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Sommerhaus mit Swimmingpool

Sommerhaus mit Swimmingpool

Titel: Sommerhaus mit Swimmingpool Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herman Koch , Pößneck GGP Media GmbH
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von meinem Zustand verraten.
    Julia blinzelte mit den Augen. Das Lächeln war verschwunden. Sie biss sich auf die Unterlippe.
    »Ja«, sagte sie. »Wenn du meinst.«

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38
    Und das taten wir. Wir fuhren in aller Frühe los und waren gegen Mitternacht zu Hause. Lisa ging in ihr Zimmer, um noch etwas zu spielen, und Julia unter die Dusche – wieder mindestens eine Viertelstunde – und legte sich dann ins Bett. Sie schlief fast sofort ein.
    Caroline hatte eine Flasche Wein aufgemacht. Mit zwei Gläsern und den Käsewürfeln, die wir an einer Tankstelle gekauft hatten, legte sie sich neben mich aufs Bett; es war das erste Mal seit unserer Abreise vom Sommerhaus, dass wir allein waren.
    »Was machen wir jetzt?«, fragte sie.
    Unterwegs hatten wir kaum gesprochen. Julia hatte die meiste Zeit im Auto geschlafen, und Lisa hatte auf dem iPod Musik gehört. Ich hatte Zeit genug gehabt, über alles nachzudenken.
    »Vorläufig nichts«, sagte ich. »Das ist, glaube ich, das Beste.«
    »Aber sollten wir nicht jetzt hier mit ihr ins Krankenhaus gehen? Oder auf jeden Fall zu einem Spezialisten?«
    Sie hatte das letzte Wort so beiläufig wie möglich ausgesprochen, sie wusste, was ich von Spezialisten hielt und wie empfindlich ich auf Zweifel an meiner medizinischen Kompetenz reagierte, vor allem wenn sie von meiner eigenen Frau kamen.
    »Weißt du«, sagte ich, »es täte ihr nicht gut, wenn sie jetzt noch weiter untersucht würde. Du musst mir in dieser Hinsicht vertrauen, es gibt keine bleibenden Schäden. Über die psychischen Folgen lässt sich jetzt noch nichts sagen. Sie erinnert sich an nichts mehr. Die Leute im Krankenhaus würden tausend Fragen stellen und alles ganz genau wissen wollen. Ein Spezialist genauso. Hier bei uns fühlt sie sich geborgen. Bei dir und mir. Bei ihrer Schwester. Ich bin wirklich davon überzeugt, dass Ruhe im Moment das Beste ist. Wir sollten die Zeit für uns arbeiten lassen.«
    »Aber ist es normal, dass sie sich an nichts erinnert? Ich meine, wäre es nicht letztendlich besser für sie, auch wenn die Erinnerung wehtut? Wie schädlich ist es, wenn etwas für immer im Unbewussten begraben bleibt?«
    »Das wissen wir nicht. Das weiß niemand. Manche Leute haben etwas Schreckliches erlebt, es aber so konsequent verdrängt, dass sie ein ganz normales Leben führen können. Man kann natürlich durch Hypnose oder Ähnliches Erinnerungen aktivieren, aber hier besteht auch die Gefahr einer totalen Überforderung.«
    »Aber wir wollen doch wissen, was passiert ist, oder? Vielleicht nicht jetzt gleich, aber wir wollen es doch wissen.«
    »Wollen wir das wirklich?« Ich hielt ihr mein leeres Glas hin, und sie schenkte nach.
    »Mir wird ganz schlecht, wenn ich nur daran denke … Solche Dreckskerle sollte man für den Rest ihres Lebens einsperren. Den Schlüssel einfach wegwerfen …«
    »Natürlich will auch ich es wissen. Aber wir dürfen darüber einfach nichts riskieren, was nur noch mehr Schaden anrichtet. Jedenfalls vorläufig.«
    Auf unserem Spaziergang am Bach war ich eine Weile neben Julia hergegangen. Ich hatte so beiläufig wie möglich den Nachmittag am Swimmingpool erwähnt, den Wet-T-Shirt-Contest. »Ich stand am Küchenfenster und habe euch gesehen.Ich musste so lachen.« Und Julia hatte nachdenklich die Stirn gerunzelt. Als hörte sie das zum ersten Mal. »Wann war das?«, hatte sie gefragt.
    »Marc …«, Caroline hatte ihr Glas auf dem Nachttisch abgestellt und mich am Handgelenk gefasst.
    »Ja?«
    »Glaubst du … Glaubst du, dass … Ich meine, wir haben darüber gesprochen, am Strand. Glaubst du, Ralph ist zu so was fähig?«
    Ich antwortete nicht gleich, tat so, als würde ich nachdenken. Ich seufzte tief und rieb mir mit dem Fingerknöchel das linke Auge. Es tat nicht mehr weh, es juckte nur noch.
    »Ich habe auch daran gedacht«, sagte ich, »aber er kommt eigentlich nicht infrage. Ich war die meiste Zeit bei ihm, und danach ist er ziemlich bald zurückgefahren. Ich habe das mal durchgerechnet. Das würde zeitlich einfach nicht hinhauen – der ganze Weg hin und zurück von Strandbar zu Strandbar. Und dann noch mit dem Knie.«
    »Ja, ich habe gesehen, dass er humpelte«, sagte Caroline. »Was ist passiert?«
    »Wir waren mit den Raketen beschäftigt, und eine ist ziemlich nah bei ihm explodiert. Er ist umgeknickt und hat sich das Knie verdreht.«
    Ich kniff die Augen zusammen. Ich hörte den Rand des Weinglases gegen Carolines Zähne schlagen.
    »Ich wollte eigentlich

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