Sommerhit: Roman (German Edition)
ich und verzog das Gesicht so weit wie möglich. Die beiden anderen nickten. »Aber nicht genauso. Minka ist eine Schlagersängerin, aber auch eine Chansonette – irgendwo dazwischen, ein bisschen ist sie auch eine Rockerin. Und aus gutem Grund ist sie keine Liedermacherin.«
»Mehr«, warf Mike ein. Und dann sang er kurz: »Lügen sind nie für i-hi-hi-mmmer.«
»Sie hat ihre Nische gefunden. Und nach allem, was ich höre, will sie die noch weiter ausbauen, mit dem kommenden Album.«
»Gold«, sagte ich säuerlich.
Mein Manager ignorierte das, wie so häufig. »Du willst gute Texte mit anspruchsvoller Musik verbinden, aber die Texte stehen für sich. Das Pop-Zeitalter klingt gerade aus. Dieseganzen überproduzierten Nummern, der Klangbrei, die Experimentiererei mit Geräuschen, die Drei-Akkord-Melodie im Vordergrund. Das hat sein Ende. Mach das, was Jackson Browne auf »Hold Out« getan hat, weniger discoartig, aber mit ähnlicher Dynamik, die Stimme im Vordergrund und dazu frische, zurückhaltende Melodien ohne viel Firlefanz, aber mit Substanz.«
»Also doch.«
»Nein, du verstehst mich falsch.« György schnaufte. »Stefan Waggershausen, Heinz Rudolf Kunze, meinetwegen sogar Rainhard Fendrich mit »Zwischen eins und vier«, nur etwas poppiger, rockiger und markanter. Der Musiker als Transportdienstleister für seine Botschaft. Sei Gold, aber überlass es dem Publikum, was sie daraus machen.«
Ich sah ihn an und wollte erst etwas wie »Leute, ihr versteht nicht, was ich tun will« sagen, biss mir aber auf die Zunge.
Ich verteilte die Arrangements – ein gefälliger Kompromiss aus meinen Ideen und Györgys Ansprüchen – an Mike, der die Rhythmusgitarre spielen sollte, und die drei Studiomusiker, die György gebucht hatte, und freute mich, dass Marko unter ihnen war. Ich schwatzte kurz mit ihm, aber wir mieden das Kernthema, bis er sagte: »Minka hat mich rausgeworfen. Sie baut für die nächste Tour eine völlig neue Band.«
Er sagte das emotionslos und undramatisch, denn er hatte ohnehin nur Honorare bekommen – und nebenher schon immer als Studiomusiker gearbeitet. Schließlich dauerte eine Tour, Proben mitgerechnet, nur drei, vier Monate alle anderthalb bis zwei Jahre, und die Aufnahmen zu einem Album nahmen auch selten mehr als ein paar Wochen in Anspruch.
Und so entstanden die Demos für fünf Songs, fünf von etwa zweihundert, die ich – die für Minka nicht mitgerechnet – während der vergangenen Jahre geschrieben hatte. Ich spielte Gitarreund sang, erstmals solo und zu eigener Musik. Am Anfang unserer Session unterbrach György ständig, monierte meine zurückhaltende Darbietung, nahm mich mit raus auf die Straße und sang mir dort, mitten auf dem Bürgersteig, eines meiner eigenen Stücke vor, mit beeindruckender Stimme.
»Kapierst du es? Du bist nicht mehr Background bei Minka. Du bist Foreground – du bist Martin Gold!«
Nachts in der Kneipe, derselben, in der ich damals Minka kennengelernt hatte, waren sogar die drei Studiomusiker dabei.
»Das wird gut«, sagte Marko.
Ich packte seine Schulter und schüttelte sie dankbar. Marko grinste anzüglich. »Du bist nicht mein Typ.«
»Und ich mag keine Kokser.«
Er lachte nur.
Mike nahm meine Gitarre und ging zum Tresen. Im Laden saßen zwanzig Leute, auf der mikroskopischen Bühne stand noch ein Schlagzeug in Minimalausstattung – Basstrommel, Snare, Hihat und Tomtom.
»Kommt, wir probieren es aus«, sagte Mike, als er vom Tresen zurückkehrte.
Und so kam es, dass Martin Gold seine gerade eingespielten fünf ersten Songs nachts um halb zwei auf derselben Bühne darbot, auf der er fünf Jahre vorher als Musiker debütiert hatte. Es war nicht so, dass anschließend alle Gäste schreiend auf die Straße rannten, um der Welt mitzuteilen, eben Zeugen von etwas Erhabenem geworden zu sein, aber sie applaudierten lange, obwohl wir uns ein paar Mal auch verspielten, und fünf oder sechs Menschen kamen anschließend zu mir, weil sie ein Album kaufen wollten, das es gar nicht gab.
Noch nicht.
Anschließend ging es recht fix, und ich bereute nicht, den ungarischen Ex-Geheimdienstler doch noch angerufen zu haben, denn er machte seine Sache wirklich exzellent, ohne mir je zu verraten, was genau er eigentlich tat. Zwei Companys meldeten Interesse an, erst zaghaft, verbunden mit äußerst zurückhaltenden Meinungen dazu, welche Verkaufschancen Martin Gold hätte, aber als sich herumsprach, dass es zwei Bieter gab, sogar ein dritter
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