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Sommerglück

Sommerglück

Titel: Sommerglück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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Stöhnen drang über ihre Lippen.
    »Hilf mir«, hörte sie sich murmeln.
    Falls Dan es gehört hatte, ließ er sich nichts anmerken. Er hielt sie in den Armen, wiegte sie am Feuer. Bay schloss die Augen und klammerte sich an ihn, an diesen Augenblick. Sie dachte an ihren Ausspruch und wie sehr sie seinen Beistand brauchte, wie sehr sie sich um ihre Kinder sorgte, vor allem um Annie, und wie allein sie sich jeden Abend fühlte.
    Dan zog sie noch näher an sich, als wollte er sie nie mehr loslassen. Er brauchte offenbar genauso viel Beistand wie sie, die erste große Liebe ihres Lebens. Die Uferpromenade, die sie gebaut hatten, war nur wenige Schritte entfernt, und Bay dachte an die Planken, die sie Seite an Seite verlegt, an die Nägel, die sie eingeschlagen, und an die Nähe, die sie geteilt hatten, vor langer, langer Zeit, und sie dachte an neulich Abend im September, auf dem Wasser.
    Diese Nähe spürte sie auch jetzt wieder.
    Und sein klopfendes Herz sagte ihr, dass Dan das Gleiche empfand.
     
    Unter dem hell erleuchteten Sternenhimmel, unterstützt von zwei Taschenlampen, bahnten sich Annie und Eliza ihren Weg durch den Wald.
    Nachts war alles ganz anders als bei Tag: Augen, die im Unterholz glühten. Rotwild, Waschbären … Geräusche – knackende Zweige und raschelnde Blätter:
Die Monster waren zurückgekehrt.
Fledermäuse schwirrten auf der Jagd nach Mücken durch die Luft, vollführten einen makabren Reigen, wie eine Achterbahn.
    »›Der Wald ist herrlich, dunkel und wild‹«, zitierte Eliza.
    Annie zitterte nach Elizas vorheriger Eröffnung noch immer und blickte über ihre Schulter, verdutzt darüber, die Zeile aus dem Lieblingsgedicht ihres Vaters zu hören. »›Doch Versprechen, die noch unerfüllt‹«, fuhr Annie fort.
    »›Begleiten mich mit jedem Schritt, bevor auf leisen Sohlen der Schlaf eintritt.‹«
    »›Begleiten mich mit jedem Schritt, bevor auf leisen Sohlen der Schlaf eintritt.‹«
    Sie hatten die Lichtung am Strand erreicht, und nun gaben die dichten Bäume den Blick auf das Sternenzelt frei. Am nächtlichen Himmel schwang der Jäger sein blitzendes Schwert, während andere sagenumwobene Konstellationen weißes und blaues Feuer versprühten. Annie erinnerte sich an die Geräusche, die sie am Nachmittag vernommen hatten, und versuchte, die Angst aus ihren Gedanken zu verdrängen. Die Füße der Mädchen knirschten auf dem Sandboden, und der Strahl ihrer Taschenlampen huschte über den Strand, der vor ihnen lag.
    »Da sind sie wieder«, flüsterte Eliza kaum hörbar und ergriff Annies Hand.
    »Ich dachte, dass ich mir das vielleicht nur einbilde«, flüsterte Annie zurück.
    »Nein. Du hörst sie also auch? Das freut mich – weil das bedeutet, dass ich nicht verrückt bin.«
    »Vielleicht sind es irgendwelche Jungen, die uns nachschleichen, das haben mein Dad und seine Freunde früher bei meiner Mutter und Tara auch gemacht.«
    »Glaubst du?« Elizas Stimme klang atemlos. »Ich hoffe es. Nein – das muss jemand anderes sein, Annie. Echte Menschen, keine Fantasie-Trolle. Los, schnell, lass uns umkehren. Oh Gott …«
    »Schaffen wir es?« Annie war vor Angst wie erstarrt, als sie jemanden flüstern hörte. Die Stimme war sehr leise, und sie spitzte die Ohren, aber die Worte verloren sich im Wind, der vom Meer herüberwehte, und im Geräusch ihres eigenen, rasenden Herzschlags. Eliza drückte ihre Hand, zog sie zum Pfad zurück.
    Plötzlich war da eine lautere Stimme – sie kam aus einer anderen Richtung, aus der kleinen Bucht. Waren sie umzingelt? Annie keuchte in blindem Entsetzen.
    »Hast du das gehört?«
    »Schau doch –« Eliza deutete auf eine Schar Wildgänse, die in einer V-Formation am Himmel entlangflogen und dabei laute Schreie ausstießen.
    Annie stand wie angewurzelt da; das Herz schlug ihr bis zum Hals, und sie wollte glauben, dass die Geräusche, die sie gehört hatte, von den Vögeln stammten. Doch als die Gänse verschwunden waren und wieder Stille am Strand einkehrte, wusste sie, dass es keine gute Idee gewesen war, hierherzukommen.
    »Komm, Eliza«, sagte sie entschlossen und nahm ihre Hand. »Lass uns nach Hause gehen.«
    Eliza widersprach nicht. Sie schien die gleiche Angst zu verspüren, lief voran, den dunklen Pfad hinab, nach Hause.

[home]
    23
    D a es an der Küste beinahe eine Woche lang jeden Tag regnete, machte sich Bay die aufgeweichte Erde zunutze, um einige Pflanzen und Büsche auf Firefly Hill zu versetzen. Es goss in Strömen, als sie

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