Sommerflammen

entschuldige mich nicht dafür, dir zu dei-
    ner kein bisschen extremen Uberrektion die Meinung gegeigt zu haben.«
    »Damit wären wir quitt.«
    »Dann passt ja alles. Was für ein Sonnenuntergang!«
    Sie stand neben ihm und sah zu, wie die Sonne über den westlichen Gipfeln unterging und in einem Meer aus Rot- und Goldtönen versank.
    »Ich muss sie nicht mögen. Und trauen muss ich ihr erst recht nicht.«
    »Du stellst dich an wie ein Hund, der seinen Knochen nicht hergeben will, Rowan.«
    »Vielleicht. Aber es ist und bleibt nun mal mein Knochen.«
    Manchmal ist Schweigen auch eine Antwort, dachte Gull. »Wie ich hörte, ist Dollys Vater auf dich losgegangen.«
    »Das ist längst vergeben und vergessen.«
    »Wohl kaum.«
    »Mischst du dich etwa schon wieder in meine Angelegenheiten ein, Gull?«
    »Wenn du es so nennen willst. Du hast Mitleid mit einem Mann, der gerade eine schwere Zeit durchmacht. Von mir aus kommt er diesmal noch damit davon. Aber ansonsten legt sich niemand mit meiner Freundin an.«
    »Mit deiner Freundin? Ich bin nicht deine Freundin.«
    »Bewundern wir nicht gerade gemeinsam den Sonnenuntergang? Und werden wir nicht mit großer Wahrscheinlichkeit später zusammen im Bett landen?«
    »Mal ganz abgesehen davon, dass …«
    »Hör auf damit.« Er nahm ihr Kinn und zog sie an sich, um sie zu küssen. »Damit bist du meine Freundin.«
    »Meine Güte, Gull!«
    Wortlos legte er ihr den Arm um die Schultern und lief weiter. »Apropos Bett: Gehen wir zu dir oder zu mir?«
    Als es dämmerte, setzte sie die Sonnenbrille ab und ließ sie am Bügel hin- und herbaumeln. »Manche Leute lassen ich von so viel Selbstbewusstsein einschüchtern.«
    »Aber du gehörst nicht dazu.«
    »Nein, da hast du Glück gehabt. Mir gefällt das. Lass uns …« Als es plötzlich laut knallte, zuckte sie zusammen. ■Meine Güte, was ist denn?« Sie keuchte vor Schreck, als Gull sie zu Boden riss und sich auf sie warf.
    »Unten bleiben«, befahl er und sah, wie sich in knapp drei Metern Entfernung eine Kugel in den Boden bohrte. -halt dich an mir fest. Wir rollen uns über den Boden.« Sobald sie ihre Arme um ihn geschlungen hatte, rollten sie sich unbeholfen hinter einen der vor dem Hangar geparkten Wagen.
    Ein drittes Mal zerriss ein Knall die Luft, und es pfiff über ihre Köpfe.
    »Woher kommt der Schuss? Kannst du das sagen?«
    Gull schüttelte nur den Kopf und schützte sie nach wie vor mit seinem Körper, während er auf den nächsten Schuss wartete. Aber die Sekunden verstrichen, und es blieb still, bis Schreie und eilige Schritte laut wurden.
    »Um Himmels willen, runter auf den Boden. Geh in Deckung«, rief Gull. »Da ist ein Scharfschütze unterwegs.«
    Dobie schoss auf den Wagen zu und ließ sich zu Boden fallen. »Wurdest du getroffen? Wurdest du - Gull, Scheiße, du blutest!«
    Rowan zuckte unter ihm zusammen. »Geh runter! Geh runter! Lass mich gucken!«
    »Ich habe mir nur die Haut am Asphalt aufgeschrammt. Ich wurde nicht angeschossen. Unten bleiben!«
    »Ein Gewehr.« Dobie ging auf alle viere. »Ich kann das hören. Der Schuss kam vermutlich aus den Bäumen da drüben. Nur gut, dass der Kerl ein lausiger Schütze ist, denn ihr beide habt wirklich ein ideales Ziel abgegeben.«
    »He«, rief Trigger vom anderen Ende des Hangars aus. »Wurde jemand verletzt?«
    »Es geht uns gut«, rief Rowan. »Bleib, wo du bist. Vielleicht wartet er nur darauf, dass ihm jemand vor die Flinte läuft.«
    »L.B. hat bereits die Polizei verständigt. Bleibt, wo ihr seid.«
    »Verstanden. Geh von mir runter, Gull.«
    »Er hat dich genau im richtigen Moment erwischt«, bemerkte Dobie anerkennend, als Gull von ihr herunterrollte. »Er hat nämlich Football auf der Highschool gespielt - Quarterback.«
    »Tatsächlich?«, murmelte Rowan, als sie Gulls Arm umdrehte, um die blutigen Schrammen an Ellbogen und Unterarm zu inspizieren. »Du hast echt Kraft in den Armen.«
    »Basketball hat mir besser gefallen«, sagte Gull im Plauderton. »Leider war ich dafür nicht groß genug. Ich war schnell, aber einfach zu klein, bis ich im Abschlussjahr richtig in die Höhe geschossen bin. Heute ist Baseball mein Lieblingssport. Damals war ich ein ziemlich guter Werfer.«
    Vielleicht lenkt ihn das Reden von seinen Schrammen ab, dachte sie. Die mussten höllisch brennen.
    »Ich dachte, du warst ein Leichtathletik-Crack.«
    »Ja, aber ich mag auch andere Sportarten.«
    Rowan musterte ihn im Dämmerlicht. »Wir sitzen hinter einem verdammten Auto,