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Sommerglück

Sommerglück

Titel: Sommerglück
Autoren: Luanne Rice
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ihr beim Einsteigen zu helfen, aber sie hatte sie nicht genommen.
    Sie sah belustigt aus, als sie ins Boot kletterte. Und ließ sich bis zum Ende des Hafens und zurück rudern. Der Tag war sonnig und wolkenlos gewesen, Fische sprangen in der kleinen Bucht, und Schwäne schwammen um die Moorings. Ihm war, als sei das alles erst gestern gewesen, und er hatte damals das Gefühl gehabt, dass Charlie es als große Ehre für ihn betrachtet hatte, als sie ihm das Vergnügen ihrer Gesellschaft machte.
    Dieses Gefühl hatte er im Grunde heute noch.
    Sie hatten geheiratet – vielleicht hatte sie darin eine Chance gesehen, bis zu einem gewissen Grad zu rebellieren. Lass dich nie mit einem Bootsbauer ein, der eine eigene Firma besitzt; heirate lieber den Angestellten und schenke ihm eine Firma, die er leiten kann. Gab es eine bessere Möglichkeit, einen Menschen mit Haut und Haaren zu besitzen?
    Er hatte nie aufgehört, sie zu lieben, hatte nie seine Bemühungen aufgegeben, sie glücklich zu machen. Und tief in seinem Inneren hatte er sich gewünscht, im gleichen Maß wiedergeliebt, als ebenbürtiger Partner betrachtet zu werden. Aber Charlie hatte nie jemanden getroffen, der ihr wirklich ebenbürtig war. Man kannte sie als reiche Erbin von Day Consolidated. Und wenn nicht, genügten fünf Minuten in ihrer Gesellschaft, um zu erkennen, dass sie einer anderen Liga angehörte. Einer Liga, die Inbegriff des Ausspruchs war, mit einem goldenen Löffel im Mund geboren zu sein. Und in dieser Liga hatte Dan die Rolle übernommen, sie zu beschützen, als ihr Ehemann und Angestellter. Er hatte das arme kleine, reiche Mädchen unter seine Fittiche genommen.
    Dan hatte sich im letzten Jahr häufiger gefragt, was es zu bedeuten haben mochte, dass sie sich zum ersten Mal in ihrer Ehe für etwas brennend zu interessieren schien, was nicht sie selbst oder ihr Heim betraf. Die Bank und das Bankwesen hatten sie fasziniert. Sie redete sogar davon, noch einmal die Schulbank zu drücken, um Betriebswirtschaft zu studieren.
    Tag für Tag war sie zur Shoreline Bank gefahren, um sich in aller Ausführlichkeit über ihre Konten, über ihren und Elizas Trust zu informieren. Nachdem sie es jahrelang anderen überlassen hatte, ihr Leben – und ihr Vermögen – zu verwalten, hatte Charlie begonnen, beides selbst in die Hand zu nehmen.
    Obwohl Dan sich über ihren Elan gefreut hatte, konnte er spüren, wie sie ihm entglitt. Es waren die kleinen Dinge, die ihn verwirrten und verletzten. Manchmal, wenn er am Abend nach Hause kam, telefonierte sie seelenruhig weiter, Block und Bleistift bereit, um sich Notizen zu machen. Oder war das Ganze eine Verschleierungstaktik gewesen? Hatte seine Frau versucht, dadurch eine Affäre mit Sean McCabe zu vertuschen?
    Seit Dan von dem Kuss wusste, war er der Überzeugung, dass vermutlich beides eine Rolle gespielt hatte. Im Bootsbau hatte er es ausschließlich mit absoluten Größen zu tun: Gravitationszentrum, Gesamtlänge, Mast, Skizze. In der Liebe wie auch in der Ehe gab es keine festen Größen, nach denen man sich richten konnte, nur Grauzonen, wie beim Segeln im Nebel.
    Aber im Nebel zu segeln kann eine Offenbarung sein,
dachte er, während er Bay im Arm hielt.
Man ist gezwungen, sich auf seine Sinne zu verlassen, um den Heimweg zu finden: Man riecht den Duft der Kiefern an Land, hört die Glockenbojen, spürt, wie der Wind dreht und abflaut, wenn man sich dem Ufer nähert.
    Wenn Charlie und er in ihrer Beziehung nur mehr auf solche Dinge geachtet hätten. Und wenn sie eine bessere Ehe geführt hätten, wäre Charlie vielleicht heute noch am Leben und Eliza zu Hause.
    Der Gedanke bewirkte, dass er Bay noch fester an sich drückte. Sie hatte nie einen Hehl aus ihren Empfindungen gemacht – aufrichtig zu sein war für sie so unabdingbar wie das Atmen.
    Dan betete um die Gelegenheit, in Zukunft mehr auf solche Dinge achten zu können – bei Bay, bei Eliza. Er sehnte sich nach der Chance, seiner Tochter der beste Vater der Welt zu sein. Er würde alles tun, damit sie ihre innere Stärke entdeckte und erkannte, was für ein wunderbarer Mensch sie war. Damit sie nie mehr das Bedürfnis hatte, sich selbst zu verletzen.
    Es versetzte ihm einen Stich, wenn er an sie dachte, irgendwo dort draußen. Die Zeit schien zu verrinnen, und Eliza befand sich in einer furchtbaren Gefahr. Die Uhr in seinem Kopf tickte und tickte. Die Welt, selbst die Küste, war riesig, wenn es galt, jemanden zu suchen. Wenn er nur eine Ahnung
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