nicht mehr hier entlang zurück, dachte sie. Sie fühlte sich jetzt dem Verdursten nah. Was für eine schreckliche Vorstellung. Das Wasser würde sie aber um keinen Preis mehr anrühren. Schnell zündete sie ihre Fackel wieder an und setzte ihre abgebrochene Erkundung fort.
Edward musste sich überwinden, sich ihr nicht sofort zu widmen. Sie nach Hause zu holen. Er stand vom Baumstumpf auf und ging zurück zu seinem Fahrrad. Rebecca war in Sicherheit, dort, wo sie sich jetzt befand, und er hatte jetzt erst noch ein paar Dinge zu erledigen.
Josh parkte am Einkaufszentrum und lief gehetzt zu Lord & Taylor’s. Da er vor Officer Sylver dort war, streifte er durch das Geschäft, ohne recht zu wissen, wonach er suchte.
Mike Sylver und sein Sohn trafen fünf Minuten später ein. Officer Sylver schien sich nicht gerade darüber zu freuen, dass Josh schon da war und im Laden herumstand wie ein Dieb. Mike nickte ihm zur Begrüßung nur kurz zu und blieb stumm neben ihnen stehen.
Sie gingen zum Ladentisch und warteten ab, bis eine Kundin bedient worden war. Anschließend wies Officer Sylver sich aus und erklärte den Grund seines Besuchs. Die Chefin holte eine weitere Angestellte aus dem Hinterzimmer, und er wiederholte seine Erklärung. Er berichtete ihnen, was Mrs. Randazzo am Samstag beobachtet hatte, und fragte nach Überwachungskameras in ihrem Laden.
Es gab tatsächlich welche, doch mit Bändern, die kontinuierlich durchliefen – und die Aufzeichnungen vom Samstag waren bereits überspielt worden. Der Filialleiterin war jedoch
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