Sommerkussverkauf
gekauft.«
Es war, als sei sie wieder sieben. Ihr Vater würde sich niemals ändern.
»Du meinst, er hat seiner Sekretärin aufgetragen, zu Harvey Nichols zu laufen und mir ein Geschenk zu besorgen.« Aber Kate konnte nicht böse sein, dazu war sie zu sehr daran gewöhnt. Außerdem waren es womöglich Schuhe. Warum nicht? Alles, was die Aufmerksamkeit von ihrem Gesicht ablenkte, war einen Versuch wert.
11 . Kapitel
Der nächste Morgen war noch heißer. Oliver wurde gegen Mittag erwartet, daher war Estelle nach Bath in einen großen Supermarkt gefahren. Marcella arbeitete an diesem Tag nicht. Kate war allein im Haus – abgesehen von Norris, der nicht zählte. Sie hatte einen rosa Bikini angezogen und war zum Pool gegangen. Nach einigen unsteten Runden hatte sie sich auf eine der Liegen gelegt. Allein zu schwimmen machte keinen Spaß.
Kate schloss die Augen und erinnerte sich an einen magischen Sommer vor langer Zeit, als sie und Maddy Harvey endlos in eben diesem Swimmingpool gespielt hatten. Damals waren sie wie Schwestern gewesen. Im Jahr darauf war Kate nach Ridgelow Hall geschickt worden, und sie hatte neue Freundinnen gefunden. Sie erinnerte sich an den brütend heißen Nachmittag, als sie und zwei ihrer neuen besten Freundinnen vor dem Süßigkeitenladen auf Maddy gestoßen waren. Wie alt waren sie damals gewesen? Elf, vielleicht zwölf? Sie hatte ihren Begleiterinnen einen Stoß versetzt und fröhlich gerufen: »He, Lust zu schwimmen?«
Maddys schmales, kleines Gesicht hatte aufgestrahlt. »Au ja, das wäre klasse.«
Daraufhin hatte Kate affektiert – ja, bei Gott, affektiert – gegrinst und gesagt: »Dann geh und spring in den Fluss. Und tschüs!«
Damals war es ihr komisch vorgekommen. Sie und ihre Freundinnen hatten sich angesichts der Enttäuschung in Maddys Gesicht vor Lachen gekrümmt. Jetzt krümmte sich Kate innerlich angesichts der Erinnerung. Es gab kein Entkommen – sie war eine versnobte, kleine Zicke gewesen, verführt von der Mein-Daddy-ist-reicher-als-dein-Dad-Mentalität ihrer Mitschülerinnen. Als sie einmal in das prachtvolle Elternhaus eines der Mädchen eingeladen worden war und entdeckt hatte, dass deren Pool doppelt so groß war wie der ihrer Eltern, hatte sie ihr abrupt die Freundschaft gekündigt, um sie nicht nach Dauncey House einladen zu müssen.
Eine Wolke schob sich vor die Sonne. Kate öffnete die Augen einen Spaltbreit. Überrascht schrie sie auf, denn es war überhaupt keine Wolke; der Schatten auf ihrem Gesicht stammte von einem völlig Fremden, der …
»Tut mir leid, tut mir leid, ich wollte Ihnen keine Angst einjagen. Mein Gott, wofür müssen Sie mich halten? Ich dachte ehrlich, dass Sie schlafen. Tut mir leid, mein Fehler. Ich habe an der Tür geklingelt, aber es hat sich niemand gemeldet.«
Kate starrte ihn an. Wenn er ein Einbrecher sein sollte, dann war er der freundlichste Einbrecher, dem sie je begegnet war.
»Wer sind Sie?«
»Will.« Er lächelte, streckte die Hand aus und schüttelte dann heftig die ihre. Als ihn Kate immer noch verständnislos ansah, sagte er: »Will Gifford. Sie müssen Kate sein. Schön, Sie kennenzulernen. Ach herrje.« Er hielt inne und schüttelte traurig den Kopf. »Er hat es Ihnen nicht gesagt, oder?«
»Wer hat mir was nicht gesagt?«
»Ihr Vater. Mein Gott, es tut mir so leid. Ich bin davon ausgegangen, dass er mich erwähnt hat.«
Er war außerdem der schüchternste Einbrecher, dem sie je begegnet war.
»Einen Augenblick. Sie haben an der Tür geklingelt und niemand hat geöffnet. Also haben Sie angenommen, dass keiner zu Hause ist, und haben beschlossen, kurz den Garten zu inspizieren?«
»Meine Güte, wenn man es so formuliert, klingt es schrecklich. Also, ich habe die Haustür nicht aufgebrochen, ich bin nur um das Haus herumgelaufen. Wissen Sie, ich wusste ja nicht, wie lange ich würde warten müssen. Oliver hat mich eingeladen. Mein Koffer ist im Wagen.«
Sein Koffer? »Wollen Sie damit sagen, dass Sie hier
wohnen
werden? Meine Güte, darf ich mal fragen, wer Sie eigentlich sind?«
Will Gifford sah nicht aus wie ein Geschäftspartner ihres Vaters. Er musste Mitte dreißig sein, war groß und unbeschreiblich schmuddelig. Er trug zerknitterte, schwarze Hosen und ein ausgebeultes, ungebügeltes Karohemd. Sein dunkelbraunes Haar stand büschelweise in alle Himmelsrichtungen ab und seine Brille erinnerte stark an Harry Potter. Insgesamt vermittelte er den Eindruck eines ungelenken, übergroßen Schuljungen,
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