Sommerküsse voller Sehnsucht
nämlich, dass ich so viel allein bin. Ich stelle es mir schön vor, mit netten Leuten zusammenzuarbeiten. Ich hatte mal einen Job in einer Reinigung, und der Kontakt zu den anderen Frauen hat mir unheimlich viel Spaß gemacht. Ich war immer für die Näharbeiten zuständig, weil alle fanden, ich hätte so geschickte Finger.«
Bron spielte mit der Weinkarte und überlegte, was sie antworten sollte. »Die Arbeit im Salon würde mir auch viel mehr Spaß machen, wenn ich die Leute mögen würde. Meine Chefin ist kaum älter als ich, aber ganz schrecklich. Die anderen Mädchen sind noch jünger und stecken ständig die Köpfe zusammen. Ich bin eigentlich ziemlich auf mich allein gestellt.«
Elsa trank einen Schluck und ließ Bron weiterreden.
»Nimm zum Beispiel mal den Tag heute. Eine meiner Stammkundinnen, eine nette Frau um die fünfzig, wollte gern mal anders aussehen. Wir haben uns zusammen die Farbkarten angeschaut und überlegt, welcher Haarton zu ihr passen könnte, als Sasha plötzlich kam, mir die Karte aus der Hand riss und meinte: ›Sie sollten diese Farbe nehmen, Mrs. Aldroyd.‹« Bron trank ebenfalls einen Schluck. »Ihr Vorschlag war ganz grauenvoll.«
Elsa lachte. »Welche Farbe war es denn?«
»Gott, es war ein Grauton! Damit hätte Mrs. Aldroyd ausgesehen wie hundertzwanzig.« Bron kicherte. »Wir mussten warten, bis Sasha weg war, um uns in Ruhe was anderes auszusuchen. Und dann …« Brons Stimme wurde nun lauter, »ist sie irgendwann wiedergekommen, hat gesehen, dass wir ihren Vorschlag nicht umgesetzt haben, und ist völlig ausgeflippt.« Sie trank noch einen großen Schluck und seufzte. »Mrs. Aldroyd würde sicher zu mir kommen, wenn ich mich selbstständig machen würde.«
Elsa nickte nachdenklich. »Was sagt Roger denn zu deiner Idee? Du hast doch sicher mit ihm darüber gesprochen, oder?« Nachdem sie Bron und Roger zusammen erlebt hatte, war sie da ein bisschen skeptisch.
»Er hält mich für verrückt. Er ist ein typischer Buchhalter, der keinerlei Unsicherheit ertragen kann. Wahrscheinlich würde er darauf bestehen, meine Buchhaltung zu übernehmen, und dann würde er mir ständig in den Ohren liegen, dass ich zu wenig Geld verdiene.« Sie verzog das Gesicht. »Ich fände es schrecklich, von ihm abhängig zu sein. Jetzt habe ich wenigstens ein festes Einkommen.«
»Es wäre am Anfang vielleicht etwas schwierig. Aber ich bin sicher, du würdest dir bald einen festen Kundenstamm aufbauen und mehr verdienen als jetzt. Stylistinnen sind doch viel gefragter als Schneiderinnen. Zum Friseur gehen die meisten Frauen alle sechs Wochen, doch ein Kleid lassen sie sich nur ein einziges Mal im Leben schneidern.«
»So habe ich das noch nie gesehen.« Bron nahm sich eine Olive aus dem kleinen Schälchen, das der Kellner ihnen auf den Tisch gestellt hatte. »Aber du hast natürlich recht. Ich weiß nur nicht, ob ich Roger auch überzeugen könnte.« Vorsichtig entfernte sie den Stein aus der Olive und nahm wieder die Weinkarte zur Hand. »Er wäre gar nicht begeistert, wenn ich noch häufiger bei Hochzeiten jobben würde. Das würde ja bedeuten, dass ich gar keine Zeit mehr für sein Kricket hätte.«
»Das klingt aber sehr egoistisch.«
»Nein, nein, es ist schon okay«, widersprach Bron. »Ich wusste ja von Anfang an, dass er Kricketspieler ist. Außerdem spielt er nur im Sommer und ausschließlich samstags.«
»Und was macht ihr sonntags? Spaziergänge, Picknicks?«
»Wir fahren immer zum Mittagessen zu seinen Eltern. Ich mag seine Mutter«, meinte Bron. »Soll ich dir noch was einschütten?«
»Ja, bitte. Ich muss ja nicht fahren. Und du auch nicht. Du könntest ja sogar ein Taxi nehmen.«
»Willst du mich etwa verführen?« Lachend füllte Bron beide Gläser nach. Sie würde den Abend genießen, schließlich hatte sie nicht häufig Gelegenheit, mit Freundinnen auszugehen.
»Ja«, antwortete Elsa lächelnd.
In diesem Moment kam Sarah herein. »Es tut mir schrecklich leid, doch ich wurde aufgehalten.« Sie küsste beide Frauen auf die Wange und ließ sich auf einen Stuhl fallen.
»Wäre ein Glas Weißwein okay? Und ein Teller Pasta?«, fragte Elsa lachend.
Sarah nickte. »Aber wir sollten auch unbedingt eine Flasche Wasser bestellen.«
»Haben wir schon.«
»O Gott, ich benehme mich wirklich wie eine Oberlehrerin, oder? Das wollte ich nicht.« Sarah trank einen Schluck aus irgendeinem Glas, um deutlich zu machen, dass sie ab sofort von ihrer Rolle als Chefin zurücktrat.
Ein paar
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