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Sommerfest

Sommerfest

Titel: Sommerfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goosen
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aufwächst, das ist ja keine Kunst, das zu erschmecken. Als er das zweite Glas ansetzt, verrutscht das Geschirrtuch ein wenig, aber niemand reagiert. Stefan erkennt eine Flasche mit einem französischen Etikett, aber da die Franzosen mit Bier nichts am Hut haben, wohl aber die Belgier, tippt er, vorgeblich wegen der Süße des Gebräus, auf Belgien als Herkunftsland, was ihm denBeifall der Umsitzenden einbringt. Das dritte identifiziert er als süddeutsch, und es gibt einen kleinen Applaus und obendrauf eine Urkunde. Jetzt hat er auch noch ein Bierdiplom. Stefan Zöllner – einer, der es geschafft hat. Einer, den man kennen muss. Grenzenkenner, Biergourmet, Nutzer einer Fahrkarte mit Zugbindung. A Lover, not a fighter.
    Als er sich umdreht, stößt er fast mit einer Gruppe von sechs Frauen zusammen, die einen Bollerwagen hinter sich herziehen. Darauf steht eine kleine Wanne voller Eis und darin liegen unzählige Flaschen »Kleiner Feigling«. Mit großem Hallo wird Stefan umarmt.
    »Schöner junger Mann!«, sagt eine, die mindestens fünfzehn Jahre jünger ist als Stefan.
    »Stößchen!«, ruft die andere und drückt ihm einen schon geöffneten Feigling in die Hand.
    »Uuuuund EX !«, ruft die erste.
    Alle drei legen sie den Kopp in den Nacken. Sauzeug, denkt Stefan. Schmeckt nicht, wirkt nur. Die vier anderen Frauen applaudieren. Stefan will wissen, wie die Spenderinnen heißen.
    »Sabine«, sagt die erste.
    »Sabine«, sagt die zweite.
    Obwohl die anderen das schon längst wissen müssen, lachen sie sich halb tot. Grund genug, noch einen zu stürzen.
    Die beiden Sabines sind, wie die anderen vier, sehr schön und dem warmen Wetter entsprechend gekleidet, weshalb Stefan am liebsten mit ihnen ziehen möchte, um zu sehen, was der Tag noch bringt. Weiter könnte man ziehen, über Dortmund hinaus, nach Norden dann, an die See, in einem reetgedeckten Friesenhaus eine Kommune eröffnen, Stefan Zöllner und sechs Frauen, die von Ackerbau und Viehzucht leben und nebenher einen kleinen Hofladen fürÖkoprodukte betreiben, aber da haben sie ein weiteres Opfer gefunden, und Stefan denkt, dass es so wohl auch am besten ist.
    Als Stefan diesmal zum Tenholt-Tisch zurückkommt, blickt Karin gerade auf und lächelt ihn an, also setzt er sich hin und befragt seine Uhr, wie lange er hier noch absitzen muss.
    »Wir müssen jetzt echt mal los«, sagt Frank Tenholt, »und uns ein bisschen was angucken. Es wird unglaublich was geboten.«
    Omma Luise sagt, sie sitze hier sehr gut und es sei doch schön, sich anzugucken, wer so alles an einem vorbeilaufe, da kriege man genug zu sehen.
    Jetzt ziehen ein paar Fußballfans vorbei und singen ein Lied auf den VfL, obwohl der doch gerade abgestiegen ist, aber wenn man nur singt, wenn es einem gut geht, ist man wohl kein Fußballfan. You only sing when you’re winning soll ja in England ein beliebter Schmähgesang gegen gegnerische Fans sein, wenn denen ein Rückstand die Lust am Singen versaut hat.
    Stefan denkt, dass er zu den Menschen um sich herum ein Verhältnis hat wie ein Fan zu seinem Fußballverein. Wegen der Charlie-Sache ist er sauer auf sie, aber er kommt nicht von ihnen los, die hat er am Hacken, bis er stirbt, zumindest sind sie so tief eingelagert in sein Leben, in seinen Erinnerungen, dass er sie nicht vergessen könnte, selbst wenn er sie von heute an nie wiedersehen würde.
    »Ja, leck mich fett, guck mal, wer hier so faul auf seinem Arsch sitzt und in die Sonne blinzelt!«
    Die imposante Gestalt von Diggo Decker wirft einen breiten Schatten auf den Asphalt, und Diggo hat sein Äffchen Toto dabei. Hinter ihnen Diddi aus Dortmund. Didditrägt zusätzlich zum weißen Trainingsanzug heute eine verspiegelte Pilotenbrille. Besser gelaunt als gestern, als Stefan und Toto den Schrank aus Diddis Nachbarwohnung geholt haben, wirkt er nicht.
    »Ich kenn den!«, sagt Diddi und zeigt auf Stefan. »Irgendwoher kenn ich den!«
    »Der hat gestern den Schrank bei euch abgeholt«, sagt Diggo. »Zusammen mit El Spacko dem Dritten hier!«
    »Das ist der Stefan«, meint Toto beziehungsweise El Spacko der Dritte. »Der ist Schauspieler!«
    »Echt jetzt?«, fragt Diddi. »Muss man den kennen?«
    »Du kanntest ihn jedenfalls nicht, Superhirn!«, sagt Diggo.
    Diddi ist verwundert. »Ein Schauspieler, der nach Dortmund kommt und ’nen Schrank abholt? Karriere würde ich das nicht nennen.«
    »Mach meinen Kumpel nich an«, sagt Diggo. »Wenn du dich an einem abreagieren willst, dann nimm El Spacko,

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