Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sommerglück

Sommerglück

Titel: Sommerglück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
Vom Netzwerk:
beiden gehabt hatten, aber sie weigert sich bis heute, darüber zu sprechen. Sagt, ich würde ihr nur die Schuld in die Schuhe schieben wollen, dass sie wütend geworden sei und den Tod ihrer Mutter verursacht habe.«
    »Stimmt das denn?«
    Dan starrte ins Feuer, dann schüttelte er den Kopf. »Nein.«
    »Warum hat sich Eliza so aufgeregt?«
    »Ich weiß es nicht. Sie konnte es noch nie leiden, zu warten – Besorgungen, wie zur Bank, zur Post oder zur Bücherei zu gehen, sind ihr lästig. Sie hat wenig Geduld. Bestimmt hatte ihre Mutter die eine oder andere Besprechung, und Eliza hasste es, wenn sie sich in die Länge zogen. Es wäre besser gewesen, Charlie hätte Eliza gar nicht erst mitgenommen. Aber ihre Unterschrift wurde gebraucht …«
    »Ihre Unterschrift?«
    »Eliza ist die Nutznießerin des Treuhandvermögens, das Charlies Familie angelegt hat. Charlie war Treuhänderin dieses Trusts, aber es gibt noch ein paar kleinere Konten, die Eliza direkt gehören. Und Charlie brauchte an dem Tag ihre Unterschrift für irgendwelche finanziellen Transaktionen.«
    »In Black Hall? Bei welcher Bank denn? Seans?« Bay runzelte verwundert die Stirn.
    »Ja. Die Konten wurden schon vor Jahren dort eingerichtet, als Obadiah Day seine Schiffe in Black Hall baute, und nie nach Mystic verlegt.«
    Bay hörte stumm zu. Die Realität drängte sich mit einem Mal zwischen sie, dunkel wie ein Stern, der vom Himmel gefallen und erloschen war. Sie hatte keine Ahnung, was es zu bedeuten hatte, aber ihre Kehle war plötzlich wie zugeschnürt; lag es daran, dass er nicht freiwillig mit dieser Information herausgerückt war? Dass Bay sogar jetzt noch nachhaken musste?
    »Kannte sie … Sean?«
    »Ja. Er war einer der beiden Treuhänder ihres Vermögens. Er hatte die Aufgabe ein paar Jahre vor seinem Tod übernommen, ich glaube, von einem Mitarbeiter der Bank, der in den Ruhestand gegangen war.«
    »Henry Branson«, sagte Bay. »Er war der Präsident der Bank; er hatte Sean eigenhändig ausgewählt und mit der Betreuung seiner wichtigsten Kunden betraut.«
    Sie sah zu, wie die Funken flogen, im Rauchabzug verschwanden. Auf dem Kaminsims standen gerahmte Fotos: Sean mit den Kindern auf seinem Boot, am Strand, auf dem Floß, er winkte, hielt den Fisch hoch, den sie alle gefangen hatten. Bay blinzelte und wandte sich wieder Danny zu.
    »Hat er –« Es fiel ihr schwer, die Frage in Worte zu kleiden, und sie senkte den Kopf, doch dann hob sie den Blick und machte einen zweiten Anlauf. »Hat er Elizas Geld unterschlagen?«
    »Nein. Hat er nicht«, erwiderte Dan leise.
    Bay nickte. Ihre Hände waren klamm; sie hatte befürchtet, Danny würde ihr etwas über Sean sagen, was sie nicht hören wollte. Ihre Augen brannten vor Zorn und ungeweinten Tränen. Dan schien ihre Empfindungen zu spüren, war selbst aufgewühlt, streckte den Arm aus und nahm ihre Hand. Die Kerzen brachten seine Augen zum Leuchten, sie wirkten tiefblau in dem sanften Licht.
    »Charlie war auf dem Heimweg von der Stadt?« Bay wollte nun auch den Rest der Geschichte hören.
    »Ja. Sie hatten Besorgungen und einen Einkaufsbummel gemacht. Eliza schweigt sich bis heute über die Einzelheiten aus, aber ich weiß, dass sie die Route 156 nahmen und am Straßenrand anhielten, direkt hinter Morton Village. Unmittelbar nach dem steilen Abhang, wo die Straße einen Knick macht –«
    »Eine üble Kurve.« Bay hatte das Gefühl, als ob ihr das Blut in den Adern erstarrte.
    »Ja«, sagte Danny. »Wohl wahr … Charlie stieg aus irgendeinem Grund aus. Eliza und sie hatten sich gestritten; sie wollte Eliza wohl Zeit geben, sich zu beruhigen. Charlie hasste Auseinandersetzungen und tat alles, um ihnen aus dem Weg zu gehen. Sogar auszusteigen und ihre Tochter an einer so unübersichtlichen Stelle im Wagen sitzen zu lassen … Das war alles, was Eliza gleich nach dem Unfall sagte, bevor sie sich weigerte, darüber zu sprechen. Sie hatte einen Schock erlitten, einen ganzen Monat lang war nichts aus ihr herauszubringen.«
    »Armes Kind«, flüsterte Bay.
    »Sie musste den Unfall mit ansehen. Sie saß auf dem Beifahrersitz, während ihre Mutter auf die andere Straßenseite wechselte. Sie rief ihr etwas nach. Sie schrie ihre Mutter an, sofort zurückzukommen und sie gefälligst nicht alleine zu lassen. Charlie hatte ihr den Rücken zugewandt, als sie die Route 156 überquerte – keine Ahnung, wohin sie wollte, es gibt dort nichts. Keine Geschäfte, keine Restaurants – die sind alle in

Weitere Kostenlose Bücher