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Sommerfest

Sommerfest

Titel: Sommerfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goosen
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Krankenwagen.

    Die Rudelbildung weitet sich zu einer handfesten Schlägerei aus. Blut auf Trikots. Zuschauer greifen ein. Jagd auf die Asseln vom TuS. Heinz Tenholt und ein paar andere stellen sich dazwischen.
    Polizei und Krankenwagen treffen praktisch gleichzeitig ein. Murat wird auf einer Trage weggebracht. Die Polizei nimmt Personalien auf. Alles geht sehr schnell und gleichzeitig unendlich langsam. Dann wird der Bierstand gestürmt.
    Stefan und Thomas und Mandy und Charlie und Frank Tenholt stehen die ganze Zeit wie festgenagelt, sprachlos und voller Blödheit. Richard und Oskar Tenholt, die angelaufen kamen, als die Schreierei losging, stehen dicht bei ihrem Vater. Karin kommt zurück, Tränen in den Augen. Glatter Bruch, sagt sie. Schien- und Wadenbein. Keiner sagt was, und das findet Stefan jetzt gut, denn man kann nur dummes Zeug labern in so einem Moment, also ist Maulhalten der Königsweg.
    Dann steht Toto Starek da, und für Toto gibt es keine Königs-, sondern nur Holzwege, also labert er. Arschloch, Bein gebrochen, Karriere im Arsch, den Wichser töten. Aber Toto hat Tränen in den Augen, und das schwächt die Scheiße, die er labert, wieder ein wenig ab. Toto ist fertig mit den Nerven, praktisch fertig mit der ganzen Welt und ihrer Ungerechtigkeit, auch wenn ihm das jetzt vielleicht nicht so klar ist, vielleicht aber doch, unterschätzen sollte man einen wie Toto dann auch wieder nicht.
    Gemeinsam gehen sie Richtung Vereinsheim. Was sollen sie hier an der Mittellinie weiter herumstehen. Frank Tenholt legt Toto Starek eine Hand auf die Schulter.
    Vor dem Vereinsheim steht jetzt Diggo Decker und trinkt Bier und wirkt ganz gelassen und ganz ruhig, währendsich um ihn herum alles aufregt. Toto läuft zu ihm hin und redet auf ihn ein, aber Diggo hebt nur eine Augenbraue und sagt dann: »Ein Türkenarsch hat ’nem anderen Türkenarsch das Bein gebrochen. Was interessiert mich der Scheiß!«
    Und Charlie sagt, sie muss jetzt weg hier.

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10
     
    10 Die Tenholts bringen ihre Kinder zu Karins Eltern, die ganz in der Nähe wohnen und zu denen die Kinder auch allein hätten gehen können, aber da sie ein bisschen durcheinander sind von dem, was passiert ist, haben ihre Eltern gesagt, sie bringen sie eben um die Ecke, was dann doch für eine Art verzweifeltes Auflachen gesorgt hat, das ziemlich schnell abgesoffen ist, und jetzt sitzen Stefan, Charlie, Thomas Jacobi und Mandy in dem kleinen Park mit dem Spielplatz, von wo aus man den Förderturm des Bergbaumuseums sehen kann, und warten, da man den restlichen Abend auf jeden Fall gemeinsam verbringen will.
    Stefan fragt Charlie, ob sie immer noch schwimmen gehe.

    Charlie spielt mit dem Lederarmband an ihrem Handgelenk und sagt: »So oft wie möglich. Am liebsten morgens, wenn im Stadtbad noch nicht viel los ist. Ein paar Bahnen Freistil machen den Kopf frei.«
    »Du siehst fit aus.«
    »Ja, vom Schwimmen bekommt man schön breite Schultern. Sieht nur in Abendkleidern nicht so vorteilhaft aus.«
    »Und wie viele Abendkleider hast du mittlerweile?«
    Charlie grinst. »Gar keins.«
    »Hab ich mir gedacht.«
    Hand in Hand tauchen die Tenholts jetzt am Eingang des Parks auf, schweigend wartet der Rest, bis sie herangekommen sind.
    »Das mit dem Fußballspielen kann er jetzt vergessen, oder?«, fragt Thomas Jacobi.
    »So ein Bein wächst aber auch wieder zusammen«, sagt Mandy.
    »Ob er wieder Leistungssport betreiben kann, hängt aber davon ab, ob es ein glatter Bruch war oder ob da was gesplittert ist«, sagt Karin Tenholt. »Sah aus wie ein glatter Bruch, aber Genaueres kann man erst nach dem Röntgen sagen.«
    »Frage ist, ob er seinen Vertrag schon unterschrieben hat«, sagt Frank Tenholt.
    »Heißt das, sie geben ihm keinen, wenn er noch keinen hat?«, will Charlie wissen.
    »Na ja«, sagt Stefan, »der Verein könnte argumentieren, dass Murat fahrlässig gehandelt hat, weil er bei so einem Kreisligakick mitgemacht und damit eine Verletzung riskiert hat.«
    »Er hätte auch vom Bus angefahren werden können«, sagt Charlie.

    »Ist er aber nicht«, gibt Stefan zurück.
    Mehr gibt es nicht zu sagen, also sagen sie nichts, sondern sitzen nur herum, und da ist es dann wieder: dieses uralte Gefühl eines Samstagabends im Sommer. Die Ahnung jugendlicher Trägheit, die Erinnerung an die damals nicht so wahrgenommene Offenheit des Lebens, die auch mal in Langeweile umschlagen konnte. Kein Beruf, keine Kinder, weit weg davon, die Großartigkeit eines solchen

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