Sommerlicht Bd. 1 Gegen das Sommerlicht
Unterstützung der anderen um sie kümmern könnte«, fügte Keenan hinzu.
»Soll das heißen, keine von ihnen sagt jemals nein?«, fragte Ashlyn ungläubig.
»Doch, natürlich tun sie das – nicht zu Keenan, aber zu uns.« Nialls Blick verriet ihr, dass er ihre Frage ebenso wenig nachvollziehbar fand wie Keenan. »Aber dann sind ja immer genug andere da. Das sind Sommermädchen , meine Königin. Sommer steht für Vergnügungen, Leichtlebigkeit …«
»Schon klar«, unterbrach sie ihn. »Also ist dein Volk …«
» Unser Volk«, warf Keenan ein.
»Richtig. Unser Volk ist also ganz schön freizügig?«
Jetzt lachte Keenan. »Ja, natürlich … Aber wir tanzen auch viel, musizieren, amüsieren uns …« Er nahm sie, wirbelte sie im Kreis herum und legte seinen Zauber für einen Augenblick ab, so dass sie in warmes Sommerlicht getaucht wurde. »Bei uns geht es nicht so eisig zu wie am Hof der Winterkönigin oder so grausig wie bei den Dunkelelfen. Und auch nicht so steif wie am Hof des Lichtes, der sich in seiner Anderswelt verkriecht.«
Ashlyn registrierte, dass die Wachen sie anlächelten und glücklicher wirkten, als Keenan lachte. Auch sie selbst war glücklicher und fragte sich, ob es wohl daran lag, dass sie jetzt ebenfalls zum Hof des Sommerkönigs gehörte.
Sie schüttelte ihre wohlige Trägheit ab und fragte: »Diese Elfen, die anderen wehtun, gehören also nicht zu uns?«
Keenans Lächeln verschwand ebenso schnell, wie es erschienen war.
»Die meisten nicht, aber manche schon. Wenn wir erst stark sind …«, er verstummte, nahm ihre Hand und sah sie so intensiv an, dass sie sich zusammennehmen musste, um nicht wegzulaufen, »können wir mehr tun, um sie daran zu hindern. Am Hof des Sommers geht es verglichen mit den anderen Höfen sehr wechselhaft zu, dort regiert die Leidenschaft. Ohne die Führung meines Vaters haben nicht alle ihre Leidenschaft auf ehrbare Ziele begrenzt. Vor uns liegt eine Menge Arbeit.«
»Oh«, sagte Ashlyn. Plötzlich wurde ihr das beängstigende Ausmaß dessen bewusst, worauf sie sich da eingelassen hatte.
Keenan musste die Angst in ihrem Blick bemerkt haben, denn er fügte schnell hinzu: »Aber auch für unser Wohlergehen ist gesorgt. Der Hof des Sommers ist ein Ort des Tanzes und der Lust. Nur zu arbeiten wäre unserer Natur ebenso zuwider, wie böse Taten ungestraft zu lassen.«
»Da kommt ganz schön was auf mich zu, stimmt’s?« Sie ballte ihre Hände zu Fäusten, damit sie nicht zitterten.
»Ja, das ist wahr«, erwiderte er verhalten.
»Was genau muss ich denn, äh, tun ?«
»Du weckst die Erde auf, wenn es für den Winter Zeit wird, sich zurückzuziehen, und du träumst mit mir den Frühling herbei.« Er nahm ihre Hand und faltete die Finger auseinander, so dass ihre Handfläche offen auf seiner lag. »Schließ die Augen«, sagte er dann.
Sie zitterte, tat aber, worum er sie bat. Sie spürte seinen Atem auf ihrem Gesicht, während er flüsternd weitersprach:
»Und sie träumten, dass zarte Wurzeln sich in das Erdreich senkten und pelzige Kreaturen sich in ihren Höhlen streckten, sie träumten, dass Fische durch die Flüsse schwammen, Feldmäuse über Wiesen liefen und Schlangen sich auf Felsen sonnten. Dann betrachteten der Sommerkönig und seine Königin lächelnd all die Dinge, die sie zu neuem Leben erweckt hatten.«
Und sie sah es – die Welt reckte sich wie ein riesiges Tier, das zu lang geschlafen hatte, und schüttelte den Schnee ab, der ihr Erwachen so hinausgezögert hatte. Sie spürte, wie ihr Körper leuchtete, wusste, dass sie leuchtete, und wollte nicht, dass es aufhörte. Sie sah die Silberweide, die sie im Wind rauschen gehört hatte, als sie Keenan zum ersten Mal traf; sie roch den zarten Duft von Frühlingsblumen. Zusammen würden sie die Tiere wecken, die ganze Erde. Sie würden die erwachende Welt betrachten und glücklich sein.
Erst als sie die Augen wieder aufschlug und ihn ansah, bemerkte sie, dass sie weinte. »Es ist so … groß. Die vielen Dinge, die wieder zu leben anfangen müssen … Wie soll ich das schaffen? Wir? Was, wenn wir versagen?«
Keenan berührte kurz ihre Wange: »Das werden wir nicht.«
»Und der Rest? Die ganzen Hofangelegenheiten?« Sie wischte über ihre Wangen und musste sich zusammennehmen, um nicht vor Schreck zurückzuzucken, als sie sah, dass ihre Tränen aus Gold waren. Rasch steckte sie die Hände in die Taschen und ging weiter. »Ich weiß doch gar nicht, wie man regiert.«
Er zuckte die
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