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Sommerfest

Sommerfest

Titel: Sommerfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goosen
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kurzem a, was das Beschriebene irgendwie kerniger macht. Spaahß ist was für Kinder. Spass für Erwachsene von hier.
    »Wann war denn das ungefähr?«
    »Gib noch mal her«, sagt Omma Luise, greift nach dem Buch und hält es sich dichter vor die Augen. »Die Marianne sieht aus, als wär sie acht oder neun, also muss das dreiundfünfzig oder vierundfünfzig gewesen sein. Der Willy, der Manfred und ich, wir sind noch da. Die andern …«
    Stefan legt ihr eine Hand auf die Schulter.
    »Komm, Junge«, sagt Omma Luise, »jetzt ist mal gut. Lass uns gehen.«

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16
     
    16 Das geht ja schon mal gut los. Beziehungsweise überhaupt nicht, sondern Stefan hat den Kaffee auf, bevor sie auch nur einen Fuß auf diese Asphaltwurst gesetzt haben, die sich da platt gekloppt durch die Gegend zieht und noch nie etwas anderes gebracht hat als Stress und Dreck. »Also wenn ihr auf der Brücke steht«, hat Frank Tenholt gesagt, »dann guckt ihr Richtung Essen. Da seht ihr einen gelben Ballon, und genau da drunter sitzen wir.«
    Jetzt steht Stefan mit Omma Luise auf der Brücke und guckt erst mal Richtung Dortmund, weil sie ganz ordentlich die Spur gewählt haben, die man üblicherweise für die Auffahrt mit dem Wagen benutzt, Richtung Essen kann man aber nur gucken, wenn man die Spur nimmt, die für die Ausfahrt vorgesehen ist. Dass man hier heute Dinge tunkann und darf, die sonst verboten sind, haben sie noch nicht verinnerlicht.
    Richtung Dortmund verschwindet die Autobahn erst mal in diesem Tunnel, den es früher nicht gab, aber dann hat man einfach einen Deckel auf die Autobahn gemacht, um die Anwohner vor dem Lärm zu schützen, was obendrauf den ganzen Stadtteil verändert hat, weil man Leute, die einem gegenüberwohnten, plötzlich besuchen konnte, ohne durch die halbe Stadt gurken zu müssen, was ja praktisch eine Art Mauerfall gewesen ist, denkt Stefan, auch wenn das keiner so gesehen hat, ist halt einfach ein Deckel auf einer Autobahn, was soll die Aufregung.
    Obwohl es natürlich schon so ist, dass die Leute einen Begriff von ihren Vierteln haben. Da ist die Geschichte, die Stefan vor fast zwanzig Jahren mal beim Friseur gehört hat. Der Friseur hat von seiner Großmutter und ihrer Schwester erzählt, die beide im Stadtteil Grumme aufgewachsen sind, genauer gesagt im, sagen wir mal Unterstadtteil Vöde. Und da muss Stefan kurz innehalten, weil er sich freut, dass er dieses Wort nicht googeln muss, denn Vöde ist das alte Wort für Viehweide. Der weiß Bescheid, der Stefan Zöllner, das ist so ein ganz Heimatverbundener. Jedenfalls ist die Schwester der Großmutter irgendwann von Vöde tiefer nach Grumme reingezogen, auf die andere Seite der damals noch nicht gedeckelten Autobahn, und da sagte die Großmutter irgendwann zu ihrer Schwester, sie könne jetzt nicht mehr so viel mit ihr anfangen, denn: »Du wohnst ja jetzt bei denen !«
    »Die tun ja, als würde es hier was umsonst geben«, sagt Omma Luise und fragt: »Wo müssen wir denn jetzt hin?«
    »Moment!«, sagt Stefan, klettert über die Leitplanke, geht bis zum Geländer und blickt endlich Richtung Essen,und da sieht er auch den gelben Ballon. Auf den Spuren Richtung Essen stehen Bierzeltgarnituren, an denen Menschen sitzen, die unterschiedliche Aktivitäten entfalten, die alle zusammen etwas Kulturelles bilden sollen. Die Fahrspuren Richtung Dortmund sind für Fußgänger und Radfahrer. In weiten Bögen führen Aus- und Auffahrt von der Autobahn weg, beziehungsweise zu ihr hin. Eine schon jetzt erstaunliche Anzahl von Menschen ist zu Fuß unterwegs. Das verspricht so ein Karnevals- oder Vatertagsding zu werden, also eine Ausrede, mal wieder richtig auf die Pauke zu hauen, weil man sich ja sonst nichts gönnt, und das Leben und überhaupt, ach, was will man machen. Stefan erinnert sich daran, dass er nur hier ist, weil er im Wort steht und weil er Zeit totschlagen muss. In einem Buch, das er kürzlich gelesen hat und das während eines Volksfestes im Hessischen spielt, hat eine Figur gedacht, dass Zeit totschlagen eigentlich die falsche Formulierung sei, gehe es doch hier eher um ein langsames Strangulieren, und das war der Punkt, an dem ihn das Buch gepackt hat, weil das ja nun mal unwiderlegbar richtig ist.
    Aber egal jetzt, er ist hier, er muss da durch, in ein paar Stunden sitzt er im Zug, und heute Nacht steht er bei Anka auf der Matte und erklärt ihr, was er für ein Idiot gewesen ist. Morgen dann das Casting, und wenn er die Rolle bekommt, muss man es ja

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