Sommerfest
hinterher. Auf der Brücke war Charlie ganz schnell aus ihren Jeans, stand im Slip da, Autofahrer hupten, Toto schnappte nach Luft, und nicht nur vom Rennen. Er konnte sich gar nicht schnell genug nackig machen, warf einen Blick auf Charlie und hielt sich die Hände vor den Schwanz, aber man sah trotzdem, dass er einen Ständer kriegte. Also kletterte er hastig auf das Brückengeländer und breitete die Arme aus.
»Hier kommt Starek!«, brüllte er. »Weltmeister der Arschbombe!«
Toto machte einen Schritt nach vorne, zog die Knie an und umklammerte sie mit den Armen. Er schrie wie abgestochen und platschte volle Pulle ins Wasser. Stefan sah nach, ob er auch wieder hochkam, Charlie zog sich die Hose wieder an. Toto prustete und lachte und kam sich rattendoll vor. Charlie und Stefan machten sich aus dem Staub. Sie rannten lachend die Straße runter, bogen nach ein paar Hundert Metern in einen Waldweg ein und hockten sich atemlos unter einen Baum.
»Was für ein Idiot!«, keuchte Charlie.
»Ja, aber wir können ihn jetzt auch nicht einfach da zurücklassen«, keuchte Stefan zurück.
»Machen wir auch nicht. Aber mal ein paar Minuten ohne dieses blöde Gerede sind doch ganz erholsam.«
Sie saßen da, bis sie beide ausgekeucht hatten, dann sagte Stefan: »Du warst für mich da, nachdem die Bühler mich so fertiggemacht hat.«
»Das ist eine blöde Schlampe.«
»Du hast es mir ja vorher gesagt.«
»Ich höre auch nicht immer auf dich.«
»Jedenfalls habe ich hier was für dich.«
Das Geschenkpapier war ziemlich zerknittert, weil Stefan das Ding die ganze Zeit in der Hosentasche gehabt hatte. Charlie packte das Lederarmband aus und machte große Augen.
»Das ist cool!«, flüsterte sie.
»Ich hab’s in dem Laden am Bahnhof gesehen und musste an dich denken, wegen der Kordel um deinen Hals und weil du die Einzige bist, die noch mit einem Bonanza-Rad durch die Gegend fährt. Einen Fuchsschwanz für den Bügel hast du ja schon, aber ich finde, wer Bonanza-Rad fährt, braucht ein Lederarmband.«
»Du bist der Einzige, der auf die Idee kommt, einer Frau so etwas zu schenken!«, sagte Charlie grinsend, während sie das Armband anlegte. Sie hielt ihren Arm hoch und drehte ihn ein paarmal hin und her. Dann legte sie Stefan die Hand an die Wange und küsste ihn auf den Mund.
»Nur dieses eine Mal«, sagte sie.
In Stefan wird ein rostiger Schalter umgelegt, und er drückt Charlie an sich, und sie lässt es nicht nur passieren, sondern drückt auch noch zurück, und er fragt sich, wann sich zum letzten Mal etwas so richtig angefühlt hat. Dann aber übertreibt er es, und sie drängt ihn ein wenig weg,und dafür könnte er sich ohrfeigen beziehungsweise, wie Toto es ausdrücken würde, in den Arsch beißen.
»Ich habe mir gedacht«, sagt sie, »dass ich dir hier über den Weg laufe.«
»Du hattest auf der Autobahn kein Netz.«
»Ach, das warst du? Ich habe die Nummer nicht erkannt.«
»Schlimm genug.«
Und bevor sie das vertiefen können, sind die anderen da, Frank und Karin, Thomas und Mandy, Frank und Thomas tragen Getränke, halten die Becher an den Innenseiten fest, sodass die Finger in das Bier hängen, aber wir sind hier beim Fußball, denkt Stefan, wir sind hier zu Hause, da wollen wir uns mal, wie Omma Luise immer sagt, nich für anne Fott packen, also nicht empfindlich sein. Hoch die Tassen, denkt Stefan, und Frank Tenholt sagt tatsächlich: »So jung kommen wir nie mehr zusammen!« Alle lachen, also setzt Karin noch einen drauf: »Wie kommen wir zusammen? Strahlenförmig!« Jetzt fehlt nur noch zur Mitte, zur Titte, zum Sack – zack, zack!, wie in der Szene in Jede Menge Kohle, wo Katlewski, noch püttschwarz, in diese Kneipe kommt, eine Szene wie aus einem Italo-Western. Leider fällt das keinem ein. Nur Charlie guckt ein bisschen so, als würde sie daran denken. Oder an die Geschichte mit der goldenen Schraube.
»Ja, leck mich anne Füße!«, brüllt dafür von hinten der plötzlich aufgetauchte Toto Starek. »Was ist das hier, Klassentreffen, oder was?« Obwohl er nie mit den anderen zur Schule gegangen ist, aber vielleicht meint er das auch gar nicht. Irgendwie ist es jetzt sehr gemütlich. Tagsüber, bei Sonnenschein, Alkohol trinken, und die Frauen trinken mit. Schönes Ding. Dazu passt nun gar nicht das erneutvibrierende Telefon in Stefans Hosentasche, aber im Ignorieren bekommt er langsam Übung.
Vater Tenholt steht plötzlich neben ihnen, wieder mit Dudek, Rogowski und Mehls im Schlepp, die
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