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Sommerglück

Sommerglück

Titel: Sommerglück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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anders.
    »Ja«, sagte Mark.
    »Das kannst du dir nicht leisten. Und ich auch nicht.«
    »Je länger wir warten –«
    »Ich weiß«, fuhr Alise ihn an. »Ich weiß, ich weiß. Hör auf damit.«
    »Meinst du, dadurch verschwindet das Problem von alleine?«
    Ich bin kein Problem, ich bin ein Mädchen
, dachte Eliza und kämpfte mit dem Isolierband. Wenn sie nur mit ihnen reden, sich Gehör verschaffen könnte, würde sie ihnen vor Augen führen, dass sie einen Fehler begingen. Sie würde nichts verraten; sie würden nicht ins Gefängnis müssen.
    »Dieses Problem löst sich nicht in Wohlgefallen auf«, sagte Alise. »Deshalb müssen wir uns darum kümmern. Bisher war alles ein Kinderspiel. Papierkram, bis Sean alles vermasselt hat.«
    »Sie ist kein Papierkram.«
    »Ich weiß. Herrgott! Deshalb ist die ganze Sache ja so – verfahren.«
    Eliza hörte, wie sich jemand auf dem Vordersitz bewegte, sich nach ihr umdrehte, während der Van weiterfuhr. Konnten sie nicht sehen, dass sie ein Mensch aus Fleisch und Blut war, ganz wie ihr Vater? Sie hob die gefesselten Füße, ließ sie scheppernd auf den Boden des Wagens fallen.
    »Himmel noch mal, ich halte das nicht mehr aus«, stöhnte Mark.
    »Wir haben keine andere Wahl!«, zischte Alise. »Reiß dich zusammen. Es dauert nicht mehr lange. Wir sind gleich da, und die Flut ist hoch genug.«
    »Das hier ist anders als bei Sean. Sie verblutet nicht –«
    »Die Geschichte auf dem Boot war ein Unfall. Wer konnte denn damit rechnen, dass er sich wie ein Verrückter zur Wehr setzt?«
    »Wir hätten ihn auf dem Boot lassen sollen«, erwiderte Mark bitter. »Dort wäre er gestorben, und niemand wäre auf dumme Gedanken gekommen.«
    »Außer, dass er möglicherweise nicht gestorben wäre. Lass uns doch den Tatsachen ins Auge sehen. Er hatte eine kräftige Konstitution, war noch bei Bewusstsein. Und dieses ständige Gerede über sie –« Eliza konnte beinahe spüren, wie auf sie gedeutet wurde.
    »Sie ist doch noch ein Kind«, sagte Mark leiser.
    »Du hörst dich langsam an wie Sean. Möchtest du im Gefängnis landen?«
    »Nein.«
    »Na also …«
    Eliza hatte sich mucksmäuschenstill verhalten, aus Angst, die beiden in Rage zu bringen, aber plötzlich verließen sie Logik und Vernunft; in ihrer Panik und Todesangst begann sie wild um sich zu treten, zu schlagen und zu schreien, soweit es das stickige, klebrige Isolierband erlaubte.
    »Bring es zu Ende«, sagte Mark. »Herrgott, ich halte das nicht mehr aus.«
    »Du brauchst einen klaren Kopf«, erwiderte Alise; sie schien das Fenster heruntergekurbelt zu haben, denn plötzlich spürte Eliza einen Schwall kalter Luft, wunderbar erfrischend, in dem maronenfarbenen Todesvan, der immer noch fuhr, aber langsam, immer langsamer.
     
    Annie ging nach unten, zum Küchentisch. Hier hatte sie das Modellschiff gebastelt; hier gab es eine Kiste mit Schere, Klebstoff, Papier und Farben – Bastelzubehör, als Beschäftigung für die ganze Familie an Regentagen.
    Sie nahm die kleine Modell-Dory und schüttelte sie erneut. Seltsam: Sie hatte das Boot eigenhändig gemacht, es bestand nur aus verleimtem Holz, hatte weder Nägel noch bewegliche Teile.
    Sie inspizierte es genauer, aber alles schien an seinem ursprünglichen Platz zu sein: Fugen, Rahmen, Planken, nichts hatte sich gelöst.
    Die Uhr zeigte bereits zwölf Minuten nach zwölf. Zwölf Minuten nach Mitternacht.
    Sie kippte das Boot auf die Backbordseite, hörte etwas rollen und gegen die linke Seite prallen; als sie es auf die Steuerbordseite kippte, rollte es nach rechts.
    Das Modell bestand aus Balsaholzstreifen, auf dünne Rahmen geklebt; den Boden hatte sie ausgesägt und sorgfältig in das Boot eingepasst, so dass ein strapazierfähiges Deck entstand. Als sie es nun unter dem hellen Küchenlicht in Augenschein nahm, entdeckte sie Kratzer in der Farbe – als hätte jemand versucht, den Boden aufzustemmen.
    »Was machst du denn da?«, fragte Tara, die gerade die Küche betrat.
    »Ich versuche nur, etwas herauszufinden«, sagte Annie geistesabwesend. Tara sah ihr kurz zu, dann ging sie zum Ofen und setzte den Wasserkessel auf.
    »Möchtest du Tee?«
    »Nein danke«, antwortete Annie, obwohl sie die Frage tröstlich fand.
    Sie griff in die Kiste mit dem Bastelzubehör, um die lange Pinzette herauszuholen, die Billy in den zwei Monaten benutzt hatte – was ihr eher wie zwei Minuten vorkam –, in denen er Briefmarken sammelte. Er hatte zu Weihnachten ein Anfängerset geschenkt

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